„Wenn man sein Ding macht, verspürt man keinen Stress.“
Die einen wollen das Shopping erleichtern, die anderen Finanzdaten aufbereiten und die dritten ein maßgeschneidertes KI-Tool für Unternehmen anbieten – gemeinsam haben die potentiellen Gründer:innen, dass sie KI-Technologien nutzen, um drängende Probleme verschiedener Zielgruppen zu lösen. Die sechs Gründungsinteressierten werden bei der Weiterentwicklung ihrer Ideen durch vor.GRÜNDEN, einer Initiative des Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds KWF, unterstützt. Unterstützend an ihrer Seite steht Isabella Hold, Spin-Off-Managerin an der Universität Klagenfurt.
Geld, Papier und Nerven sparen mit einem KI-Shoppingassistenten
Welches Problem möchten Sie mit Ihrer Innovation lösen?
Oluwatomisin Owolabi: Täglich finden wir rund 6 Broschüren und Flyer von Unternehmen in unseren Briefkästen, die uns auf ihre aktuellen Angebote aufmerksam machen möchten. Gleichzeitig verpassen wir ständig Rabatte: Einmal ist das Hühnerfleisch an einem Dienstagmorgen beim Supermarkt A in Aktion, einmal beim Supermarkt B am Freitag und Samstag. Mit unserer App DISHPAL.AI wollen wir einen KI-basierten Shoppingassistenten anbieten, sodass die Kund:innen einen besseren Überblick haben und mit weniger Aufwand günstiger einkaufen können.
Für welche Produkte soll das funktionieren?
Dolapo Akanni: Für möglichst alle, egal ob Uhren, Lebensmittel, Autos, Kleidung, Möbel. Wir wollen allen Zeit und Geld ersparen: Unternehmen müssten nicht mehr Werbeprospekte verschicken, die Umwelt würde davon profitieren, indem diese nicht mehr produziert werden müssten, die Kundinnen und Kunden würden sich Zeit für das Lesen der Flyer sparen und könnten trotzdem kostengünstig einkaufen, indem sie über das günstigste Produkt Bescheid wüssten. Der Dienst soll außerdem standortbezogen funktionieren, das heißt, die App würde mir in meinem Umfeld vorschlagen, wo ich zu welchem Zeitpunkt die günstigsten Semmeln in Aktion erhalten kann.
Woher kommen die Daten dafür?
Dolapo Akanni: Die Daten sind bereits online vorhanden. Wir wollen beides abbilden: Online-Shops und Offline-Shops. Auch Shops, die nur physisch existieren, haben ihre Prospekte meist online abgebildet. Mit Hilfe von Machine Learning und KI wollen wir all diese Informationen auswerten und der Kunde oder die Kundin könnte dann ganz zielgerichtet nach einzelnen Produkten suchen: Wo gibt es gerade jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt die günstigsten Gurken? Wir fokussieren dabei immer auf Angebote, so genannte discounts, die häufig nur in einem bestimmten Zeitraum gelten.
Wie kamen Sie auf diese Idee?
Dolapo Akanni: Es war tatsächlich so, dass ich an einem Tag Hühnerfleisch gekauft habe, von dem ich dann am nächsten Tag gesehen habe, dass es wenig später in Aktion war und ich es günstiger kaufen hätte können. Außerdem haben die unzähligen Papierstapel im Briefkasten genervt. Die Idee fiel dann auf einen fruchtbaren Boden, weil ich auch davor schon gerne gründen wollte.
Oluwatomisin Owolabi: Wir kommen ja beide aus Nigeria und sind schon mit einem Fokus auf Machine Learning und KI hierhergekommen. Hier haben wir dann auch gesehen, dass wir umfassend unterstützt werden, das hat uns dann die weiteren Schritte erleichtert. Betreut werden wir von Kyandoghere Kyamakya, der als Professor am Institut für Intelligente Systemtechnologien forscht.
