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Laufende Dissertationen
Sebastian Reinwald: Die Ikonologie der erhobenen Faust, eine hybride Semantik
(Betreuerin: Univ.-Prof. Dr. Anna Schober-de Graaf)
Die Geste der erhobenen und geballten Faust steht im Zentrum dieses Forschungsvorhabens. Dieses Symbol wird zum Träger spezifischer Botschaften lokaler Missstände, eingebunden in glokale Praktiken und Reflexionen. Im Vorhaben werden Filme nach 1945 bis heute zum Forschungsobjekt, beginnend bei der Arbeiterbewegung, gefolgt von neuen sozialen Bewegungen seit 1968, bis hin zu neuen Medien nach 1985. Der Film wird als zeitgeschichtliches Artefakt gelesen, in dem Mangel, Frustration und Veränderungswillem Ausdruck verliehen wird. Teil der Forschung ist eine Genealogie dieses Widerstandssymbols in der Moderne. Dieses wird im Medium Film als weltumspannende Ikone des Widerstandes, innerhalb je konkreter Milieustudien, verortet. Der jeweiligen (milieuspezifischen)Problematik wird reflexiv begegnet – diese wird als Ermächtigung beschrieben, die gehört und gesehene werden will. Hybride Aneignungsprozesse generieren leib- und bildhafte Momente fortwährender Auseinandersetzungen und formieren solidarisierende Praktiken.
Sandra Hölbling-Inzko: Struktur und Form von gemeinschaftlicher Wissensvermittlung und Wissenssammlung im Internet am Beispiel der Q&A-Plattform Stack Exchange
(Betreuerin: Univ.-Prof. Dr. Ruth Ayaß)
In der Dissertation wird untersucht, welche Strukturen Wissenskommunikation innerhalb eines spezifischen Kommunikationsformates im Internet aufweist. Analysiert wird die zweisprachige Question-and-Answer-Website German Language, die Teil des Stack Exchange-Netzwerks ist. Auf dieser Seite stellen die NutzerInnen Fragen zu deutscher Grammatik, Etymologie, Redewendungen etc., die von anderen NutzerInnen kommentiert, editiert und beantwortet werden. Über die Abfolge von Fragen und Antworten entsteht eine dialogisch ausgehandelte, kollaborative Wissenssammlung, die niemals abgeschlossen ist. Ausgehend von einem Wissensbegriff, der in der Tradition von Alfred Schütz, Thomas Luckmann und Peter L. Berger steht, und unter Anwendung der von Luckmann entwickelten Gattungsanalyse wird gefragt, wie sich die Kommunikation auf dieser Q&A-Seite gestaltet. Dabei sollen Antworten auf die folgenden forschungsleitenden Fragen gefunden werden: Wie werden Fragen und Antworten gemeinschaftlich zu Fragen und Antworten gemacht? Welche kommunikativen Praktiken werden zu welchem Zweck eingesetzt? Welche Kompetenzen sind notwendig, um erfolgreich an der Kommunikation auf einer Q&A-Seite teilnehmen zu können, und wie werden sie eingesetzt? Welche Elemente der Kommunikation auf dieser Q&A-Seite sind gattungshaft und welche kommunikativen Probleme lösen sie jeweils?
Milan Obid: Stigma-Kapital-Symbol. Über die soziale Relevanz der Zugehörigkeit zur slowenischen Minderheit in Kärnten
(Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Klaus Schönberger)
Während Angehörige der slowenischen Minderheit in Kärnten bis ins dritte Drittel des 20. Jh. im Vergleich zur Kärntner Mehrheitsbevölkerung weniger gebildet und seltener in höher qualifizierten Berufen tätig waren, hat sich dies in der Gegenwart längst umgekehrt. Heute sind Angehörige der slowenischen Minderheit statistisch betrachtet signifikant höher gebildet und häufiger in höher qualifizierten Berufen tätig als Angehörige der deutschsprachigen Mehrheit. Zur veränderten Sozialstruktur der Kärntner Slowenen, die heute eher derjenigen einer sozialen Elite als jener einer (benachteiligten) Minderheit entspricht, gesellt sich ein Moment veränderter symbolischer Zuschreibungen. Minderheitenzugehörigkeit wird weitgehend als ein Element kultureller Bereicherung wahrgenommen, auch von einer verbreiteten politischen Praxis der institutionalisierten Diskriminierung slowenischsprachiger Bevölkerungsteile Kärntens, wie dies in der Vergangenheit der Fall war, kann nicht die Rede sein.
Anhand einer Analyse sozialer Phänomene und damit in Verbindung stehender Identifikations-, Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsmuster, die sich aus den veränderten Rahmenbedingungen sozialer Strukturierung und symbolischer Bedeutung ergeben, soll eine zeitgemäße Theorie über die soziale Relevanz der Zugehörigkeit zur slowenischen Minderheit in Kärnten entwickelt werden. Überprüft werden soll, inwiefern das theoretische Konzept einer „symbolischen Ethnizität“ auf jenen Teil von Kärntens Bevölkerung zutrifft, der als Kärntner Slowenen begrifflich zu fassen ist. Von erstrangigem Interesse sind dabei zeitgemäße Formen der Artikulation von Minderheitenzugehörigkeit und deren Vereinbarung mit individueller Lebensgestaltung sowie Strategien diese Zugehörigkeit in Einklang mit dem bevorzugten Lebensstil zu bringen oder sie gar als kulturelles oder symbolisches Kapital einzusetzen.
Michael Pichlhöfer: Das Land und ‚seine‘ Feuerwehr. Die Wechselwirkung zwischen dörflicher Gesellschaft und ihrer Freiwilligen Feuerwehr
(Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Klaus Schönberger)
Als empirische Fallstudie nimmt sich das Dissertationsprojekt vor, anscheinend gruppenspezifische, kulturelle Praxis anhand des Feuerwehrwesens ethnographisch zu untersuchen. Dabei liegt der Fokus auf Freiwilligen Feuerwehren, wobei als Organisationseinheit vorerst von einem Gemeindegebiet im Süden Kärntens ausgegangen wird. Exemplarisch wird zumindest eine Ortsfeuerwehr der Gemeinde ausgewählt, um den Zusammenhang zwischen dörflicher Gesellschaft und dazugehörigen Institutionen zu beforschen. Am Beispiel der Freiwilligen Feuerwehr wird die bürgerschaftliche Partizipation im dörflichen Kontext untersucht. Das Dissertationsvorhaben leistet somit einen Beitrag zum kulturanthropologischen Diskurs rund um die Dorfforschung.
Als zentrale Hypothese wird davon ausgegangen, dass ein selbstbestimmtes, flexibles System im Rahmen der Freiwilligen Ortsfeuerwehr existiert, welches sich in Wechselwirkung zwischen übergeordneten Instanzen und der örtlichen Bevölkerung befindet. Weiters wird angenommen, dass die daraus resultierende regionsspezifische kulturelle Praxis sowohl für die Gesellschaft als auch für die zugehörige Feuerwehr bedeutsam ist und übergeordneten Praktiken zugeordnet werden kann.
Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen zum Blaulichtbereich eint der Fokus auf die Institution und der damit verbundenen Organisation in Zusammenhang mit ihrem gesellschaftlichen Aufgabenbereich. Eine Betrachtung der Einbettung der Institution Freiwillige Feuerwehr in eine regionale Bevölkerung ist jedoch noch ausständig. Zur Schließung dieser Lücke wird die Untersuchung der kulturellen Praxis im Feuerwehrdienst beitragen.
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