20. Sommerkolleg Bovec zu „Ökologie und Umwelt im Alpen-Adria Raum“
In Vorträgen und Workshops bearbeiten die 45 TeilnehmerInnen österreichischer, slowenischer, italienischer, kroatischer, serbischer und mazedonischer (Partner)Universitäten von 15. bis 29. August 2013 das gemeinsame Generalthema.
Das Sommerkolleg Bovec, das von 15. bis 29. August 2013 im gleichnamigen Ort im Oberen Sočatal in Slowenien stattfindet, widmet sich in diesem Jahr einem gesellschaftlich sensiblen Bereich. In Vorträgen und Workshops bearbeiten die 45 TeilnehmerInnen österreichischer, slowenischer, italienischer, kroatischer, serbischer und mazedonischer (Partner)Universitäten das Generalthema „Ökologie und Umwelt im Alpen-Adria Raum“. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Österreich, Slowenien und Italien behandeln die Studierenden unter anderem Fragen der solidarischen Ökonomie, der physikalischen Grenzen des Wirtschaftens und der Generationengerechtigkeit sowie der nachhaltigen Mobilität bzw. des Ökosystems der nördlichen Adria. In Exkursionen erfahren die Studierenden mehr über die Lebensbedingungen in geographisch und wirtschaftlich exponierten Randzonen. So verdeutlicht etwa die von der Gemeinde Bovec gemeinsam mit dem Besucherzentrum des Triglav Nationalparks veranstaltete Exkursion durch das Trentatal die Folgen von Wirtschaftswandel und Abwanderung in einer gebirgigen Region. Die vom Universitätskulturzentrum UNIKUM geführte Ganztagesexkursion nach Dordolla und Drentus (Friaul) hingegen zeigt, unter welchen Bedingungen kleinräumige Ökolandwirtschaft möglich ist.
Die Arbeitssprachen des Sommerkollegs sind zugleich die Sprachen des Alpen-Adria-Raums: Deutsch, Slowenisch, Kroatisch, Italienisch und Friulanisch. In intensiven Sprachkursen am Vormittag erwerben bzw. vertiefen die Studierenden ihre Kenntnisse dieser Sprachen und können sie mit muttersprachlichen KollegInnen anwenden.
Das Sommerkolleg Bovec wird in diesem Jahr zum zwanzigsten Mal durchgeführt. Dieser Tatsache wurde gleich zu Beginn, am Freitag, dem 16. August 2013 in einer gemeinsam mit der Gemeinde Bovec veranstalteten Feier Rechnung getragen.
Vladimir Wakounig, Leiter des Sommerkollegs, erläuterte in seiner zweisprachigen Ansprache die Entstehungsgeschichte und die bildungspolitische Bedeutung, die das Sommerkolleg seit 1994 im geographischen Zentrum des Alpen-Adria-Raumes innehat:
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Den Beginn dieser internationalen Begegnungen von Studierenden und Lehrenden können wir nur verstehen, wenn wir auch den historischen Kontext dazu berücksichtigen. Die Vorgeschichte dazu sind die großen europäischen politischen Umwälzungen am Ende der 80-er bzw. am Beginn der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Der Fall der Berliner Mauer, der Prozess der Auflösung des ehemaligen Jugoslawiens und der ehemaligen Sowjetunion. Diese politischen Ereignisse haben vor allem eines bewirkt – die Grenzen sind offener und durchlässiger geworden. Die offenen Grenzen haben Menschen eingeladen, sie zu überschreiten, sie nicht mehr als Hindernisse wahrzunehmen und mit Menschen jenseits der Grenzen in einen lebendigen Kontakt zu treten.
Die Distanz, die jahrzehntelang zwischen den Staaten herrschte und mit der Menschen lange lebten, ist nicht über Nacht gewichen. Zu lange und zu intensiv war jene Zeit, in der sich gegenseitige Feindbilder, Vorbehalte, Misstrauen und Ablehnungen in den Köpfen der Menschen festgemacht haben. Menschen näherten sich der neuen Realität der offenen Grenzen nicht nur mit Euphorie und Neugier, sondern vielfach mit Skepsis, Unwissenheit und Vorurteilen. Die Bewunderung für das Neue und Unbekannte war zurückhaltend. Vielfach waren entfernte Länder wie Mallorca oder Kanarische Inseln vertrauter als das Unmittelbare sofort jenseits der Grenze. Man wusste oft mehr über die Menschen und ihre Geschichte aus einem Urlaubsland als etwa über das Leben aus der benachbarten Grenzregion.
Der Beginn der 90-er Jahre war getragen von einer sehr starken politischen Rhetorik der Annäherung, des europäischen Integrationsprozesses, der Bedeutung der Mehrsprachigkeit, der Multikulturalität und der Regionen Europas. Ob Menschen wussten, was sich hinter diesen Schlagwörtern versteckte, ist eine andere Frage?