Dolapo Akanni und Oluwatomisin Owolabi
„Zu Beginn hat man viele schlaflose Nächte, aber das Engagement lohnt sich.“
Maßgeschneiderter KI-Assistent für Unternehmen
Wobei soll Ihre Innovation unterstützen?
Markus Fox: Wir wollen österreichische Unternehmen dabei unterstützen mit ihren Daten zu kommunizieren. Konkret ist es so, dass in Unternehmen riesige Datenmengen lagern: Da gibt es Geschäftsberichte, Besprechungsprotokolle, Rechnungen, Unternehmenspräsentationen und vieles mehr. Diese Daten liegen in ganz unterschiedlichen Formaten strukturiert und unstrukturiert vor. Wir wollen für die Unternehmen ein privates ChatGPT bauen, also einen KI-Assistenten, der nur innerhalb dieser Daten nach Antworten sucht.
Es gibt aber schon ChatGPT. Warum sollen Unternehmen ihren eigenen KI-Assistenten benötigen?
Josef Lubas: Die Fragestellungen und Aufgaben sind ja meist nur spezifisch für das Unternehmen relevant. Wenn ich über den KI-Assistenten eine Präsentation für einen potenziellen neuen Kunden erstellen lassen will, brauche ich nicht die Daten des gesamten Internets, sondern nur des jeweiligen Unternehmens. Außerdem bieten wir den Vorteil, dass die Daten innerhalb des Unternehmens oder auf unserem Server bleiben.
Was unterscheidet Ihr Produkt von dem von Konkurrenten?
Markus Fox: Wir bauen den KI-Assistenten speziell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten. Im Hintergrund haben wir ein Baukastenprinzip mit verschiedenen Agents, die auf Basis der Unternehmensdaten verschiedene Aufgaben erledigen können. Das wollen wir dann an die spezifischen Anforderungen eines Unternehmens anpassen.
Haben Sie denn bereits Erfahrung als Gründer?
Markus Fox: Ja, ich habe schon alle Phasen in Start-ups durchgemacht. Ich war schon einmal Mitarbeiter in einem Start-up; später war ich auch einmal stärker in die Gründung involviert. Mit Speechcraft möchte ich nun erstmals mit Josef mein eigenes Unternehmen gründen.
War die Idee von Anfang an so konkret oder hat sie sich verändert?
Josef Lubas: Die Grundidee hat sich so durchgezogen. In einem ersten Schritt hatten wir die Idee eines KI-basierten Rhetoriktrainers, später ging es dann vermehrt um die Auswertung von Besprechungsnotizen. Schließlich wurde das Gesamtpaket daraus, an dem wir aktuell arbeiten. Wissenschaftlich werden wir dabei von Julius Köpke am Institut für Informatik-Systeme unterstützt.
Markus Fox und Josef Lubas
„Eine Idee braucht Zeit, um zu reifen. Vieles entwickelt sich erst im Laufe der Arbeit.“
Infos zu Business und Finanzen einfacher zugänglich machen
Was möchten Sie anbieten?
Andrii Ivanov: Gemeinsam mit meinem Co-Founder Amirreza Badpa möchten wir kleine und große Unternehmen in der Finanzbranche dabei unterstützen, Daten zu sammeln und auszuwerten. Das Problem dabei: Es gibt täglich eine für Menschen nicht überschaubare Menge an Informationen am Finanzmarkt. Viele dieser Informationen sind öffentlich, andere aber auch nicht. Mit unserem Tool sollen all diese Informationen gesammelt und so aufbereitet werden, dass sie leicht verständlich und handhabbar sind, auch für jene, die neu in das Feld einsteigen.
Wie kommen Sie denn zu den nicht-öffentlichen Informationen?
Andrii Ivanov: Es gibt große datenanbietende Unternehmen, mit denen wir einen Vertrag abschließen möchten, um schließlich diese Infos in unsere Auswertungen aufnehmen zu können.
Was umfasst Ihr Angebot?
