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Soziale und psychische Implikationen humanmedizinischer Reproduktionstechnologien. Eine Projektdokumentation (Band 1 und 2, 2023) – Arno Bammé (Hg.)

Die Gesellschaft der Zukunft wird eine technologisch geprägte sein. Wir alle sind eingebunden in ein gigantisches Experiment, in dem die Identität des Menschen neu verhandelt wird – in Auseinandersetzung mit unserer Umwelt. Neben der Informations- und Kommunikationstechnologie wird die Gen- und Reproduktionstechnologie eine zentrale Rolle spielen: Sie alle erarbeiten handlungsaktiv die Frage, was der Mensch sei.

Im zwei Bände umfassenden Projektbericht wird der Stand der Diskussion über soziale und psychische Auswirkungen der humanmedizinischen Gen- und Reproduktionstechnologie gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts vorgestellt – mit besonderer Schwerpunktsetzung darauf, dass wir es hier nicht nur mit naturwissenschaftlich somatischen Problemstellungen, sondern auch mit sozialwissenschaftlich und psychologisch fassbaren Thematiken zu tun haben. Die Bände umfassen die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojekts.

Viele Besonderheiten zeichnen das Projekt aus. Zu allererst ist es ein reines Frauenprojekt, konzipiert und verwirklicht aus einer bewusst feministischen Perspektive: Inzwischen beginnt sich eine „weibliche Medizin“ zu etablieren, die sich nicht mehr am theoretischen Abstraktum „Mensch“ – hinter dem sich das empirische Konkretum „Mann“ verbirgt – orientiert. Weiters zeigt sich hier die humanmedizinische Reproduktionstechnologie – in den Anfängen geradezu euphorisch umjubelt und propagiert – als ein ambivalentes Vorhaben, mit dem beachtliche Erfolge erzielt werden, aber auch leidvolle Misserfolge in Kauf genommen werden müssen. Zudem findet auch eine Thematisierung der institutionell-organisatorischen Rahmenbedingungen statt, die die Einbindung des Projektgeschehens als zeitlich befristetes Drittmittelprojekt in seiner grundsätzlichen Problematik verhandelt.

Bemerkenswert ist überdies, dass es sämtlichen Projektmitarbeiterinnen gelungen ist, aktuelle Themen aus dem Forschungsprojekt in das Lehrangebot nicht nur des eigenen Instituts, sondern darüberhinausgehend in Fachtagungen und öffentlichen Veranstaltungen einzubinden. So konnten neue Erkenntnisse unmittelbar in die Lehre von Studierenden eingebracht sowie einem größeren Publikum eröffnet werden. Darüber hinaus ist es zwei Mitarbeiterinnen gelungen, mit Themen aus dem Projektgeschehen zu promovieren.

 

 

Der Herausgeber Arno Bammé ist Soziologe und Didaktiker. Bis 2012 leitete er das Institut für Technik- und Wissenschaftsforschung der Universität Klagenfurt. Seine Hauptarbeitsgebiete sind Wissenschafts- und Techniksoziologie. Seit 2011 leitet Bammé die Ferdinand-Tönnies-Arbeitsstelle in Klagenfurt. Er ist Herausgeber wichtiger Schriften u.a. von Ferdinand Tönnies und Rudolf Goldscheid.

WTZ-Projekt Minoritiy languages and cultures as an economic resource in local branding and tourism promotion (1.1.2022-31.12.2023)

Aktivitäten 2023

Nach der Feldforschung in Kärnten im Herbst 2022 hat das slawistische WTZ-Forschungsprojekt 2023 Fahrt aufgenommen – Feldforschung bei den burgenländischen Kroat*innen und internationale Tagungen waren auf dem Programm.

