Climate Engineering | Foto: wollertz/Fotolia.com

Klima in Reparatur

Die Ideen des Climate Engineering muten wie Science Fiction an: Spiegel, die Sonnenstrahlen umlenken, oder künstliche Wolken, die uns vor Erderwärmung schützen. Den Status des Utopischen scheint die Idee, dem Klimawandel mit technischen Hilfsmitteln entgegenzuwirken, nun zunehmend zu verlieren, wie Nachhaltigkeitsforscher Daniel Barben beobachtet. Er erforscht die Rolle von Climate Engineering in Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft.

Schon vor rund zehn Jahren hat der niederländische Atmosphärenchemiker und Nobelpreisträger Paul Crutzen ausgesprochen, was sich viele denken: Der durch den Menschen verursachte Klimawandel ist bedrohlich und die bisherige Klimapolitik ist wenig erfolgreich, den Entwicklungen entgegen zu wirken. Er hat daraus geschlossen, dass man nicht länger warten könne, bis die zäh anlaufenden Maßnahmen wirken, sondern dass man über technische Ansätze, den Klimawandel zu „reparieren“, nachdenken müsse.

Solche technische Ansätze gebe es auf zwei Ebenen, erklärt Daniel Barben vom Institut für Technik- und Wissenschaftsforschung. Einerseits wolle man Kohlendioxid der Atmosphäre entziehen, beispielsweise indem man neue Wälder mit genetisch manipulierten Pflanzen aufforstet, die mehr CO₂ als gewöhnlich aufnehmen können. Der andere Ansatz sieht eine Verringerung der Sonneneinstrahlung auf die Erde vor, etwa durch die Ausbringung von Schwefeldioxid in die Atmosphäre oder durch die künstliche Produktion von Wolken.

Gefragt danach, wie nahe solche Szenarien nun an der realen Umsetzung seien, erläutert Barben: „Derzeit gibt es eine sehr aktive, aber noch kleine Community, die Grundlagenforschung auf einer eher konzeptionellen Ebene betreibt. Es gibt hie und da kleinere Experimente, deren Sinnhaftigkeit jedoch hinterfragt werden kann.“ Die Crux an der Sache sei nämlich: „Die Maßnahmen müssen großskalig erfolgen, um wirkungsvoll zu sein. Das Experiment wäre also gleichzeitig die Anwendung. Darüber hinaus ist es sehr schwer vorauszusagen, welche Folgen die technischen Eingriffe in biogeochemische Kreisläufe der Erde kurz- oder langfristig, global oder regional haben.“ Vor diesem Hintergrund habe der Weltklimarat in der Vergangenheit wiederholt empfohlen, sich diesen Ideen mit größter Zurückhaltung zu nähern.

Die Diskussion rund um Climate Engineering sieht Daniel Barben derzeit jedoch an einem Wendepunkt: Bisher ordnete man die Ansätze des Climate Engineering eher als Methoden für einen Plan B ein, den man zum Einsatz bringen könne, wenn die anderen Maßnahmen der Emissionsminderung nicht den gewünschten Erfolg bringen. Häufig wurde beispielsweise das Solar Radiation Management, also die Verminderung von Sonneneinstrahlung auf der Erde, als schnelle Eingreiftruppe begriffen, die kurzfristig wirken könne. „Dies könnte sich nun geändert haben. Wir nehmen an, dass die engagierten Ziele des letzten Klimagipfels in Paris ein Indiz dafür sind, dass sich die Rolle des Climate Engineering verändern könnte.“ In Paris habe man eine maximale Erderwärmung von 2 Grad bis Ende des Jahrhunderts beschlossen; wenn man aber den derzeitigen Pfad weiter verfolgt, stünde man im Jahr 2100 bei 4,5 Grad. „Wir glauben daher, dass Climate Engineering Teil des klimapolitischen Portfolios werden könnte“, so Barben.

Die Debatte dazu will das Forschungsteam verfolgen und analysieren. Die ForscherInnen sind mit ihrer Arbeit am Projekt „Verantwortliche Erforschung und Governance an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik des Klimawandels: Neue Diskurse, epistemische Gemeinschaften und klimapolitische Regime durch Climate Engineering?“ in ein DFG-Schwerpunktprogramm eingebunden. Projektleiter sind Daniel Barben (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) und Silke Beck (Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, Leipzig).

für ad astra: Romy Müller