Erzählen gegen das Verstummen: Handkes Lebensbuch Die Morawische Nacht (2008).
Veranstaltungsort
HS 3
Veranstalter
Institut für Germanistik
Beschreibung
Handkes 560 Seiten lange Erzählung führt uns auf ein Hausboot, verankert in einem Nebenarm der Morawa in der Nähe des Dorfes Porodin. Auf dieses Boot hat der Gastgeber und namenlose Ich-Erzähler, im Text auch als der ‚abgedankte oder Ex-Autor‘ bezeichnet, eine Handvoll Freunde geladen, um ihnen im Lauf einer Nacht die Geschichte seiner großen Rundreise, begonnen als Flucht (aus dem ›Balkan‹), zu erzählen, womit dieser Text auch eine Zäsur zu den vorangegangenen Jugoslawien-Büchern setzt.
Die Flucht-Reise entpuppt sich alsbald als eine Spurensuche in Schlüssel-Räumen des eigenen Lebens und Schreibens. Insofern verbinden sich einzelne ihrer Stationen quer durch Europa (meist abgelegene Orte und ungewöhnliche Anlässen) mit Episoden oder Themen aus vorangegangenen Büchern und fügen diesen neue Kapitel hinzu. Wie so oft bei Handke tritt dabei das Erzählen selbst immer wieder in den Vordergrund, wird auch zum Problem. Doch wie nie zuvor bei Handke zieht sich der Erzähler aus der ihm zugedachten Rolle oft wieder zurück, verstrickt den/die LeserIn in ein (mitunter anstrengendes) Spiel zwischen Inszenierung und ironischer Selbstpreisgabe. Dabei unterstützen ihn und widersprechen ihm Romanfiguren aus früheren Texten, aber auch neu hinzugekommene aus dieser Erzählung, u.a. lästige Zwischenfrager aus der Runde der geladenen Hörer. Der Vortrag versucht dieser Erzählkonstruktion & Spurensuche nachhzugehen, das Gewicht der von Handke selbst schon relativierten Handke-Welt fasslicher zu machen und dabei auch einige zuvor nie zuvor angesprochene Anliegen des (Ex?)-Autors herauszustellen.
Vortragende(r)
Primus-Heinz Kucher
Kontakt
Primus-Heinz Kucher; Dominik Srienc (primus [dot] kucher [at] aau [dot] at; dominik [dot] srienc [at] aau [dot] at)