Neue Publikation zu Wohnungsforschung: Gentrifizierung und Verdrängung
Eines der Paradebeispiele für Gentrifizierung liegt in Berlin: Der Stadtteil Kreuzberg war einst ein Wohnort mit günstigen Mieten, wo viele einkommensarme Bevölkerungsgruppen lebten. Im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte wurde Kreuzberg schick, und zunehmend teurer. Folge der so genannten Gentrifizierung ist ein Austausch der Bevölkerung und eine Verdrängung einkommensschwacher Gruppen. Die Geographen Jan Glatter und Michael Mießner haben nun eine neue Publikation zu „Gentrifizierung und Verdrängung“ herausgegeben, in dem sie dem Phänomen, das in vielen Städten wie Hamburg, Frankfurt oder Wien zu finden ist, auf die Spur gehen.
„Gentrifizierung meint die Aufwertung eines bestimmten Quartiers und den damit einhergehenden Bevölkerungsaustausch“, erklärt Michael Mießner, der am Institut für Geographie und Regionalforschung an der Universität Klagenfurt forscht und lehrt. Will man den Begriff jedoch theoretisch, methodisch und politisch definieren, stößt man auf viele Herausforderungen. Entscheidend hierfür ist unter anderem, dass Gentrifizierung mittlerweile auch Gegenstand so mancher politischer und medialer Debatte war und mit ganz unterschiedlichen Konnotationen einhergeht, wie Mießner weiter erklärt: „Den einen gilt Gentrifizierung als positive Entwicklungsstrategie, anderen als ‚dirty word‘, das auf Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen hinweist und wieder anderen gilt er als ‚Kampfbegriff der linken Szene.‘“ Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen hat in den vergangenen zwei Dekaden deutlich zugenommen. Man nähert sich ihm aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven, von der Soziologie, Geographie, Politik- und Planungswissenschaft, ethnologischen Stadtforschung bis hin zur Semiologie.
Jan Glatter und Michael Mießner liefern mit ihrem Sammelband aktuelle Diagnosen der deutschsprachigen Gentrifizierungsforschung und betrachten die jüngsten Entwicklungen anhand einer Vielzahl von Fallbeispielen aus unterschiedlichen Perspektiven. Wie in einem Brennglas lassen sich dadurch gesellschaftliche Veränderungen, soziale Konflikte und politische Aushandelungsprozesse der Stadt- und Wohnungsmarktentwicklung beobachten und verstehen.
Jan Glatter & Michael Mießner (Hrsg.) (2021). Gentrifizierung und Verdrängung. Aktuelle theoretische, methodische und politische Herausforderungen. (Interdisziplinäre Wohnungsforschung Band 3). Bielefeld: transcript Verlag.