Was sind Bitcoin, Blockchain und Co?
Kryptowährungen sind schon seit einiger Zeit im Rampenlicht, doch der Kenntnisstand über diese Materie hinkt der Aufmerksamkeit ein wenig hinterher. Aktuell gibt es über 1.500 Kryptowährungen, die zu einem dezentralen Währungssystem beitragen. Finanzwissenschaftler Alexander Brauneis verschafft einen Überblick über die gängigsten Begriffe und Hintergründe.
Erfunden wurde „Bitcoin“, die erste der aktuell über 1.500 Kryptowährungen, von Satoshi Nakamoto im Jahr 2008. Wer hinter diesem Pseudonym steckt, ist aber nicht bekannt. Die Grundidee von Kryptowährungen ist es, eine dezentrale Währung zu schaffen, die ohne Zentralbanken und anderen Finanzintermediären wie Geschäftsbanken, Kreditkartenunternehmen oder andere Zahlungsverkehrdienstleister auskommen kann. Das bedeutet, dass es keine zentralen Stellen mehr gibt, die manipuliert, korrumpiert oder politisch gesteuert werden könnten. Unabdingbares Element bei Kryptowährungen sind die Verschlüsselungstechniken, die Kryptographien, die Zahlungen absolut sicher machen sollen.
Blockchain
Zu dieser Verschlüsselung trägt eine so genannte „Blockchain“ bei. Daten werden hier in Blöcken gespeichert und wie bei einer Kette aneinandergehängt. So entsteht eine verkettete Datenstruktur. „Das Besondere an einer Blockchain ist die Anwendung einer Verschlüsselungstechnik, einem kryptographischen Hash. Das bedeutet, dass jeder Block einen digitalen Fingerabdruck hat, der so genannte Hash-Wert, der auch Teil des nächsten Datenblocks ist“, sagt Alexander Brauneis vom Institut für Finanzmanagement. Für jeden weiteren Block werden wieder neue Hashwerte generiert. Eine versuchte Manipulation in diesem System würde einen momentan unmöglich großen Rechenaufwand bedeuten. Darüber hinaus gibt es nicht nur eine zentrale Blockchain, sondern viele auf privaten Rechnern. „Jemand, der dieses System manipulieren will, muss somit auch diese finden“, so Brauneis. Eine Umsetzung ist technisch aus heutiger Sicht ausgeschlossen.
Zahlungsverkehr oder Spekulation
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wofür man Kryptowährungen einsetzt: zum Zahlungsverkehr oder zur Spekulation. Berühmt ist der Fall eines IT-Entwicklers, der am 22. 5 .2010 eine Pizzabestellung mit 10.000 Bitcoins bezahlte, damals ca. 40 Dollar, heutiger Marktwert rund 80 Millionen Dollar. Der 22. 5. ist seitdem der „Bitcoin Pizza Day“. Viele Händler akzeptieren mittlerweile Bitcoin und andere Kryptowährungen als Zahlungsmittel, allerdings dürfte das zweite Motiv, Kryptowährungen zu halten – Spekulation – eine wesentlich größere Rolle spielen. „Vor allem die Kursentwicklungen von Kryptowährungen stützen die Spekulationstheorie“, meint Brauneis. „Der Kurs von Bitcoin stieg von 1.000 Dollar auf 20.000 Dollar. Solche Preisblasen hat es in der Geschichte schon vielfach gegeben, im 17. Jahrhundert waren es Tulpenzwiebeln, später Eisenbahnaktien und zuletzt Dotcom-Aktien und Immobilienpreise. Sehr wahrscheinlich wollten viele Privatanleger vom Hype profitieren und haben Bitcoins & Co erworben. Dass es sich dabei um ein hochriskantes Investment handelt, wurde von vielen ignoriert, die Preise sind stark schwankend“, führt Brauneis weiter aus.
Regulierung der Kryptowährung
Brauneis verweist auf Vorschriften und Legitimationspflichten. „Die eigentliche Technologie hinter Kryptowährungen, die Blockchain und die Kryptographie, braucht aus meiner Sicht keine Regulierung, die Anwendung davon jedenfalls.“ Wichtig sei es aus seiner Sicht, jeden weiteren Missbrauch zu verhindern, dafür seien wohl Vorschriften wie Legitimationspflichten aller Nutzer nötig. Allerdings, so Brauneis, konterkariert so eine Vorgehensweise eben auch den Grundgedanken von Kryptowährungen, nämlich eine dezentrale, anonyme Alternative zu gesetzlichen und zentralbankgesteuerten Währungen zu sein. „Am Ende kann jedoch die Zielsetzung der Schöpfer solcher Währungen von noch so löblichen Motiven beseelt sein, wenn das System Kryptowährung einen Schaden für viele zum Vorteil von wenigen bedeuten kann, ist dort einzugreifen.“
Vorteil von Kryptowährungen
Personen ohne herkömmliches Bankkonto können am krypto-basierten Zahlungsverkehr nun teilnehmen. Fraglich ist, für wie viele bislang vom herkömmlichen Geldverkehr ausgeschlossene Personen das wirklich zutrifft. Ist es plausibel, dass ein kontoloser südafrikanischer Minenarbeiter oder eine chinesische Textilarbeiterin ihren Tagelohn ab sofort in Kryptogeld ausbezahlt bekommen werden? Auf diese Frage antwortet Brauneis: „Für das gegenwärtige globale Zahlungssystem sind Kryptowährungen aber insofern ein Vorteil, als dass Transaktionen jeder Größe und egal welcher Zieladresse sehr kostengünstig sind. Aktuell sind es rund 20 Cent, auch für Millionenbeträge, die von Europa nach Neuseeland oder Honduras überwiesen werden und vor allem schnell abgewickelt werden können.“ Die Anonymität bei Bitcoins ist hoch ausgeprägt und die Nachvollziehbarkeit von Zahlungsflüssen schwieriger. Somit sind Kryptowährungen de facto verlockend für kriminelle Aktivitäten.
Kryptowährungen sind aber nur bedingt als gute Investition für Privatpersonen zu sehen. Alexander Brauneis habe sich um 100 Euro Kryptowährungen gekauft, rät aber dazu, Chancen und Risiken immer gut abzuwägen und nicht mehr Geld einzusetzen, als man bereit ist zu verlieren. Derzeit befindet sich der Bitcoin weiter auf Talfahrt und parallel dazu auch der Wert aller anderen virtuellen Münzen. Es werden aber nach wie vor Münzen geschürft, indem Computer weltweit höchst energieintensive Rechenoperationen durchführen. Allein für das Produzieren neuer Bitcoin Münzen gehen nach derzeitigen Berechnungen dieses Jahr über 70 Terawattstunden drauf, das ist mehr als Österreich in einem Jahr an Energie verbraucht.
für ad astra: Patricia Leitgeb
Zur Person
Alexander Brauneis ist assoziierter Professor am Institut für Finanzmanagement, Abteilung Finance & Accounting der Universität Klagenfurt. Er studierte Betriebswirtschaft an der Universität Graz und ist seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der AAU. 2014 wurde ihm die venia docendi für das Fach „Allgemeine Betriebswirtschaft“ verliehen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u. a. in der empirischen und quantitativen Finanzmarktforschung, der angewandten Ökonometrie, Kryptowährungen und der Marktmikrostruktur von Kryptomärkten.