Wie Slowenien die Biene und den Honig inszeniert
Die Imkerei ist in Slowenien ein traditionelles Handwerk, das aber seit einigen Jahren in den Städten auch neu interpretiert wird. Lisa Mentzl, Absolventin des Masterstudiums Angewandte Kulturwissenschaft, hat sich in ihrer Abschlussarbeit damit beschäftigt, wie die Imkerei als Teil einer „slowenischen Identität“ inszeniert wird. Für ihre Masterarbeit mit dem Titel „Bienen, Balkan, Branding: Sloweniens Ansatz zur Inszenierung nationaler Identität“ wurde sie kürzlich mit einem Alps-Adriatic Scientific Award ausgezeichnet.
„Die slowenische Imkereitradition ist reich und tief im Volksbewusstsein verankert. Hier ist die Krainer Biene zu Hause, Sloweniens autochthone Bienenrasse, die als eine der weitest verbreiteten Honigbienen der Welt gilt“, steht auf der Website des Slovenian Tourist Board (slovenia.info) zu lesen. Lisa Mentzl hat sich für ihre Masterarbeit unter anderem gefragt: Wie kam und kommt es zu dieser Inszenierung der Biene und des Honigs?
„Besonders interessant sind die Widersprüche zwischen der traditionellen Imkerei und dem modernen Pendant in den Städten, dem urban beekeeping, einer neuen Interpretation des Althergebrachten. In Bezug auf eine einheitlich gedachte ‚nationale Identität‘ ist das nicht einfach unter einen Hut zu bringen“, so Lisa Mentzl. Auf das Thema ist sie per Zufall gestoßen: Als sie im zweiten Semester an der Universität Klagenfurt ein Seminar zu kulturellen Prozessen in Europa besuchte, kam sie mit einer Mitarbeiterin des Instituts für Slowenische Ethnologie in Ljubljana in Kontakt. Diese machte die Studentin, die sich besonders für kulturelles Erbe interessierte, auf die Bienen als Untersuchungsfeld aufmerksam.
Doch warum hat die Imkerei für Slowenien eine so bedeutende Rolle? Lisa Mentzl führt aus: „Slowenien ist ein kleines Land mit einer abwechslungsreichen, auch konfliktbehafteten Geschichte. Den Nationalstaat Slowenien als solchen gibt es erst seit knapp über 30 Jahren. Die Imkerei ist politisch ein relativ neutrales Gebiet, ein Handwerk, das in der Region verankert ist. Für ein entstehendes Nationalbewusstsein ist das etwas, auf das sich viele Menschen beziehen können und wollen: Da gibt es etwas, worauf man stolz ist. Das machen wir schon lange. Das ist auch gut für die Natur und das Klima. Hier können wir eine Vorbildfunktion einnehmen.“
Für die kulturwissenschaftliche Analyse waren insbesondere staatlich getragene strategische Prozesse interessant, darunter die Marketingkampagne „I Feel Slovenia“, die vor allem im Tourismus zum Einsatz kommt und die dazu dient, so etwas wie eine „Kernidentität“ Sloweniens herauszuarbeiten und diese möglichst vorteilhaft zu inszenieren.
Ihr Masterstudium hat Lisa Mentzl im Sommer 2021 abgeschlossen. Kürzlich wurde sie für ihre Abschlussarbeit mit einem von vier Alps-Adriatic Scientific Awards ausgezeichnet. Lisa Mentzl hat davor das Bachelorstudium Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien absolviert. Nach Klagenfurt kam sie vor allem wegen den Besonderheiten des Masterstudiums, das ihr auch einen klaren Fokus auf Praxis und Sprachen bot. Im Moment arbeitet Lisa Mentzl als wissenschaftliche Volontärin im LWL-Museum für Archäologie und Kultur in Deutschland.
Alpen-Adria-Rektor:innen-Konferenz
Die Alpen-Adria-Rektor:innen-Konferenz (AARC) ist ein Zusammenschluss von derzeit über 50 Universitäten im Alpen-Adria-Raum und seit 2011 auch am Westbalkan. Ziel der AARC ist die Zusammenarbeit von Universitäten und Hochschulen und die wissenschaftliche, künstlerische und zukunftsorientierte Kooperation. Sie wurde im Jahr 1979 unter anderem von der Universität Klagenfurt gegründet.
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt:
Cristina Beretta, AARC-Ambassador and Member of the Scientific Committee der AARC für die AAU Klagenfurt
Jasmin Donlic, AARC-Ambassador für die AAU Klagenfurt
Katharina Grafenauer, AARC Permanent Secretariat