Andrii Ivanov: Insgesamt wollen wir sechs Tools anbieten. Nutzt ein Unternehmen alle davon, schließt sich die gesamte Lücke von der Datenbeschaffung bis zur Datenanalyse. Das Unternehmen spart sich Zeit und Geld für den gesamten Recherche- und Auswertungsprozess. Der Zeitfaktor ist für viele Entscheidungen im Finanzbereich essenziell. Kund:innen profitieren mit unserem Tool insofern, als die Daten in einer sehr schnellen Weise analysiert und so übersichtlich dargestellt werden, dass sie schnelle Reaktionen ermöglichen.
Wie soll das funktionieren?
Andrii Ivanov: Wir setzen dabei auf selbst entwickelte AI-Algorithmen. Betreut werden wir von Martin Wagner vom Institut für Volkswirtschaftslehre. Dankenswerterweise haben wir hier auch das perfekte Umfeld, um mit unserer Geschäftsidee gut voran zu kommen, unter anderem gibt es auch zwei freiwillige Unterstützer, einen aus der Mathematik, einen aus dem Software Engineering, die an Bord sind.
Andrii Ivanov
„Wir machen unser eigenes Ding. Wenn man sein Ding macht, verspürt man keinen Stress, sondern nur den Willen voranzukommen.“
Die Gründer:innen
Oluwatomisin Owolabi stammt aus Nigeria und studiert seit dem Sommersemester 2024 im Masterstudium Information and Communications Engineering an der Universität Klagenfurt. Dolapo Akanni kam 2022 auch aus Nigeria nach Klagenfurt, wo er 2024 das Masterstudium Media and Convergence Management abschloss. Markus Fox und Jakob Lubas sind Kärntner. Markus Fox schloss 2018 sein Bachelorstudium und 2020 sein Masterstudium Angewandte Informatik ab. Jakob Lubas schloss 2018 das Bachelorstudium und 2019 das Masterstudium Informationsmanagement ab. Aktuell ist er im Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften eingeschrieben. Andrii Ivanov kam 2020 für das Bachelorstudium International Business and Economics aus der Ukraine an die Universität Klagenfurt. Sein Co-Founder Amirreza Badpa (zum Zeitpunkt des Interviews leider verhindert) ist seit 2022 im Bachelorstudium International Business and Economics.
Das Programm vor.GRÜNDEN
Die Intention von „vor.GRÜNDEN“ ist es, Gründungsideen mit wirtschaftlichen Erfolgsaussichten aus dem wissenschaftlichen Umfeld heraus in Richtung Marktreife zu bringen. Im Rahmen dieses KWF-Produkts werden Personen aus Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der Umsetzung ihrer Produkt- oder Dienstleistungsideen unterstützt. Die fachliche und gründungsthematische Begleitung ermöglicht es, ein Gründungsprojekt vorzubereiten.
Es werden institutionelle Träger (z. B. Hochschulen, Forschungseinrichtungen) gefördert, die innovative und technologieorientierte Gründungsvorhaben innerhalb des Projektzeitraums in der Organisation verankern sowie fachlich unterstützen und damit das regionale Innovationsökosystem aufbauen
Unterstützung für Start-Ups
Isabella Hold ist Spin-Off-Managerin an der Universität Klagenfurt. Sie ist die erste Anlaufstelle für interessierte Studierende und Mitarbeiter:innen, die mit dem Gedanken spielen, eine Geschäftsidee zu verwirklichen. Dafür bietet sie unter anderem das Format „Open Door für Gründungsideen“ an. Dienstags um 13:00 Uhr kann man ohne Anmeldung zu ihr in den Raum S.2.21 (am Institut für Innovationsmanagement und Unternehmensgründung) kommen und mit ihr Ideen und Möglichkeiten ausloten.
Aktuell läuft auch die Ausschreibung für die nächste Phase von vor.GRÜNDEN. Die Einreichfrist läuft aktuell. Bei der Einreichung unterstützt Isabella Hold mit ihrer umfassenden Erfahrung.