Ulrich von Zatzikhoven: Lanzelet
Ulrich von Zatzikhoven: Lanzelet
Heidelberg, UB, cpg371, 1v
http:/digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg371/0010
Der mittelhochdeutsche Artusroman Lanzelet ist das einzige Werk des Schweizer Autors und erzählt die abenteuerliche Geschichte eines Drachentöters und Polygamisten namens Lanzelet. Es entstand kurz nach 1193 und beruht auf einer verlorenen französischen Vorlage, dem welsche buoch von Lanzelete (V. 9341; anonym). Nach Deutschland kam dieses vermutlich im Gefolge des 1192 von Kaiser Heinrich VI. in Deutschland gefangengesetzten Richard Löwenherz.
Das Werk ist lediglich in 2 Vollhandschriften (Heidelberg und Wien) und vier Fragmenten, von denen zwei (Klagenfurt und Cambridge) der gleichen Handschrift entstammen, überliefert:
- Cambridge (Mass.), Harvard College Libr. / Houghton Libr., MS Ger 80
+ Klagenfurt, Universitätsbibl., PE 47
- Heidelberg, Universitätsbibl., Cpg 371
- Oxford, Bodleian Libr., MS Germ. b. 3, f. 9-10
- Straßburg, Stadtbibl., Fragm. aus Cod. A 107
- Wien, Österr. Nationalbibl., Cod. 2698
Klagenfurt, UB, PE 47, r und v
Foto: Foto PE47©aau/ub
Lanzelet-Fragment PE 47
Die 15 Falzstreifen des Klagenfurter Lanzelet-Bruchstücks Gk wurden bereits 1927 von Hermann Menhardt entdeckt, aus ihrem Trägerband gelöst und 1929 umfassend untersucht. Aneinandergereiht ergaben diese Streifen ein Doppelblatt, dem der obere und untere Rand sowie zwei Streifen in der Mitte fehlten. Mit dieser Lücke von ca. zwei Versen enthält das Fragment die Verse 3628 -3891.
Die Falzstreifen waren ursprünglich Teil der gleichen Pergamenthandschrift wie das Doppelblatt Cambridge (Mass.), Harvard College Libr. / Houghton Libr., MS Ger 80. Diese ehemalige Lanzelet-Handschrift stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, hatte ein Format von 210 x 150 und ist in einer mitteldeutschen Schreibsprache
Klagenfurt, UB, PE 47r
Foto: Foto PE47©aau/ub
Vorstufe der Falzstreifen
Transkription des Eintrags am oberen Rand des aus den Falzstreifen wieder zusammengesetzten Doppelblattes:
[R]egis[trum …i]nneme[n] d[er] dins[…] Im [MCCC]LXXIII Jare
Bevor die Lanzelet-Handschrift zu Falzstreifen für ein Messbuch (s.u.) zerschnitten wurde, hatte es offenbar als Schutzumschlag für ein Rechnungsbuch (Urbar) aus dem Jahre 1373 gedient. Dieses Beispiel zeugt demnach von Mehrfachverwertungen mittelalterlicher Pergamenthandschriften.
Am meisten erstaunt dabei, dass die zwar nicht besonders aufwendig gestaltete, aber dennoch großzügig und mit Sorgfalt auf teurem Pergament geschriebene Handschrift schon wenige Jahrzehnte nach ihrer Entstehung wieder makuliert wurde. Denkbar wäre es, dass Adlige, die ihren Lebensabend im Kloster zubrachten, ihre Bücher mitgebracht hatten. Dies ist vielfach belegt. Nach dem Ableben dieser Personen gingen die Bücher dann in den Klosterbesitz über und wurden – wie im vorliegenden Fall mehrstufig – als Makulatur verwendet.
Klagenfurt, UB, PA 23, 7v-8r
Foto: Foto PA23©aau/ub
Der Trägerband PA 23: Missale romanum cum calendario (1476)
Als das Urbar 100 Jahre nach seiner Entstehung (1374) nicht mehr benötigt wurde, zerschnitt man den Schutzumschlag und nutzte die Pergamentstreifen für die Einbindung eines neuen Messbuchs, das sich bis zur Überführung seiner Bücher in die Studienbibliothek Klagenfurt im Besitz des Benediktinerklosters St. Paul im Lavanttal befunden hat. Wo genau die Einbindung erfolgte, ist noch unbekannt.
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