Was sind eigentlich Kryptowährungen und wer hat sie erfunden?
Diese und andere Fragen zum Thema „Kryptowährungen“ beantwortet uns Alexander Brauneis vom Institut für Finanzmanagement.
Was sind Kryptowährungen und wer hat sie erfunden?
Erfunden wurde Bitcoin, die berühmteste und erste der aktuell über 1.500 Kryptowährungen, von Satoshi Nakamoto im Jahr 2008. Wer wirklich hinter diesem Pseudonym steckt, ist aber nicht bekannt. Die Grundidee von Kryptowährungen ist eine dezentrale Währung zu schaffen, die ohne Zentralbanken und anderen Finanzintermediären wie Geschäftsbanken, Kreditkartenunternehmen oder anderer Zahlungsverkehrdienstleister wie zB Paypal auskommen kann. Das bedeutet, dass es keine zentralen Stellen mehr gibt, die manipuliert, korrumpiert oder politisch gesteuert werden könnten. Ein zentrales Element bei Kryptowährungen sind Verschlüsselungstechniken (eben die Kryptographie, daher der Name Kryptowährung), die Zahlungen damit sicher machen sollen.
Wer und für was verwendet man Kryptowährungen?
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten wofür man Kryptowährungen einsetzt: zum Zahlungsverkehr oder zur Spekulation. Berühmt ist der Fall eines IT-Entwicklers vom 22. Mai 2010, wo eine Pizzabestellung mit 10.000 Bitcoins bezahlt wurde (damals ca. 40 Dollar, heutiger Marktwert rund 80 Millionen Dollar), der 22.5. ist seit dem der „Bitcoin Pizza Day“. Viele Händler akzeptieren mittlerweile Bitcoin und andere Kryptowährungen als Zahlungsmittel, allerdings dürfte heute das zweite Motiv Kryptowährungen zu halten – Spekulation – eine wesentlich größere Rolle spielen. Zu Beginn des Jahres 2018 gab es ca. 10.000 Marktplätze (im wesentlichen online Handelsplattformen) wo man leicht und mit im Vergleich zu herkömmlichen Aktienbörsen geringen Gebühren viele verschiedene Kryptwährungen kaufen und verkaufen kann. Vor allem die Kursentwicklung von Kryptowährungen in 2017 stützt die Spekulations-Theorie: der Kurs von Bitcoin stieg von ca 1.000 auf 20.000 Dollar, andere Kryptowährungen wiesen noch größere Kursgewinne auf. Solche Preisblasen hat es in der Geschichte schon vielfach gegeben, im 17. Jahrhundert waren es Tulpenzwiebeln, später Eisenbahnaktien und zuletzt Dotcom-Aktien und Immobilienpreise. Sehr wahrscheinlich wollten viele Privatanleger vom Hype rund um Kryptos profitieren und haben nur in Erwartung steigender Kurse Bitcoins & Co erworben. Dass es sich dabei um ein hochriskantes Investment handelt, wurde von vielen ignoriert, die Preise sind stark schwankend, beispielsweise liegt der Bitcoinpreis aktuell bei nur mehr 8.000 Dollar, ein Minus von 60% im Vergleich zum Höchststand.
Nimmt Geldwäscherei im Bereich der Kryptowährungen zu?
Das ist nicht eindeutig zu sagen, wahrscheinlich aber ist die Antwort ja. Kryptowährungen erleichtern Zahlungsflüsse und sind in höchstem Maße anonym. Die Vermutung, dass diese auch für kriminelle Zwecke, z.B. im „Darknet“, eingesetzt werden ist daher wohl gut begründet. Bestrebungen der Gesetzgeber die Anonymität von Kryptogeld aufzuheben und die Märkte für Kryptos zu regulieren, deuten außerdem unmissverständlich auf die Befürchtung illegaler Einsatzzwecke hin.
Hat das organisierte Verbrechen hier seine Finger im Spiel?
Auch das kann nicht klar beantwortet werden, aber wieder ist die wahrscheinliche Antwort: ja. Ein prominenter Fall von illegalem Einsatz von Bitcoin war eine ebay-ähnliche online-Plattform für den Drogenhandel, auf der mit Bitcoin bezahlt wurde. Die Anonymität bei Bitcoin ist hoch ausgeprägt, die Nachvollziehbarkeit von Zahlungsflüssen schwieriger als bei herkömmlichen Überweisungen und die Zuordnung von Bitcoinkonten zu Personen kaum möglich. Dennoch ist es der Polizei in diesem Fall gelungen, den Betreiber der Plattform aufzufinden und anzuklagen. Ironischerweise verfügte der Betreffende zwar über ein großes Bitcoinvermögen aber lebte trotzdem in einem kleinen Apartment in wenig luxuriösen Verhältnissen. Das Kryptogeld zu „echtem“ Geld („Fiat-Money“) zu machen, scheint nämlich eine Herausforderung zu sein, der Umtausch von z.B. Bitcoins in Dollar, Euro oder andere gesetzliche Zahlungsmittel ist nämlich in der Regel damit verbunden, sich ausweisen zu müssen.
Wie könnte man einem Laien denn Blockchain-Technologien erklären?
