Clemens J. Setz: Monde vor der Landung
Worms, Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Peter Bender, ehemals Fliegerleutnant des Deutschen Heeres, macht sich als Gründer einer neuen Religionsgemeinschaft und mit der Proklamation der sogenannten Hohlwelt-Theorie einen Namen: Die Menschheit, so diese Theorie, lebe nicht auf, sondern in einer Kugel, außerhalb derselben existiere nichts. Benders Gemeinde bleibt überschaubar, dennoch wird er wegen der Verbreitung aufwieglerischer und gotteslästerlicher Flugschriften zu einer mehrmonatigen Kerkerhaft verurteilt. Als sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten herumspricht, dass seine Frau Jüdin ist, wenden sich selbst seine engsten Gefolgsleute von ihm ab. Die Benders verarmen, die Repressionen gegen seine Frau werden bald unerträglich, bis die Familie 1942 verhaftet und deportiert wird. Nur der Sohn überlebt das Konzentrationslager.Was auf den ersten Blick zeitlich wie thematisch weit entfernt scheint, entpuppt sich sogleich als Teil einer „staunenswerten Vielseitigkeit“ und „radikalen Zeitgenossenschaft“, die Clemens J. Setz anlässlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises 2021 attestiert wurden. Denn die Erzählung von der abseitigen Theorie lässt sich als Reflexion auf Verschwörungsideologien unserer Gegenwart verstehen.Clemens J. Setz ist 1982 in Graz geboren, wo er Mathematik und Germanistik studierte. Heute lebt er als Übersetzer und freier Schriftsteller in Wien. Setz gilt als eine der wichtigsten und unkonventionellsten Stimmen zeitgenössischer österreichischer Literatur. Neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen erhielt er 2021 den Georg-Büchner-Preis.Moderation: Michaela Monschein