Zeitgeschichtetag 2024 in Graz, 11.-13. April 2024

Die Zeitgeschichte der Universität Klagenfurt ist am diesjährigen Zeitgeschichtetag in Graz im Rahmen von zwei Panels vertreten (Programm):

Panel 1: Unsicherheit und Ungewissheit unter Besatzung: Die „Vierte Teilung“ Polens (Sept. 1939 – Juni 1941)

Am 1. September 1939 wurde Polen vom nationalsozialistischen Deutschland besetzt. Da sich Hitler bereits am 23. August 1939 mit Stalin auf die Teilung Polens verständigt hatte, marschierte am 17. September auch die Rote Armee in das Land ein. Somit befand sich die Gesellschaft Polens 21 Monate lang – bis zum deutschen Überfall auf die Sowjetunion – unter der Herrschaft von zwei radikalen und gleichzeitig unterschiedlichen Systemen.
Der russische Angriffskrieg von 2022 hat die Geschichte dieser Besatzung erneut in ein grelles Licht gerückt, es zeigen sich Parallelen zur stalinistischen Herrschaft ab 1939, aber auch deutliche Unterschiede. Im Panel wird zunächst ein Überblick über die radikalen Besatzungen im 20. Jahrhundert präsentiert, dann zwei Fallstudien aus neuen Forschungsprojekten, zur Besatzungsgesellschaft im südostpolnischen Przemyśl, die unter deutsch-sowjetischer Doppelherrschaft stand, dann zum Dilemma jüdischer Geflüchteter, die zwar der deutschen Terrorherrschaft in Polen entkommen waren, aber nun vor der Wahl standen, sich in einer anderen Diktatur zu integrieren. Im Panel wird der Frage nachgegangen, wie bestimmte Gruppen der Bevölkerung auf Unsicherheiten und Ungewissheiten reagierten, die sich durch die beiden radikalen Besatzungen ergaben.

Chair: Alexandra Preitschopf

Dieter Pohl: Radikale Besatzungen

Hannah Riedler: Der Feind an der Grenze und die Grenze als Feind. Besatzungsalltag in und um Przemyśl unter deutscher und sowjetischer Besatzung 1939-1941

Alexandra Pulvermacher: Die „Option“ jüdischer Geflüchteter im Frühjahr 1940 für eine Rückkehr unter deutsche Besatzung

 

Panel 2: Krisen und die Rolle von Feindbildern in Zeiten gesellschaftlicher Verunsicherung

In Krisenzeiten haben Feindbilder und Verschwörungsmythen Hochkonjunktur. So sind in den vergangenen Jahren Ressentiments gegenüber bestimmten Personen und Gruppen mit zunehmender Aggression auf die Straßen und ins Internet getragen und Bedrohungsszenarios breitenwirksam in den (sozialen) Medien lanciert worden. Nicht zuletzt wurden diese von politischen Akteuren befeuert.
Im Mittelpunkt des Panels steht die Rolle von Feindbildern in den Krisenjahren der Zwischenkriegszeit und der Zeit des Nationalsozialismus. Heute wie damals hatten mediale Darstellungen einen wesentlichen Anteil an deren Verbreitung und der Erzeugung bzw. Verstärkung gesellschaftlicher Verunsicherung. Der Beitrag von Alexandra Preitschopf thematisiert kollektive Ängste und antibolschewistische Diskurse, die in Folge der Oktoberrevolution aufkamen und u. a. auch in Romanen der Zwischenkriegszeit auf stark emotionalisierende Weise ihren Niederschlag fanden. In welcher Form antikommunistische und antisemitische Stereotype und Feindbilder von der NS-Propaganda ausgebaut und im Rahmen von Ausstellungen visuell inszeniert und ideologisch aufgeladen wurden, berichtet Rosemarie Burgstaller. Richard Hufschmied untersucht am Beispiel des Heeresmuseums in Wien nationalsozialistische Ausstellungsstrategien, die das Ziel verfolgten, der gesellschaftlichen Verunsicherung im Krieg durch Selbstüberhöhung und Feindbilder entgegenzuwirken und damit den Zuspruch der Bevölkerung zum NS-Regime zu stärken.

Chair: in memoriam Heidemarie Uhl

Alexandra Preitschopf: Schreiben gegen die Sowjetunion. Antibolschewistische Belletristik der Zwischenkriegszeit als Ausdruck kollektiver Ungewissheit?

Rosemarie Burgstaller: Die bedrohte Sicherheit: Zu Emotionalisierungsstrategien in nationalsozialistischen Propagandaausstellungen und zur Gegenwart vergleichbarer Inszenierungskonzepte

Richard Hufschmied: Schaffung von Sicherheit durch Konstruktion von Überlegenheit, Feindbildern und (End-)Siegfantasien: Die Ausstellungen des Heeresmuseums in Wien (1938–1945)

 

Programm