Die Initiatoren dieses Sommerkollegs hatten eine Vision von einem gemeinsamen mehrsprachigen und multikulturellen Raum und sie wollten ihn von unten aufbauen. Ich nenne hier stellvertretend den verstorbenen und ersten Leiter des Sommerkollegs Andreas Moritsch sowie seinen Nachfolger und mittlerweile ebenfalls verstorbenen Karl Stuhlpfarrer.
Das erste Sommerkolleg in Bovec fiel in eine politisch offene Zeit. Dieses Zeitfenster bot die Gelegenheit, mit dem Sommerkolleg eine besondere Bildungsinitiative für junge heranwachsende Studierende und Intellektuelle in der Alpen-Adria-Region zu starten. Bovec und die Umgebung waren geradezu prädestiniert, das Zusammenwachsen einer mehrsprachigen Dreiländerregion zu studieren, zu erproben und zu reflektieren.
Die historische, kulturelle und sprachliche Vielfalt dieses Ortes ist ein einzigartiges Modell, um über gemeinsame grenzüberschreitende Initiativen nachzudenken. Bovec ist ein besonderer Bildungsort, um über die gesellschaftliche Vielfalt, die dieser Ort mit sich trägt, nachzudenken und zu diskutieren.
Das Sommerkolleg ist in einer Region angesiedelt, die in ihrer Geschichte von gegensätzlichen, belastenden und traumatisierenden politischen Ereignissen geprägt wurde. Umso wichtiger ist es, dass das Sommerkolleg zu einem wichtigen interkulturellen Friedensprojekt geworden ist.
Dieses Bildungsprojekt hat in seiner Vergangenheit Vieles erreicht. Generationen von Studierenden aus Italien, Österreich, Slowenien, Kroatien, Mazedonien, Slowakei und der Ukraine haben am Sommerkolleg teilgenommen. Die Studierenden haben eine neue Sprache gelernt, haben neues Wissen erworben, haben die historischen, kulturellen, sprachlichen und geographischen Besonderheiten dieser Region kennen und schätzen gelernt.
Was aber ganz wichtig ist – Studierende bauen hier Freundschaften und Beziehungen auf. Das Sommerkolleg ist ein bedeutsamer für Ort für das emotionale und soziale Lernen. Diese Form des Lernens ist notwendig, um sich gegenseitig wertzuschätzen und sich ein anderes Bild vom Anderen zu machen. Diese Form des Lernens ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass man bereit ist, sich für eine Region gemeinsam zu interessieren, zu engagieren und zu gestalten. Ich hoffe, dass es auch diesmal so sein wird und wünsche allen – den Studierenden, den Lehrenden, der Gemeinde und den SympathisantInnen eine interessante und erfolgreiche Sommerschule.
Ko je leta 1994 stekla prva Poletna šola, takrat pod imenom Poletna univerza, si najbrž nihče od pobudnikov ni mislil, da bo ta mednarodni izobraževalni projekt dobil tako časovno razsežnost in tako trajnost. Iz današnje perspektive lahko rečemo, da je Poletna šola v Bovcu nekaj izvenrednega, posebnega in enkratnega.
Nastala je v posebnem in izjemnem političnem kontekstu. Historično gledano, je bil to čas velikih družbenih, političnih in socialnih preobratov v Evropi. Pobudo za ta projekt lahko samo dojamemo, če vemo, da sta konec 80-ih let in začetek 90-ih let prejšnjega stoletja spremenila politično podobo Evrope. Padec Berlinskega zidu, razpad bivše Sovjetske zveze in razpad Jugoslavije so ustvarili novo družbeno in politično realnost. Politični preobrat v Evropi je odprl meje, ki so postale prepustne in ki so naravnost vabile ljudi, da jih prekoračijo in da jih ne dojemajo več kot ovire. Odprte meje so vabile k drugačnemu dojemanju obmejnih prostorov in k medsebojnemu prekomejnemu sodelovanju.
Sami vemo, da ni bilo možno čez noč zamenjati političnih paradigm, da ni bilo možno, čez noč videti onostranstvo in čezmejstvo kot udomačeno soseščino. Proces približevanja ni bil vedno lahek in brez pridržkov. Kajti obdobje, ki je temeljilo na ločevanju in razdvajanju je zapustilo v glavah ljudi zapustilo svoje sledove –predsodke, nezaupanje, skepso in tudi veliko nevednosti.
Začetki 90-ih let so bili polni politične retorike, retorike, ki je apelirala na zbliževanje, na evropski integracijski proces, na pomen večjezičnosti in večkulturnosti. Model evropskih regij – to je postal nov politični slogan.
Tembolj pomembno se mi zdi, da so pobudniki te bovške Poletne šole dojeli in izrabili to odprto časovno okence in so razvili izobraževalno ponudbo, ki je vsekakor nekaj enkratnega. Imenoval bi na tem dve osebi: rajnega Andrea Moritscha prvega vodjo Poletne šole in njegovega naslednika, pravtako rajnega, Karla Stuhlpfarrerja.
