Das Stundenbuch der Sforza
Eine prachtvolle Bilderhandschrift der Renaissance
Faksimile-Sammlung der Universitätsbibliothek Klagenfurt: FA I 263450
Stundenbücher waren am Ausgang des Mittelalters und am Beginn der Neuzeit beliebte, für Laien bestimmte Gebetbücher. Die Vorlage für dieses Faksimile ist ein großartiges Meisterwerk prachtvoller Miniaturmalerei in spektakulären Farben und reichem Bilderschmuck, angemessen der überragenden Stellung der Familie Sforza, die neben den Medici das Kunstleben der italienischen Renaissance als Auftraggeber und Mäzene maßgeblich prägte.
Zur Geschichte der Handschrift
Das Stundenbuch war von Herzogin Bona von Savoyen, der Gattin Galleazo Maria Sforzas (Herzog von Mailand 1466-1476) in Auftrag gegeben worden. Während mittelalterliche Künstler meist anonym waren, werden sie in der Zeit der Rennaissance namentlich bekannt: der Illustrator des Stundenbuches ist Meister Giovan Pietro Birago, der führende Miniaturist am Hofe Lodovico Sforzas, die Ausgestaltung des Stundenbuch auf feinstem Pergament sein Meisterwerk. Für die Darstellung von Personen holte sich Birago Anregungen von Leonardo da Vinci, für die Komposition von Landschaften war ihm Andrea Mantegna ein Vorbild. Das Stundenbuch war von Anfang an so berühmt, dass es noch bevor es fertig gestellt werden konnte, gestohlen wurde. Nach diesem spektakulären Kunstraub und langen Irrwegen gelangte das Stundenbuch endlich in die Hände von Margarethe von Österreich, die 1506 als Statthalterin für ihren minderjährigen Neffen, den künftigen Kaiser Karl V. in die Niederlanden zog und zur grössten Kunstfördererin der nordischen Renaissance wurde. Als Folge der bewegten Vorgeschichte fehlten noch einige Pergamentblätter, die Margarethes Hofmaler und Miniaturist Gerard Horenbout ergänzte und damit erst das Werk vollendete. In den Dokumenten über die Abrechnung seiner Arbeiten heisst es “…16 schön und trefflich gemalte Miniaturen für das prächtige Stundenbuch auf Pergament…”; so auch das Portrait Karls V., das mit 1520 datiert ist. Vielleicht gelangt die Handschrift mit Karl V. nach Spanien, in dessen bevorzugtes Königreich Kastillien, wo sie 350 Jahre später aufgefunden wurde. 1893 schenkte der Sammler John Malcolm of Poltlach das Stundenbuch der British Library in London, dort zählt es heute zu den wertvollsten Beständen des Hauses. (British Lib. Add. MS 34294)
Ausstattung
Die vier Teile bildeten ursprünglich eine einzige Handschrift auf feinstem Pergament. Ganzseitige Miniaturen in besondes leuchtenden Farben, Textseiten mit Schmuckbordüren und kleinen Miniaturen, zahlreiche Schmuckinitialen, Porträts von Margarethe von Österreich als heilige Elisabeth und Karl V. zieren das Stundenbuch. Die einzelnen Texte sind in klarer, gerundeter gotischer Schrift verfasst.
Band 1
Enthält Evangelien-Perikopen und Ausschnitte aus den 4 Evangelien mit Portraits der Evangelisten
Folio 7r: Der Heilige Matthäus
Der Auszug aus dem Matthäus-Evangelium wird mit einem Birago-Porträt des Evangelisten bei der Arbeit eingeleitet. In einer Halle mit Kreuzrippengewölbe sitzt der Heilige an einem Pult, das seine Initialen (S.M. = Sanctus Matthaeus) aufweist. Das Buch, in dem er liest, wird von seinem Symbol, dem Engel, gehalten. Das Spruchband zu seinen Füßen trägt die abgekürzten Anfangsworte des Evangeliums: in illo tempore. Die schwere Kassettierung der Rundbögen erinnert an die klassizistischen Kirchen eines Donato Bramante im Mailand des späten 15. Jahrhunderts.
Folio 10v: Der Heilige Markus
Horenbout hat sich sichtlich von Biragos Komposition der Matthäus-Darstellung beeinflussen lassen: Der Evangelist, der zwar die Mütze und das pelzbesetzte Gewand der Genter Bürger trägt, sitzt in Begleitung seines Emblemtieres, des Löwen, vor einer fantastischen Arkade aus blauen Säulen, die nach der neuesten italianisierenden Mode mit vergoldetem Schmuck umhängt ist. Die Quertonne oben links trägt eine kryptische Inschrift: NRVAS:FNOARVIMI:1519. Es könnte sich hier um eine Chiffre für den Namen des Künstlers handeln, der das Datum der Ausführung beigegeben wäre: LVCAS:HORENBOVT:1519.
Folio 14v: Der heilige Barnabas von Birago
Der pausbäckige putto am unteren Rand von Biragos Schmuckbordüren im Heiligen Kreuz-Offizium stellt den Heiligen Barnabas dar, der in Mailand die erste Messe zelebrierte (obere Inschrift: BARNABAS QVI MEDIOLANI MISSAM PRIMAM CELEBRAVIT).
Er betet über dem Kelch, dem eucharistischen Symbol der Passion.
Diese kleine Darstellung bezeugt den Mailänder Ursprung der Handschrift.
Folio 11v: Darstellung der Kreuznagelung ganzseitige Miniatur von Horenbout
Folio 12r: Schmuckbordüren von Birago
Band 2
Enthält Stundengebete zur Ehren der Heiligen Jungfrau, Fürbittgebet Salve Regina und die Passion nach Lukas.
Einzug in Jerusalem, 136v, ganzseitige Miniatur von Horenbout,
Die Bezahlung des Judas, 137r, von Birago:
Band 3
Enthält: Die Sieben Gebete des Heiligen Gregor. Obsecro Te. O intemerata. Fürbittengebete zu den Heiligen. Die Sieben Bußpsalmen. Litanei, Erster Teil.
Christus am Kreuz, 167v und
Frauen am Grab Jesu, 168r:
Beide Seiten mit aufwändigen Schmuckbordüren von Birago
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