Der Sonnenhymnus des Echnaton
Beschreibung
Autor: | Echnaton (König von Ägypten, 1351-1334 v.Chr.); Assmann Jan |
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Künstler: | Müller Wol |
Titel: | Der Sonnenhymnus des Echnaton |
Edition: | Alpha Presse, Frankfurt am Main; S’Art S.A., Palma de Mallorca |
Jahr: | 1991 |
Auflage: | 8/30 Ex., 5 erste Andrucke, signiert |
Technik: | Grafik, Lithografie, Papierarbeit |
Ausstattung: | 17 Bl. Einf.-Heft; 8 Bl. mit Hieroglyphen und deutscher Übersetzung, 2 Lichtbilder, in Holzkassette 55×72 cm |
Anmerkungen: | Wissenschaftliche Beratung und Kommentar von Jan Assmann, Universität Heidelberg Nachdichtung von Ralph Günther Mohnnau Mit drei Originallithografien und zwei Papierarbeiten von Wol Müller. Papier für den Textteil von John Gerard Berlin. Lichtbilder von der Landessternwarte Heidelberg unter Verwerdung von Handschriften Einsteins sowie seiner Untersuchung „Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie“ (Annalen der Psysik, IV.Folge, 49, 1916, S. 770 ff.) |
Zum Werk
„Schön erscheinst du im Horizont des Himmels,
du lebendige Sonne, die das Leben bestimmt!
Du bist aufgegangen im Osthorizont
und hast jedes Land mit deiner Schönheit erfüllt.
Schön bist du, groß und strahlend,
hoch über allem Land.“
Mit diesen Worten beginnt der „Große Sonnenhymnus“ des ägyptischen Pharaos Echnaton. Um 1350 vor Chr. proklamierte dieser König den Sonnengott in seiner sichtbaren Gestalt als Sonnenscheibe, genannt Aton, zum alleinigen Gott. Ein beispielloser Vorgang! Er erklärte die vielfältige ägyptische Götterwelt kurzerhand für nicht-existent und ordnete einen neuen Glauben, eine neue Theologie an. Pharao Echnatons religiöser Umsturz ist die erste Religionsstiftung in der Geschichte – und wie alle Religionsstiftungen ist sie monotheistisch. Dieser früheste Eingottglauben, der noch vor dem Alten Testament entstand, wurde erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Die Ägypter selbst hatten dafür gesorgt, daß man Echnaton vollständig vergaß. Bereits zwei Generationen nach seiner Zeit wußte in Ägypten niemand mehr etwas von ihm. Kurz nach seinem Tod wurde sein Name aus den Königslisten gelöscht, seine Bauten und Inschriften vernichtet. Ganz offensichtlich wollte man jede Erinnerung an ihn vermeiden, ja man wollte so tun, als habe es diesen Pharao überhaupt nicht gegeben. Eines aber ist Aton seinen Anhängern schuldig geblieben: eine Verkündigung, irgendein Wort. Der Gott blieb stumm, und auch sein Vermittler Echnaton hat kein Heiliges Buch, keine Heilige Schrift hinterlassen. Der zentrale Text der Amarna-Religion ist ein Gebet, der „Große Sonnengesang“, den der König wohl selbst verfaßt hat.
Der Sonnengesang wurde im 19. Jahrhundert im Grab eines der Nachfolger Echnatons entdeckt. Der Hymnus verdeutlicht den eigentlichen Kern der neuen Religion: Aton als Schöpfer der Natur.
Nach Echnaton ist Gott eine kosmische Macht, die sich als Sonne und Licht den Menschen mitteilt. Dieser Monotheismus ist letzlich eine religiös interpretierte Naturphilosophie. Er steht damit im Gegensatz zum biblischen Glauben, der sich als historisch-politisch versteht und mit Vorschriften das soziale Leben regelt. Echnatons Offenbarung besteht nicht in moralischen Gesetzen, stellt Jan Assmann fest, „… sondern in der Erkenntnis, daß sich alles, die gesamte sichtbare und unsichtbare Wirklichkeit, auf das Wirken von Licht und Zeit, und damit der Sonne, zurückführen läßt. Echnaton glaubte, das eine Prinzip entdeckt zu haben, aus dem die Welt hervorging und täglich neu hervorgeht.“
Autoren / Künstler
Echnaton (Reg. Daten 1351-1334 v. Chr)
9. König der 18. Dynastie, regierte 1351-1334 v. Chr. Geboren als zweiter Sohn von Amenophis III. und seiner Gemahlin Teje, bestieg er nach dem frühzeitigen Tod seines älteren Bruders Thutmoses den Thron. Mit ihm trat ein Herrscher auf die Geschichtsbühne, dessen revolutionärer Umbruch im theologischen Denken Ägypten eine völlig neue Wende gab und auch heute noch Anlass kontroverser Diskussionen ist
Echnaton erklärte die Sonne, Aton, zum einzigen Gott. Die Sonne ist für ihn Gott und ihr Wirken, bestehend aus Licht und Bewegung, sind die schöpfenden und lebenserhaltenden Kräfte. Daneben gibt es keine anderen Götter mehr, die Welt ist entmythologisiert und entmythisiert. Die Religion zeigt nun deutliche Aspekte einer Naturphilosophie und einer Offenbarungsreligion, dessen einziger Prophet Echnaton selbst ist, zusammen mit seiner Gemahlin Nofretete. Nofretete und Echnaton sind die einzigen, die zu ihm sprechen dürfen und zu denen Aton in Konstellation treten kann. Dieser theologische Diskurs erreichte unter der Regierung Amenophis III. einen vorläufigen Höhepunkt: In der „Neuen Sonnen-Theologie“ war der Schöpfergott und Welterhalter der Sonnengott, der jeden Morgen aufging, die Erde mit seinem Licht belebte, um dann am Abend unterzugehen und sich in der Unterwelt zu regenerieren sowie den Verstorbenen Licht und neues Leben zu bringen. Dieser Sonnengott erhob sich zwar über alle anderen Götter, aber er handelte weiterhin im Kontext mit ihnen und vergaß auch die Verstorbenen in der Unterwelt nicht.