Historična, kulturna in jezikovna raznolikost Bovca je poseben model, kjer lahko študirajoča mladina kot bodoči intelektualci razmišlja o skupnih prekomejnih iniciativah in si pridobi kompetence v regionalnih in manjšinskih jezikih.
Ravno zato, ker zgodovina temu kraju ni prizanašala, se mi zdi pomembno, da živi in deluje Poletna šola tu v tem kraju kot pomemben medkulturni mirovni projekt, ki skuša pridobiti mlade ljudi, da se zavedajo svoje odgovornosti pri razvijanju in ohranjevanju družbene raznolikosti.
Ta projekt Poletne šole je veliko dosegel in spremenil. Mnogo študentskih generacij iz Slovenije, Avstrije, Italije, Hrvaške, Macedonije, Slovaške in Ukrajine se je v teh 20 letih udeležilo Poletne šole. Tu so si osvojili nove jezike in pridobili novo znanje o aktualnih družbenih temah. Študenti so to okolico spoznali kot nekaj posebnega, spoznali so kulturne, politične, jezikovne, socialne in ekonomske posebnosti tega kraja. Kar pa je posebej pomembno – tu so nastala nova poznanstva in prijateljstva. In prav je – da Bovec ni samo kraj kognitivnega učenja, ampak tudi kraj emocijonalnega in socialnega učenja. Zelo upam, da Poletna šola ostane kot neke vrste kal, iz katerega vzklije veliko idej za sodelovanje, medsebojno spoštovanje in sožitje v alpsko jadranki regiji. Pobudniki Poletne šole so imeli vizijo in del te vizije uresničujemo danes.
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Die Feier anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Sommerkollegs wurde mehrsprachig gestaltet. Die Übersetzung übernahm Andrea Wernig, Projektsekretärin des Sommerkollegs. Der Bürgermeister der Gemeinde Bovec, Siniša Grmovšek, betonte in seiner Grußbotschaft die außergewöhliche Bedeutung, die dieses Sommerkolleg für den Ort und seine Umgebung hat, und sprach in diesem Zusammenhang von einer kostbaren Gelegenheit, die man beim Schopf packen müsse. Die Vizerektorin für Lehre und Internationale Beziehungen, Cristina Beretta, erinnerte in ihrer in drei Sprachen gehaltenen Rede an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor knapp hundert Jahren und unterstrich, dass man in Bovec – einst umkämpfte Frontlinie – seit zwanzig Jahren an der Verbindung und Vernetzung eines de facto existierenden Natur- und Kulturraums, den wir Alpen-Adria-Raum nennen, arbeitet. Boris Jesih, Staatssekretär der Republik Slowenien, betonte die Wichtigkeit einer umfassenden Bildung, zu der zweifelsohne auch das Sommerkolleg Bovec beiträgt. Dušan Nečak, Historiker an der Philosophischen Fakultät der Universität Ljubljana, unterstrich die Bedeutung dieser langjährigen universitären Kooperation nicht nur für die beteiligten Partneruniversitäten, sondern für die Region als Ganzes. Anton Gosar, Dekan der Faculty of Tourism Studies an der University of Primorska/Univerza na Primorskem, erinnerte in seiner Grußbotschaft an die Idee eines gemeinsames Lern- und Arbeitsraumes im Dreiländereck, deren Verwirklichung unter der Leitung des verstorbenen Historikers Andreas Moritsch vor 20 Jahren begann. Die am 1. August ihre Amtsperiode angetretene Leitung der Universität Triest bekräftigte in ihrem Schreiben die gute Zusammenarbeit und die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Universitäten des Alpen-Adria-Raumes, die seit zwei Jahrzehnten im Rahmen des Sommerkollegs Bovec stattfinden. Jurij Kunaver, emeritierter Professor der Universität Ljubljana, verwies unter Berufung auf den Triestiner Autor Boris Pahor auf den Beitrag, den das Sommerkolleg für die Sichtbarmachung der kleineren europäischen Sprachen leistet.
Die Feier endete mit einer von Štefan Pinter erstellten Slideshow, die einen bildlichen Rückblick auf 20 Jahre interkulturelle Arbeit im Rahmen des Sommerkollegs vermittelte.
Das Sommerkolleg / Poletna šola / Corsi universitari estivi di Bovec finanzieren: das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, die Universitäten Klagenfurt, Ljubljana, Koper, Triest und Udine sowie Sponsoren aus dem privaten und öffentlichen Bereich.
Weiterführende Links:
Programm des Sommerkollegs Bovec 2013: www.uni-klu.ac.at/alpen-adria/downloads/Programm_Bovec_2013_ohne_logo.pdf
Gemeinde Bovec: www.obcina.bovec.si
Museum Stergulčeva hiša, Bovec: www.obcina.bovec.si/stergulceva-hisa
Nationalpark Triglav: www.tnp.si
Drentus/ Aupatal: Tiereviere – AgriKultura Alpina, www.tiereviere.net