Wie viel Sicherheit braucht der Friede?
Werner Wintersteiner hat an einer Publikation des Friedenscluster-Partners Schlaining mitgewirkt. Das Buch mit seinem „Bescheidenen Vorschlag zum Umbau des Verteidigungsministeriums in ein Ministerium für Frieden und Sicherheit“ ist im Jänner erschienen.
Konflikt und Kooperation kennzeichnen die Sicherheitspolitik Österreichs und der EU: Diskussionen über nationale Wehrsysteme, die Sicherheitsstrategie Österreichs und der EU, die ständig wiederkehrende Debatte um die Eurofighter oder die zahlreichen Auslandseinsätze des Heeres rund um den Globus. „Wieviel Sicherheit braucht der Friede?“ beschäftigt sich jedoch auch mit grundlegenden Fragen: Wozu ein Heer? Welche Aufgaben soll es erfüllen? Welcher Friede soll mit welchen Mitteln erreicht werden? Wo endet die Kompetenz des Militärs bei der Sicherheit? Welchen unverwechselbaren friedenspolitischen Beitrag kann und soll das neutrale Österreich im internationalen Kontext leisten? Wie werden sich künftige EU-Auslandseinsätze gestalten, wenn sich wirtschaftliche und geopolitische Auseinandersetzungen um Rohstoffe verstärken?
Der Sammelband zeichnet sich durch eine nahezu einmalige Kooperation zwischen Militärs und FriedensforscherInnen aus. Er wurde von Johann Frank (Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport) sowie Thomas Roithner und Eva Huber (Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung auf der Friedensburg Schlaining) herausgegeben. Das Zentrum kooperiert im „CPDC“ (Conflict-Peace-democracy-Cluster) über das Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik mit der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
In seinem Artikel kritisiert Werner Wintersteiner, das bei der gesamten Debatte über die Volksabstimmung die eigentliche Frage – die nach den Notwendigkeiten und Zielen eines Bundesheers – fast gar nicht diskutiert wird. Und das, so Wintersteiner, sei vielleicht kein Zufall: Denn es herrscht gerade auch unter Militärexperten Übereinstimmung, dass Österreich unter den heutigen Bedingungen weder militärisch verteidigt werden kann, noch verteidigt zu werden braucht. Allerdings wird, in dem Maße, wie sich die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU entwickelt, ein Beitrag zur kollektiven Verteidigung der Union fällig. Dieser Solidarbeitrag muss aber keineswegs militärischer Natur sein. Im Gegenteil, die EU hat ein enormes Defizit im Bereich ziviles Krisenmanagement. Wenn sich Österreich auf diesem Feld spezialisiert, kann es längerfristig sein außenpolitisches Gewicht sehr erhöhen. In diesem Sinne schlägt Wintersteiner ein gänzliches Umdenken vor: Redimensionierung und Umwandlung des militärischen Teils des Bundesheeres in eine permanente UNO-Truppe, Übertragung aller zivilen Aufgaben des Heeres an zivile Organisationen und Nutzung der freiwerdenden Mittel zum Aufbau einer zivilen österreichischen „Friedenstruppe“ für Konfliktprävention, zivile Konfliktbearbeitung und Konfliktnacharbeit. Dies alles koordiniert und geleitet von einem Ministerium für Sicherheit und Frieden. Der Verzicht auf militärische Landesverteidigung würde somit nicht den vollkommenen Verzicht auf ein Militär bedeuten, sondern seine Umwandlung in eine „Friedenstruppe“ ausschließlich für völkerrechtlich legitimierte Einsätze (UN-Mandat). „Dies würde schlagartig Österreichs internationale Position stärken“, so Wintersteiner.