In der ersten Jahreshälfte trafen sich die Teams aus Klagenfurt, Wien und Zadar von 14. bis 16. Juni in Wien zu einem Workshop und zur Feldforschung zum Burgenlandkroatischen im nördlichen Burgenland. Von der Universität Klagenfurt nahm auch die Studentin Lena Zachmann im Rahmen ihrer Seminararbeit teil. In der Gemeinde Trajštof/Trausdorf führten die Forscher*innen Interviews zur Sichtbarkeit des Kroatischen mit dem Bürgermeister und dem örtlichen Kulturverein und erkundeten anschließend den mehrsprachigen Skulpturenweg entlang der Wulka sowie die zweisprachigen Straßenbezeichnungen im Ort. Danach zeigten die Interviewpartner*innen der Forschungsgruppe den zweisprachigen botanischen Lehrpfad im Trajštofska loza/Trausdorfer Fasangarten außerhalb der Ortschaft. Das Mittagessen wurde in Klimpuš/Klingenbach in der Krčma Gregorits eingenommen und schließlich besuchte das Team das Weingut Jagschitz in Uzlop/Oslip und führte ein Interview mit der burgenländisch-kroatischen Winzerfamilie, um zu klären, ob das Burgenlandkroatische aus kommerzieller Sicht bzw. als Verkaufsargument einen Mehrwert darstelle. Am zweiten Tag gab es eine Besichtigung und Interviewrunde im Kroatischen Zentrum in Wien (Hrvatski centar Beč/Kroatisches Zentrum Wien) mit dem Akademski klub und dem Kulturverein Kolo Slavuj. In allen Gesprächen wurde (wie schon 2022 in Kärnten) deutlich, dass Aufschriften in kroatischer Sprache vor allem symbolischen Wert haben und zum Ausdruck der eigenen Identität gemacht werden, dass aber daraus kein kommerzieller Nutzen über die eigene Sprachgemeinschaft hinaus entsteht.

Erste Ergebnisse der Feldforschungen in Kärnten und dem Burgenland wurden auf dem Symposium „Visibility of Languages and Dialects in the Linguistic Landscape“ an der Universität Zadar von 7. bis 8. Juli präsentiert. Das Team aus Klagenfurt, bestehend aus Ursula Doleschal, Luca Melchior und Lisa Rieger, stellte in Zusammenarbeit mit Antonio Oštarić von der Universität Zadar die Sichtbarkeit des Slowenischen im Linguistic Landscape Kärntens 100 Jahre nach der Volksabstimmung und 50 Jahre nach dem Ortstafelsturm vor. Das Symposium war der Auftakt für den „14th Linguistic Landscape Workshop“ vom 6. bis 8. September 2023 an der Universität Complutense in Madrid, bei dem das Projektteam mit einem ganzen Panel vertreten war. (Facebook und https://eventos.uam.es/86674/detail/14th-linguistic-landscape-workshop-utopias-y-distopias.html)

Alle Gruppen des Projektteams kamen zu ähnlichen Erkenntnissen: Die Sichtbarkeit der Minderheitensprachen ist in den untersuchten Gebieten weiterhin sehr gering, insbesondere im privaten Bereich, und zumeist auf einzelne Projekte wie z.B. zweisprachige Lehrpfade beschränkt. Eine Kommodifizierung im Sinne einer Nutzung für touristische Zwecke konnte nur ansatzweise festgestellt werden, die Interviewten erkennen darin derzeit kein Potenzial. Dort, wo die Sprachen sichtbar sind, wird vor allem ihr symbolischer Wert für die Sprachgemeinschaft betont.

Von 26. bis 29. Oktober trifft sich das Projektteam erneut an der Universität Zadar, um die weitere Zusammenarbeit mit Fokus auf die Publikation der Projektergebnisse zu besprechen.

02.11.: Sophia Lunra SCHNACK und Leopold FEDERMAIR

Sophia Lunra Schnack: feuchtes holz

Leopold Federmair: Hiroshima Capriccios

Lesungen

Moderation: Nadine Hötzendorfer-Fejzuli (Otto Müller Verlag)

 

Donnerstag, 02. 11. 2023

19.30 Uhr                    

 

 

Über feuchtes holz von Sophia Lunra Schnack:

Du bist zurück am Ort deiner Kindheit. Dein erstes Laufen um den See wird zum Einlaufen in frühere Gerüche, in Gefühle von Geborgenheit, abseits von Tempo. Du bist wieder hier, stehst auf der Brücke am Ende des Sees. Das feuchte Holz trägt seinen Geruch zu dir und mit ihm die Bilder deines nicht mehr existierenden Familienhauses. Es riecht nach morschen Brettern, der regennassen Veranda, den Badeanzügen der Großmutter, dem Wetterfleck des Großvaters …

Das Gehen zu früheren und gegenwärtigen Orten rund um das ehemalige Haus verschafft dir Zutritt zu vergangenen Stimmen, Silhouetten, Berührungen – aber auch zum Verstehen. Denn du begreifst, wie nie aufgearbeitete Kriegstraumata der Familie in deinem Körper, deinen Emotionen und Denkmustern weiterwirken.

