Forschen in der Natur der Nockberge
Mit einer Fläche von knapp 500 km2 ist der Biosphärenpark Nockberge ein wertvolles Forschungsrefugium. Seit 2013 gibt es bereits die Forschungskooperation zwischen dem UNESCO-Biosphärenpark und der AAU. Ziel ist ein Brückenschlag zwischen internationaler wissenschaftlicher Forschung und der Lebensrealität in der Biosphärenpark-Region.
Weideflächen, Almwiesen, lebende Kulturlandschaft, Industrie- und Tourismusstandorte im Talraum. Dies alles findet man im größten UNESCO-Park Österreichs: dem Biosphärenpark Salzburger Lungau und Kärntner Nockberge. „Die Landschaft ist geprägt durch ein ‚abgerumpftes‘ altes Mittelgebirge, wo in Höhenlagen die beste Möglichkeit für Almwirtschaft existiert“, beschreibt Michael Jungmeier die Nockberge. Charakteristisch sei eine „traditionelle Kulturlandschaft“ mit einem Akzent auf nachhaltige Regionalentwicklung, so Jungmeier vom Institut für Unterrichtsund Schulentwicklung, der seit 2013 die Kooperation betreut.
Die Nockberge haben eine jahrzehntelange Vorgeschichte als Nationalpark und führen seit 2012 die wertvolle Zertifizierung von der UNESCO. Schon bald danach wurde die Forschungskooperation mit dem Institut für Geographie begründet. „Es ist uns ein großes Anliegen, technische, ökonomische, ökologische und soziale Innovationen in der Region wissenschaftlich zu unterstützen und zu begleiten“, sagt Projektleiter Franz Rauch vom Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung (IUS) der AAU, der seit 2017 neuer Partner des Biosphärenparks ist und an die erfolgreiche Arbeit des Instituts für Geographie anschließen möchte.
Dietmar Rossmann, Geschäftsführer und Leiter des Biosphärenparks Nockberge, erklärt, dass das Prädikat, sich so nennen zu dürfen, etwas Besonderes sei. Um von der UNESCO anerkannt zu werden, müssen gewisse Kriterien erfüllt werden. Dazu zählt beispielsweise die Zonierung in drei Zonen. In den Nockbergen umfasst die Naturzone 16 Prozent und zählt als besonders schützenswertes Gebiet, wo möglichst naturnahe Lebensräume erhalten bleiben sollen. Bei der angrenzenden Pflege- oder Pufferzone mit 22 Prozent steht das nachhaltige, ressourcenschonende Bewirtschaften im Vordergrund. Die größte Zone ist die Entwicklungszone mit 62 Prozent, die Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum der Bevölkerung ist.
Lernende Modellregion
In einem modernen Biosphärenpark stehen der Mensch und sein Wirtschaften im Mittelpunkt. Naturschutz, Forschung, Umwelt, Bildung sowie nachhaltige Regionalentwicklung sollen miteinander in Einklang gebracht werden. Kein leichtes Unterfangen für den Park, daher suchte der Biosphärenpark Kontakt zur „höchsten Bildungsinstanz“ des Landes, der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, wie Dietmar Rossmann ausführt. „Im Biosphärenpark entstehen laufend offene Fragen, die einer wissenschaftlichen Beantwortung bedürfen. Mit der Universität haben wir einen attraktiven Partner gefunden und können auf Studierende aller Studienrichtungen zurückgreifen, die Antworten auf unsere Forschungsfragen suchen können.“
Science_Link nockberge
Seit Beginn der Kooperation wurde der Science_Link eingerichtet. „Darin vereint sind eine systematisch aufgebaute Forschungsdatenbank, eine Online- Nockothek, mit unzähligen Werken, die den Biosphärenpark oder die Region thematisch betreffen, ein Forschungsfragenkatalog und eine Börse für Qualifizierungsarbeiten, wie Seminar-, Bachelor-, Masterarbeiten oder Dissertationen“, sagt Franz Rauch. Diese Maßnahmen fördern die Identifikation einer breiten Öffentlichkeit mit dem Biosphärenpark. Besonders stolz sei Rauch darauf, dass der Biosphärenpark Nockberge einer von zwei Parks weltweit sei, der eine kontinuierliche Kooperation mit einer Universität aufbaue. Beforscht wird sehr vieles, und das Spektrum reicht von der Tier- und Pflanzenwelt bis hin zum Parkmanagement. Bei der Forschungsbörse können Studierende aller Studienrichtungen aus mehr als 50 verschiedenen Forschungsthemen wählen und dieses im Zuge von Science_Link bearbeiten. „Aktuell interessiert uns die Rechtslage zwischen Wanderern und Weidevieh, um mögliche Konflikte zu vermeiden“, greift Dietmar Rossmann eine konkrete Forschungsfrage auf. Eigene Lehrveranstaltungen aus dem Studienfach Geographie und aus dem Wahlfachmodul Nachhaltigkeit nehmen Bezug auf den Biosphärenpark und analysieren bestimmte regionale Pflanzen wie den Speik, die Esche, den Fliegenpilz oder den Rittersporn.
Zukünftig wird sich die Kooperation noch intensiver bildungsbezogenen Forschungsschwerpunkten widmen. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist eine der zentralen Aufgaben des Biosphärenparks. Franz Rauch dazu: „Geplant sind so genannte Biosphärenpark- Schulen, deren Absolventinnen und Absolventen ein fundiertes Wissen über ökologische, ökonomische und soziale Zusammenhänge entwickeln. Als Botschafter für den Biosphärenpark sollen sie Verantwortung übernehmen und die regionale Wertschätzung und Wertschöpfung nachhaltig sichern.“
Der Biosphärenpark Nockberge
Im Juli 2012 wurden der Salzburger Lungau und die Kärntner Nockberge von der UNESCO als Biosphärenpark (engl. biosphere reserve) anerkannt. UNESCO-Biosphärenparks sind Modellregionen für eine nachhaltige Entwicklung, in denen verstärkt geforscht wird. Der Kärntner Teil des Biosphärenparks liegt in den vier Gemeinden Bad Kleinkirchheim, Krems in Kärnten, Radenthein sowie Reichenau und hat eine Gesamteinwohnerzahl von rund 12.700 und eine Fläche von 485 km².
In Österreich wurden drei Biosphärenparks von der UNESCO anerkannt: Großes Walsertal (2000), Wienerwald (2005) und Salzburger Lungau & Kärntner Nockberger (2012, flächenmäßig der größte in Österreich). Weltweit gibt es 669 Biosphärenparks (Modellregionen) in 120 Ländern, darunter bekannte Landschaften wie die Galapagos-Inseln, die Wüste Gobi oder die San-Francisco-Bay-Area.
für ad astra: Lydia Krömer