Vom Forschen im Ausland
Im Rahmen eines FWF-Projekts forschte Politologin und Friedensforscherin Claudia Brunner für zwei Monate an der Queen Mary University of London (QMUL).
In ihrer aktuellen Forschungsarbeit beschäftigt sich Claudia Brunner vom Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik der AAU mit der Theoretisierung von epistemischer Gewalt, die in unserem Wissenschaftssystem tief verankert ist. Dabei widmet sie sich dem Zusammenhang von Wissensproduktion und Gewalt und der Kolonialität von Wissen. Für die School of Politics and International Relations an der Queen Mary University of London entschied sie sich aufgrund der in London lebendigen Forschungsszene zum Thema post- und dekoloniale Kritik und wegen der an diesem Institut starken Präsenz von Politischer Theorie in der Disziplin der Internationalen Beziehungen. Beide Felder konnte sie während ihres Gastaufenthalts besser kennenlernen und im Austausch mit den dortigen WissenschaftlerInnen durch ihre transdisziplinäre und Forschungsperspektive bereichern.
Bei einem internationalen Workshop zum Thema „Exploring Epistemic Violence“, den Brunner gemeinsam mit Dr. Robbie Shilliam von der QMUL organisierte, präsentierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen gegenseitig ihre Arbeiten über Dekolonisierung von Wissen und Macht. Der Workshop diente den TeilnehmerInnen als intensive Diskussions- und Vernetzungsplattform sowie der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, der durch Studierende und DoktorandInnen vertreten war. Die British International Studies Association, deren Mitglied Brunner ist, bzw. deren „colonial/postcolonial/decolonial working group“, sorgte für finanzielle Unterstützung.
Bis Ende Februar bleibt Claudia Brunner noch in London. Über ihren Gastaufenthalt weiß sie viel Positives zu berichten: „Besonders wertvoll empfand ich den fachlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, die an der Schnittstelle Internationale Politik/Politische Theorie/Post- und Dekoloniale Kritik forschen sowie die lebendige und wertschätzende Diskussionskultur am Institut, die sich in mehreren Formaten manifestiert. Darüber hinaus konnte ich während meines Aufenthalts bei der spannenden Vorlesung zu ‚Rassismus in den Internationalen Beziehungen‘ hospitieren und somit eine wunderbar gelungen Verbindung von Forschung, Lehre und gesellschaftlicher Wirksamkeit erleben. Daneben war es für eine ‚Kontinentaleuropäerin‘ natürlich auch spannend, die aktuellen EU-Debatten aus britischer Perspektive kennenzulernen und mit PolitologInnen vor Ort zu diskutieren.“
Was sie in ihrer Zeit in London allerdings nachdenklich stimmte, „ist die zunehmende Privatisierung und Kommodifizierung von Wissen und Bildung in Großbritannien, und die damit einhergehenden sozialen und zum Teil auch inhaltlichen Schließungsprozesse. Diese Entwicklung, inklusive zunehmender elektronischer Überwachungs- und Kontrollmechanismen im studentischen und akademischen Alltag, stellen ein eher abschreckendes Zukunftsszenario für die Entwicklung der Hochschulen auch in Österreich dar.“