Sophia Lunra Schnacks Debütroman bewegt sich in einem zeitlosen Raum, in dem die Grenzen zwischen Erinnerung und Zukunft, Vergangenheit und ihrer gefürchteten Wiederkehr durchlässig werden. Fast märchenhaft mutet die Landschaft an, vor der rückblickend Kriegsrealitäten von Großvater und Urgroßvater erzählt werden. Der Übergang geschieht unbemerkt, elegant, harmonisch, genauso wie literarische Schranken und Genre-Grenzen sich verschieben: Prosa verwandelt sich in leichtfüßige Strophen und Verse erzählen ihre Geschichten. In der Auflösung erst entsteht der Zusammenhalt.

 

Über Hiroshima Capriccios von Leopold Federmair:

„Das neue Jahr tagt

und die Spatzen erzählen

alte Geschichtchen.“

 

Das Neue und das Alte, das Zentrum und die Peripherie; das schrille, laute, das voll Urbane und die einsamen, weitläufigen Landschaften rund um Hiroshima: Leopold Federmair begibt sich als autobiografischer Erzähler seiner „Capriccios“ gehend, mit dem Fahrrad oder dem Boot auf „Regionalreisen“. Das meist unbestimmte Ziel ist seine Stadt mit ihren Bezirken, Rändern, ihrem Außerhalb. Als „Erforscher des Unscheinbaren“ interessiert ihn das Normale und Kuriose im Alltäglichen. Das Frühere und Vergangene zu bewahren, gelingt ihm in vielfältigen Er-Gehungen, Er-Fahrungen: „In Wort und Bild rette ich dies und jenes vor dem Verschwinden.“ Der Blick des Europäers, der seit über 15 Jahren in Japan lebt, ist noch immer neu und neugierig.

Er verzichtet auf Auto und Shinkansen, seine Welt ist langsam. Er lässt sich treiben, lässt den Zufall entscheiden, nimmt Abzweigungen und unbekannte Wege. Sein Schreiben tut es ihm gleich, es ufert aus, mäandert, kehrt zurück. Der literarische Ertrag dieser kleinen Unternehmungen sind die nunmehr vorliegenden „Capriccios“ – meist leichte, auch launische Stücke in Prosa und Lyrik.

 

 

Sophia Lunra Schnack, geboren 1990, lebt und schreibt überwiegend in Wien und veröffentlichte bislang Lyrik und (lyrische) Prosa auf Deutsch und Französisch. 2022 erhielt sie den rotahorn-Literaturförderpreis. Seit 2023 leitet sie einen Lyrikblog für „Das Gedicht“ (Hg. Anton Leitner).
Leopold Federmair, geboren 1957, ist als Schriftsteller, Essayist, Kritiker und Übersetzer tätig. 2012 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzung. Leopold Federmair lebt in Hiroshima, wo er an der Universität Deutsch unterrichtet.

 

Festvortrag: „Künstliche Intelligenz als Methode und Gegenstand der Forschung“

24. Oktober 2023   19:00 Uhr

Katharina Kinder-Kurlanda wird am 24.10.2023 um 19 Uhr (Wappensaal, Landhaus) den Festvortrag im Rahmen des 42. Österreichischen Archivtags halten.

Die vom Verband Österreichischer Archivarinnen und Archivare (VÖA) organisierte Veranstaltung (24. und 25. Oktober, Kärntner Landesarchiv, Klagenfurt) steht unter dem Gesamtthema „Neue Wege der Forschung – Digitalisierung, Erschließung und KI im Archiv“. Der Archivtag ist die wichtigste nationale Veranstaltung des Archivwesens in Österreich

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