Werbung: Eine zuckersüße Versuchung
Körpergewicht und Selbstwert spielen eine Rolle dabei, wie Frauen und Männer auf Werbung reagieren. Eine Studie belegt, dass übergewichtige Frauen tendenziell einen geringen Selbstwert haben und weniger skeptisch gegenüber Werbung sind.
In der Gesellschaft, in der wir leben, spielen das Aussehen und der Körper eine wichtige Rolle. Attraktive Menschen stehen meist im Mittelpunkt, werden bewundert und ziehen Blicke auf sich. Dies wiederum wirkt sich auf den Selbstwert aus. Werbung und Medien suggerieren täglich diese Schönheitsnormen von schlanken und attraktiven Frauenkörpern. Dass dieses Bild jedoch in der Realität so nicht existiert, darüber sind sich die ExpertInnen einig.
Aus Studien ist bekannt, dass übergewichtige Kinder, die weniger selbstbewusst sind, der Fernsehwerbung mehr vertrauen und daher auch eher zu ungesunden Nahrungsmitteln greifen. Aber wie verhält es sich bei übergewichtigen Erwachsenen? Mit dieser Fragestellung beschäftigte sich Sabrina Brauneis vom Institut für Marketing und Internationales Management. „Für die aktuelle Studie habe ich den Einfluss von Körpergewicht und Selbstwert sowie Skepsis gegenüber Werbung als Parameter herangezogen und analysiert, welche Rolle dabei das Geschlecht und die Bildung spielen“, sagt Brauneis, deren Ergebnisse als Dissertation veröffentlicht wurden.
Die gesellschaftliche Relevanz dieses Themas steht außer Frage: Der Anteil der Übergewichtigen wächst ständig und beträgt in den USA 62 Prozent, in der EU 25 Prozent und in Österreich 30 Prozent. Eine alarmierende Zahl, wenn man bedenkt bedenkt, dass die Werbung meist ungesunde Nahrung mit einem hohen Fett-, Salz oder Zuckergehalt bewirbt. Daher ist eine hohe Skepsis gegenüber der Werbung insbesondere bei übergewichtigen Frauen und Männern bedeutend.
Für die Studie hat Sabrina Brauneis insgesamt 481 TeilnehmerInnen zwischen 20 und 50 Jahren befragt, davon waren knapp 52 Prozent weiblich und 48 Prozent männlich. 54 Prozent der Befragten waren übergewichtig und hatten einen BMI (Body-Mass-Index) von 25 oder mehr als 25. Aus den Ergebnissen lässt sich schließen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Körpergewicht, Selbstwert und Skepsis gegenüber der Werbung gibt. „Eine zentrale Erkenntnis ist, dass übergewichtige Frauen weniger skeptisch gegenüber einer Schokoriegel-Werbung sind, daher ein direkter Einfluss von Körpergewicht und Selbstwert auf die Skepsis gegenüber dieser Werbung feststellbar ist. Die ungesunden Produkte werden vor allem von überschlanken Models in der Werbung präsentiert“, konkretisiert Brauneis. Bedenklich sei für sie, dass knapp 80 Prozent der Werbemodels untergewichtig sind. Bei Männern sei der Zusammenhang zwischen Körpergewicht, Selbstwert und Skepsis weniger ausgeprägt, da sie sich über andere Werte und Kompetenzen wie etwa beruflichen Erfolg definieren und weniger über ihr Äußeres Gleichzeitig konnten Bildungsunterschiede in der Studie erkannt werden: „Höher gebildete, übergewichtige Frauen zeigen mehr Skepsis gegenüber Werbung als weniger gebildete, übergewichtige Frauen. Das ist mit einer höheren Kompetenz oder höheren Bildung erklärbar, die einen höheren Selbstwert mit sich zieht und daher auch in einer höheren Skepsis resultiert.“
Sabrina Brauneis zeigt mit der Studie, dass sozusagen eine neue Zielgruppe der übergewichtigen Frauen in der Werbung identifiziert wurde, die „sehr verletzlich ist und geschützt werden muss“. Die Erkenntnisse können als Grundlage für öffentliche Institutionen für Kampagnen zur Bewusstseinsbildung dienen. „Das Anbringen von Warnhinweisen bei bestimmten Produktgruppen, die Regulierung des BMI bei Models bzw. die Anpassung an ein Normalgewicht würden ein Umdenken in der Gesellschaft hervorrufen.“
für ad astra: Lydia Krömer
Zur Person
Sabrina Brauneis, geboren 1987, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Marketing und Internationales Management. Sie forscht zu Ernährung & Werbung und
promovierte 2015 mit einer Arbeit zu Körpergewicht, Selbstwert und Skepsis.