Wie nutzen wir Land? Europas Länder entwickeln sich unterschiedlich
Während im Westen Europas Umweltbewusstsein im Landnutzungsmanagement bedeutender wird, prägen in Osteuropa noch Industrialisierungs- und Ökonomisierungskräfte die Nutzung von Land, so das Ergebnis einer internationalen Studie.
Landnutzung hat sich in den letzten 150 Jahren stark ausgeweitet und intensiviert. Damit einher gingen Klimawandel, Verschlechterung des Bodens und Verlust von Biodiversität. „Die Frage, wie sich Landnutzung unter welchen Voraussetzungen verändert, ist also auch entscheidend für die Abschätzung zukünftiger Szenarien und Entwicklungsmöglichkeiten“, so Karlheinz Erb (Institut für Soziale Ökologie). Eine aktuelle Studie, durchgeführt von 48 europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, versuchte nun, epochenbezogene Charakteristiken der Landnutzung in 28 europäischen Ländern in den letzten 200 Jahren zu charakterisieren. Die inhaltliche Basis für die Untersuchung stellten narrative Interviews mit Expertinnen und Experten in den jeweiligen Ländern dar. Erhoben wurden Veränderungen in der Landnutzung und im Landnutzungsmanagement mit ihren jeweiligen Auslösern. „Ziel war es, ein Verständnis zu den technologischen, institutionellen und ökonomischen treibenden Kräften der Landnutzung zu gewinnen“, so Erb.
Das Ergebnis ist die Abgrenzung von sieben „archetypischen“ Systemen des Landnutzungsmanagements, die in Europa unterschiedlich homogen oder heterogen vorzufinden waren und sind: Der Era of Peasantry („Ära des Landvolkes“) in einer feudalen Gesellschaft folgten die Einführung von Privateigentum und Innovationen („Innovations and Rights“) und die technisch unterstützte Intensivierung der Landnutzung („Intensification“) , die schließlich in der Industrialisierung („Industrialization“), vor allem in Westeuropa mündete. Parallel dazu prägte die Kollektivierung („Collectivization“) in den zentralen Planwirtschaften der kommunistischen Länder die Landnutzung. Schließlich setzte eine Phase der De-Intensivierung und Kommerzialisierung („De-intensification and Commercialization“) ein. In jüngster Zeit hat sich das Regime „Environmental Awareness“ (Bewusstseinsbildung für Umweltfragen) herausgebildet.
Studienmitautor Erb erläutert zu den Ergebnissen: „Um 1950 gab es eine breite Heterogenität im Umgang mit Landnutzung in Europa. Danach kam es zu stärkerer Homogenität. Rund um 1970 waren es die Systeme ‚Industrialisierung‘ in Westeuropa und ‚Kollektivierung‘ in Osteuropa, die vorherrschend waren. Politische Entwicklungen führten dazu, dass in Westeuropa in der Gegenwart Umweltbewusstsein in Landnutzungsfragen eine wichtige Rolle spielt, wohingegen in Osteuropa ein breites Spektrum an Landnutzungsstrategien zur Anwendung kommt“, so Erb.
Die Ergebnisse in Kartenform können im Artikel abgerufen werden, bis 1. Oktober kostenlos: http://authors.elsevier.com/a/1Rb5wyDvLxGCC.
Jepsen, Martin Rudbeck, Tobias Kuemmerle, Daniel Müller, Karl-Heinz Erb, Peter H. Verburg, Helmut Haberl, Jens Peter Vesterager, Maja Andric, Marc Antrop, Gunnar Austrheim, Ismo Björn, Alberte Bondeau, Matthias Bürgi, Jessica Bryson, Gilles Caspar, Louis F. Cassar, Elisabeth Conrad, Pavel Chromy, Vidmantas Daugirdas, Veerle Van Eetvelde, Ramon Elena-Rosselló, Urs Gimmi, Zita Izakovicova, Vít Jancak, Ulf Jansson, Drago Kladnik, Jacek Kozak, Eva Konkoly-Gyuró, Fridolin Krausmann, Ülo Mander, John McDonagh, Jaan Pärn, Maria Niedertscheider, Olgerts Nikodemus, Katarzyna Ostapowicz, Marta Pérez-Soba, Teresa Pinto-Correia, Gintaras Ribokas, Mark Rounsevell, Despoina Schistou, Claude Schmit, Theano S. Terkenli, Aud M. Tretvik, Piotr Trzepacz, Angheluta Vadineanu, Ariane Walz, Edvin Zhllima, Anette Reenberg. Transitions in European land management regimes between 1800 and 2010. Land Use Policy 49, 53-64.