Jan Assmann (geb. 1938)
Ägyptologe
1957: Studium der Archäologie, Ägyptologie, Gräzistik und Geschichte in München und Heidelberg
1961-1965: Promotion zum Thema „Ägyptische Sonnenhymne“
1966-1971: Habilitationsstipendiat der DFG (Heidelberg und Ägypten)
1976: Professor für Ägyptologie in Heidelberg
1978: Leiter eines Langzeitprojekts zur Ausgrabung, epigrafische Aufnahme, Restaurierung und Veröffentlichung thebanischer Grabanlagen der Ramessidenzeit
1985-1987: Dekan der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft in Heidelberg
Seit Ende der achtziger Jahre: mehrere Gastprofessuren in Frankreich, Israel und den USA
1990-1995: Betreuung der Arbeitsstelle Ägyptisches Wörterbuch an der Berliner Akademie der Wissenschaften
Wol Müller (geb. 1951)
1951 in Deutschland geboren. Mixed-Media und Klang-Performance Künstler. Hersteller von Kunstbüchern. Das Künstlerbuch ist in zahlreichen Werkverzeichnissen namhafter Künstler vertreten. Von Joseph Beuys bis Rosemarie Trockel sind außergewöhnliche Exemplare dieser Kunstform entstanden. Im Zeitalter der elektronischen Medien hat das Kunstobjekt „Buch“ jedoch einen schweren Stand. Vielleicht widmet sich gerade deshalb der Aktionskünstler Wol Müller so intensiv dieser besonderen Kunstrichtung. Er entwickelt sinnliche Buch- und Bewegungsexperimente, die eine Vermischung unterschiedlichster künstlerischer Disziplinen zu einem spontanen Gestaltungsprinzip vereinen. Die Idee Buchobjekte und Glanzelemente zu verbinden entstand mit der Gründung der Frankfurter Alpha Presse 1985. Ihr Initiator, der Tänzer und Graphiker Wol Müller, gründete 1986 die Künstlergruppe Alpha C für Aktionskunst und musikalische Ausdrucksformen. Seit Ende der achtziger Jahre werden Ton- und Klangelemente bewusst in die Buchproduktion einbezogen. Das Ziel dieser neuen Wahrnehmungskonzeption von Kunst ist ein Zusammenwirken von optischen und akustischen Reizen, die verschiedenste Sinneseindrücke beim Rezipienten hinterlassen. Die Bibliothek ist Wol Müllers bevorzugter Ausstellungsort. Hier findet er Besucher, die zum Objekt „Buch“ eine besondere Beziehung haben und offen für das multimediale Experiment sind. Der ausgebildete Tänzer und Grafiker Wol Müller begann Ende der siebziger Jahre seine künstlerische Laufbahn als Aktionskünstler. Vieles in seinen Arbeiten ist ohne die Ausdrucksformen der sechziger und siebziger Jahre nicht zu verstehen. Konzeptionskunst, Fluxus, Pop, Rock, Woodstock sind einige Meilensteine, die Richtung zeigten.
Rezension
„Die bildnerische Kraft des (beinahe Gesamt-)Kunstwerkes stösst auf den Widerspruch meiner (persönlichen) Monotheismuskritik als psychologisch einseitig, zur Herausbildung totalitärer Strukturen neigend und dogmatisch statt poietisch [sic]: Monotheistische Religionen tendieren zu einer Rezitation d e s Textes und lassen die Möglichkeit zum mythologischen Erzählen von Varianten nicht zu. Die Übersetzung des Echnaton-Textes in das Medium palimpsesthaft-visionärer Bilder eröffnet diese Möglichkeit auf neue Weise. Die dynamische Spannung zwischen Entmythologisierung und künstlerischer Remythologisierung ist letztlich das, was mich fasziniert, zum Weiter-Schauen und -Lesen herausfordert und mir als Eindruck von diesem Werk in Erinnerung bleiben wird“.
Petra Hesse, Vizerektorin Universität Klagenfurt
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