Eine Blockchain ist im quasi eine Datenbank. Daten werden in sogenannten Blöcken gespeichert, neue Daten in neuen Blöcken werden an bestehende Blöcke angehängt. So entsteht eine verkettete Datenstruktur, eben die Blockchain. Das Besondere an einer Blockchain ist die Anwendung einer Verschlüsselungstechnik, einem kryptographischen Hash. Das bedeutet, dass jeder Block einen digitalen Fingerabdruck hat (der sogenannte Hash-Wert), der auch Teil des nächsten Datenblocks ist. Auch für diesen nächsten Block gibt es wieder einen Hash, der in den folgenden Block eingeht. Der Effekt ist nun, dass jede Änderung von bestehenden Daten in einem bereits in die Blockchain eingebauten Block alle folgenden Hashwerte ändert und sofort offensichtlich wird, dass in den Daten etwas geändert wurde. Eine Manipulation der Daten – etwa im Fall von Bitcoin – würde einen unmöglich großen Rechenaufwand bedeuten, weil das Finden von neuen „gültigen“ Hashwerten nach einer Änderung der Daten äußerst schwierig ist. Darüber hinaus gibt es nicht nur eine zentral gespeicherte Blockchain, vielmehr ist es so, dass alle in einem Netzwerk wie Bitcoin die Blockchain auf dem privaten Rechner speichern können (und viele es auch tun). Das bedeutet wiederum, dass ein „Angreifer“ der die Daten ändern will, alle (oder zumindest sehr viele) private Kopien der Blockchain manipulieren müsste. Das Gelingen dieses Unterfangens ist technisch aus heutiger Sicht ausgeschlossen, weswegen eine Blockchain als eine sehr sichere Datenstruktur anzusehen ist.
Müssen Ihrer Meinung nach solche Technologien reguliert werden?
Die eigentliche Technologie hinter Kryptowährungen, die Blockchain und die Kryptographie dahinter, braucht aus meiner Sicht keine Regulierung, die Anwendung davon, eben Kryptowährungen möglicherweise schon bzw. sogar jedenfalls. Wichtig ist es aus meiner Sicht, jeden (weiteren) Missbrauch zu verhindern, dafür sind wohl Vorschriften, wie Legitimationspflichten aller Nutzer nötig. Allerdings konterkariert so eine Vorgehensweise eben auch den Grundgedanken von Kryptowährungen, nämlich eine dezentrale, anonyme Alternative zu gesetzlichen und zentralbankgesteuerten Währungen zu sein. Am Ende kann jedoch die Zielsetzung der Schöpfer solcher Währungen von noch so löblichen Motiven beseelt sein, wenn das System „Kryptowährung“ einen Schaden für viele zum Vorteil von wenigen bedeuten kann, ist dort einzugreifen.
Welche Vorteile haben diese Technologien? Das Geldsystem wird ja quasi dezentralisiert dadurch und auch ärmere Länder können davon profitieren?
Ein Vorteil ist sicher ein alternativer Zugang zum Geldverkehr. Mit „Wallet-Apps“ können alle die ein Smartphone besitzen, auch grundsätzlich an Krypto-basierten Zahlungsverkehr teilnehmen (z.B. auch Personen, die kein herkömmliches Bankkonto haben bzw. es Ihnen aus Bonitätsgründen verweigert wird). Fraglich ist bei diesem „Vorteil“ allerdings, für wie viele bislang vom herkömmlichen Geldverkehr ausgeschlossene Personen das wirklich zutrifft. Ist es z.B. plausibel, dass ein kontoloser südafrikanischer Minenarbeiter oder eine chinesische Textilarbeiterin ihren Tagelohn ab sofort in Kryptogeld ausbezahlt bekommen werden? Für das gegenwärtige globale Zahlungssystem sind Kryptowährungen aber insofern ein Vorteil, als dass Transaktionen jeder Größe und egal welcher Zieladresse sehr kostengünstig (aktuell rund 20 Cent, auch für Millionenbeträge die von Europa nach Neuseeland oder Honduras überwiesen werden) und vor allem schnell abgewickelt werden können. Eine Bitcoin-Transaktion benötigt in etwa 60 Minuten (das hängt von sogenannten „Bestätigungen“ in der Blockchain ab, die im Schnitt 10 Minuten benötigen und von denen man 6 abwarten sollte), damit die beiden Beteiligten – der Sender und Empfänger der Zahlung – sicher sein können, dass die Zahlung gültig ist und von den anderen Teilnehmern im Bitcoin-Netzwerk anerkannt wird. Aber, keine Vorteile ohne Nachteile: zu berücksichtigen ist, dass es sich noch um eine junge Technologie handelt, die noch reifen muss. Hacker-Angriffe auf Kryptowährungen in den letzten Jahren haben immer wieder gezeigt, dass mit der Verwendung eben auch Risiken verbunden sind.
Die Österreichische Nationalbank drängt auf mehr Regulierung bei Bitcoin und fordert eine Mehrwertsteuer darauf. Wie sehen Sie diesen Aspekt?
Inzwischen hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass es sich bei Kryptowährungsgeschäften um nicht umsatzsteuerpflichtige Transaktionen handelt. Insofern ist die Mehrwertsteuer-Debatte beendet. In Österreich gibt es aber eine eindeutige steuerliche Beurteilung von Gewinnen aus Kryptogeschäften, im Wesentlichen sind diese wie Gewinne aus Wertpapieren zu besteuern.
Würden Sie sich denn selbst auch Kryptowährungen kaufen?
Ja, das habe ich bereits (und zwar um genau 100 Euro). Ich interessiere mich als Wissenschaftler aber mehr für die Funktionsweise der Krypto-Marktplätze, aus diesem Grund möchte ich auch selbst mit kleinen, wenig bedeutenden Beträgen daran teilnehmen. Jeder der es auch tut, sollte Chancen und Risiken aber immer gut abwägen und nicht mehr Geld einsetzen, als er oder sie bereit ist zu verlieren.