Eröffnung der 31. Ausstellung der Reihe Kostbarkeiten aus der Bibliothek
Im Rahmen des Literaturfestivals Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek wird die 31. Ausstellung der Reihe Kostbarkeiten aus der Bibliothek
Helden und Heilige. Deutsche Texte in Einbandfragmenten lateinischer Kloster-Handschriften. Neue Funde – Neue Einsichten
am 23. Oktober um 11.00 Uhr in der Unruhezone der Universitätsbibliothek (Ebene 2) eröffnet.
Bibliotheken unterliegen in allen Epochen dem Zeitgeist. Die Vorstellungen davon, was bewahrenswert ist, wandeln sich nach Maßgabe der Interessen, aber auch der vorhandenen Ressourcen. Was entbehrlich erscheint, landet heutzutage nicht selten auf dem Recyclinghof.
Auch die Vormoderne kennt Formen der Sekundärverwertung: Beim Blick in mittelalterliche Kloster-Handschriften fallen Makulatur-Objekte wie Einbandblätter, Falzstreifen (s. Abb.) oder Schutzumschläge auf. Sieht man genauer hin, so enthalten diese Objekte oftmals selbst Texte. Die pergamentenen Objekte sind also Reste früherer Bücher.
Unter diesen Fragmenten finden sich nicht nur weltliche Erzählungen von Helden der hochmittelalterlichen Adelskultur (z.B. das Nibelungenlied oder Artusromane wie der Iwein oder der Lanzelet). Ein ähnliches Schicksal hatten auch bestimmte geistliche Texte, z.B. deutsche Verslegenden von Heiligen. Fragmente einer deutschen Dorothea-Legende fanden sich etwa im Einbanddeckel einer großformatigen Bibel-Handschrift. Stil, Reimtechnik und Versform weisen auch dieses Werk einem adligen Gebrauchskontext zu. Um also eine alte Bibel neu einzubinden und somit zu erhalten, wurde mit der Dorothea-Handschrift ein weiteres Zeugnis der Adelskultur vernichtet.
Die intellektuelle Dynamik, die hinter diesen Recyclingprozessen steht, ist jedoch damit noch unzureichend beschrieben. Das breite Forschungsfeld zur Geschichte untergegangenen Wissens bleibt weiterhin zu bearbeiten. Die Ausstellung möchte dazu einen Beitrag leisten.
Sie sind herzlich eingeladen zur Eröffnung mit Vorträgen von Dr. Ulrich Seelbach, Birgit Müllner-Stieger BA, Bozena Schrenk und Christian Frühwirth BA sowie im Anschluss zum Austausch am Buffet.
Die Ausstellung ist ab Eröffnung während der Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek auf Ebene 2 in der Unruhezone frei zu besichtigen.
Dr. Sabine Seelbach, die Kuratorin der Ausstellung, und das Team der Universitätsbibliothek freuen sich auf Ihren Besuch!
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