25.01.: Ingeborg BACHMANN – Buchpräsentationen
Uta Degner und Irene Fußl-Pidner
Ingeborg Bachmann: Spiegelungen eines Lebens
Ingeborg Bachmann: Die gestundete Zeit
Buchpräsentation und Lesung
Donnerstag, 25. 01. 2024
19.30 Uhr
Moderation: Anke Bosse
Lesung: Susanne Kubelka
Ingeborg Bachmann. Spiegelungen eines Lebens
50 Jahre nach ihrem Tod in Rom gibt dieser einzigartige Bildband einen tiefen Einblick in Leben und Werk der großen Dichterin. Selten gezeigte Fotografien aus dem Familienbesitz und entlegenen Quellen zeichnen Ingeborg Bachmanns Lebensweg nach: ihren Abschied von der Kärntner Kindheitslandschaft und den Umzug nach Italien, den kometenhaften Aufstieg, das Ringen um Unabhängigkeit. Deutlich werden die enge Verwobenheit von Leben und Literatur, aber auch die schwierige Selbstbehauptung als schreibende Frau in Literaturbetrieb und Mediengesellschaft. Wie keine zweite deutschsprachige Autorin stand Ingeborg Bachmann im Licht der Öffentlichkeit. Sie verkörperte den Aufbruch in den 1950er-Jahren wie die Frauenbewegung der 1970er. Die Fotos zeigen, dass eine Trennung zwischen ‚öffentlich‘ und ‚privat‘ nicht möglich war. Was sie in ihrer Gesamtheit sichtbar machen, sind die vielen Gesichter der Bachmann, ihre Wandlungsfähigkeit und Ausstrahlung, ihre einzigartige Aura.
Uta Degner lehrt als assoziierte Professorin Neuere Deutsche Literatur an der Universität Salzburg. Gastprofessuren in Leiden und Wien, Gastdozenturen in Verona und Neapel. Gemeinsam mit Irene Fußl gibt Uta Degner die Werke und Briefe Ingeborg Bachmanns in der Salzburger Bachmann Edition heraus.
Salzburger Bachmann Edition. Die gestundete Zeit
Für die junge Ingeborg Bachmann und ihre Generation erwies sich die große Hoffnung nach dem Krieg auf eine Zeit des Friedens bald als trügerisch. Restauration und das vorherrschende schnelle Verdrängen und Vergessen markierten jenen Horizont, vor dem Bachmann ihre Gedichte schrieb. Die gestundete Zeit, der erste, Ende 1953 erschienene Lyrikband der 27-jährigen Autorin, erwies sich, nach verzögerter Rezeption, als repräsentativ für Erfahrungen, die das Schreiben nach 1945 bestimmten: Aufbruch und Abschied, Schuld und Gedächtnis. In der dramatischen Kraft und in den einprägsamen Bildern ihrer Lyriksprache, deren „alarmierendes, skandalöses, befremdliches, erschreckendes“ Hans Werner Henze sofort erkannte, hat diese Erfahrung einen Ausdruck gefunden, der über ihre Zeit hinausreicht. Bachmanns sicheres Gefühl für den sprachlichen Gestus hat ebenso wie das vielschichtige Geschichtsbewusstsein dazu beigetragen, ihren Gedichten einen Platz in der europäischen Moderne nach 1945 zu sichern – aufgenommen auch im Werk bedeutender Bildkünstler und Komponisten wie Anselm Kiefer, Cy Twombly oder Hans Werner Henze.
Dass sich in diesen Gedichten zugleich ein ‚verzweifeltes Sprechen‘ mit Paul Celan verbirgt, wurde erst spät entdeckt. Seit der Publikation des Briefwechsels zwischen Bachmann und Celan (Herzzeit, 2008) ist diese Lesart der Gedichte aber unabweisbar. In der nunmehr ersten kommentierten Edition von Die gestundete Zeit, herausgegeben von Irene Fußl, wird dieses Verständnis durch neue Materialien aus Bachmanns Nachlass ergänzt und vertieft.
Irene Fußl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Literaturarchiv Salzburg und gemeinsam mit Uta Degner (in Nachfolge von Hans Höller) Gesamtherausgeberin der Salzburger Bachmann Edition. Forschungsschwerpunkte: Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann und Paul Celan.