Stausee Kaprun | Foto: Digitalpress/Fotolia.com

Der schnelle Vorwurf des Greenwashings

Mangel an Glaubwürdigkeit, Widersprüche und politische Programmatik: Das Verständnis von CSR von Energieunternehmen zeigt sich in der Außenkommunikation. Franzisca Weder und ihr Team gehen dem Greenwashing auf den Grund.

Das Tragen von Verantwortung für die Gesellschaft, kurz CSR (Corporate Social Responsibility), ist heute eigentlich in allen Unternehmen verankert. Aus einem anfänglich freiwilligen Engagement ist CSR zur Verpflichtung, zumindest für Großbetriebe, geworden; so müssen mit 2017 in der EU „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ mit über 500 MitarbeiterInnen jährlich neben dem Finanzbericht auch Berichte über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten abgeben. Umsetzung und Qualität variieren allerdings in der Realität oftmals und entziehen sich den  Berichtsvorgaben.

„Hier sind wir bei einer grundsätzlichen kommunikativen Schieflage“, meint Franzisca Weder, Kommunikationswissenschaftlerin an der Alpen-Adria-Universität: „Mittelständische und kleine Unternehmen machen im Allgemeinen sehr viel für ihre Belegschaft, ohne dies als großartiges CSR-Programm zu verkaufen. Bei den Großen passiert dagegen sehr viel Labelling, daher auch der schnelle Vorwurf des Greenwashings.“ Das liegt ihrer Meinung nach auch daran, dass Große in der Öffentlichkeit auf dem‚ Silbertablett der Aufmerksamkeit‘ stehen und sich keine Fehler leisten können, „bei der geringsten Kleinigkeit folgt ein großer Aufschrei.“

Franzisca Weder versucht mit einer Gruppe von interdisziplinär arbeitenden Forscherinnen der CSR- und Nachhaltigkeitskommunikation von Großbetrieben auf den Grund zu gehen: „Man muss hinter die Kulissen schauen. Nur mit einer kritischen und damit qualitativen Forschung lässt sich so ein Phänomen wie Greenwashing aufdecken.“

Speziell unter die Lupe genommen wurden aktuell Energieunternehmen. Diese arbeiten schon lange mit dem Label „Grün“. Franzisca Weder nennt „Greening“ als die häufigste und erste Strategie in der CSR und relativiert gleich: „Wenn man sich ein grünes Blatt irgendwohin klebt, ist noch nicht viel geschehen. Viel spannender sind die impliziten Kommunikationen, die mitkommunizierten Frames – auch auf einer Unternehmens-Website.“ Bei Inhaltsanalysen von Webseiten und Pressemeldungen von österreichischen und internationalen Energieunternehmen wurden u. a. Glaubwürdigkeit und Authentizität in der Kommunikation geprüft.

Isabell Koinig erklärt: „Das beginnt schon bei der optischen Aufmachung. Werden reale Landschaftsfotos statt einem ‚Platzhalter-Windrad’ genommen, wird Nähe zum Kunden und zur Region vermittelt.“ Denise Voci hat wiederum zahlreiche Widersprüche festgestellt: „Ein Fossilenergieanbieter etwa propagiert besonders stark die hauseigene Forschung in Alternativenergien. Dies führt weg vom Kerngeschäft ölbetriebener Autos und erzeugt umgehend einen Widerspruch.“

Österreichische Unternehmen sind relativ ähnlich in ihrer Argumentation, international geht die Kommunikation deutlich auseinander. Findet man bei einem rein auf erneuerbare Energien setzenden Unternehmen implizite Nachhaltigkeitskommunikation, wird z. B. bei Gazprom eher explizit und mit einer direkten Verknüpfung mit aktuellen politischen Programmen kommuniziert. Insgesamt zeigt die Analyse, dass die unternehmerische Verantwortung ganz unterschiedlich gedeutet wird und im Bereich CSR sowie auch Nachhaltigkeitskommunikation ein interdisziplinärer Zugang gefordert ist.

für ad astra: Barbara Maier