Grenzen der Leistungsfähigkeit der Ökosysteme

In einem „Letter to SCIENCE“ in der gleichnamigen Zeitschrift diskutiert Karl-Heinz Erb mit Co-AutorInnen, wie wir mit der Messung von Biomasseproduktion und -verbrauch die Grenzen der „Produktivkraft der Ökosysteme“ besser verstehen können.

Das zukünftige Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung steht vor der Herausforderung, mit globalen biophysischen Grenzen, etwa Ressourcenknappheit (Land, Energie, Rohstoffe), aber auch der Belastbarkeit der Biosphäre (z. B. Treibhausgasemissionen) umzugehen. Ein viel versprechender Indikator, der in diesem Zusammenhang immer wieder genannt wird, und der an der Alpen-Adria-Universität erforscht wird, ist die menschliche Nutzung bzw. „Aneignung“ der Nettoprimärproduktion, also der Biomasseproduktion der grünen Pflanzen. Die Nutzung von Biomasse ist Grundlage aller menschlichen und tierischen Nahrungsketten. Darüber hinaus stellt Biomasse nicht nur eine Energiequelle dar, sondern ist auch für die Kohlenstoffsenkenfunktion der Ökosysteme wichtig.

In einem aktuellen „Letter to Science“ diskutiert Karl-Heinz Erb vom Institut für Soziale Ökologie der Alpen-Adria Universität mit zwei Co-Autoren von der AAU und mehreren internationalen KollegInnen, wie wir mit der Messung von Biomasseproduktion und -verbrauch die Grenzen der „Produktivkraft der Ökosysteme“ besser verstehen können. „Wir weisen darauf hin, welche Faktoren – wie zum Beispiel die Landnutzungsintensität – wichtig sind, um die globalen Grenzen der Leistungsfähigkeit der Ökosysteme besser zu verstehen“, sagt Karl-Heinz Erb.

Noch komplexer ist diese Frage allerdings auf nationaler Ebene, etwa für Österreich. Denn Biomasse wird zunehmend gehandelt – die Handelsvolumina steigen viel schneller als Produktion und Verbrauch von Biomasse. Damit sind nationale Strategien, z. B.  zu Bioenergie, Raumplanung, Agrarpolitik oder Ernährung zusehends mit globalen Auswirkungen verbunden. Diese können mit dem Indikator „embodied HANPP“ (eHANPP) sichtbar gemacht werden, der die globalen Auswirkungen des Biomassekonsums (Nahrung, Bioenergie usw.) eines Landes auf die globale Nettoprimärproduktion misst.

„Wenn wir bei der Produktion von Gütern die insgesamt angeeignete Biomasse mitrechnen, importiert Österreich mehr Biomasse als es exportiert. Die leicht negative Bilanz mag überraschen. Im Verhältnis zum nationalen Verbrauch wird in Österreich sehr viel Biomasse importiert und exportiert. Daher dürfen wir die Vorleistungen des Handels nicht ignorieren. Die globalen Auswirkungen von Biomasseproduktion können mit eHANPP dargestellt werden und damit zu einem besseren Verständnis von notwendigen Maßnahmen führen“, meint Helmut Haberl. In einem Artikel im Dezemberheft von „Ecological Economics“ (vol 84, S.66ff) stellen Helmut Haberl und sein Team nun diese um Handelsdaten erweiterte Berechnung des österreichischen Biomasseverbrauchs vor.
Karlheinz Erb, Helmut Haberl, Ruth DeFries, Erle C. Ellis, Fridolin Krausmann, Peter H. Verburg (2012): NPP-based planetary boundaries for land use: A moving target. Science, 14.12.2012.

Helmut Haberl, Thomas Kastner, Anke Schaffartzik, Nikolaus Ludwiczek, Karl-Heinz Erb (2012). Global effects of national biomass production and consumption: Austria’s embodied HANPP related to agricultural products in the year 2000. Ecological Economics, 84, 66-73 (http://dx.doi.org/10.1016/j.ecolecon.2012.09.014).

English press release

 

Grafik zu eHANPP | Foto: aau/KK

Grafik zu eHANPP | Foto: aau/KK

Bildunterschrift: Österreichs Handelsbilanz in eHANPP von landwirtschaftlichen Produkten. Rötliche Töne zeigen Länder, die uns mit Biomasse versorgen, bläuliche Töne stehen für Länder, in die wir diese exportieren.

 

Karl-Heinz Erb | Foto: Pilo Pichler

Karl-Heinz Erb | Foto: Pilo Pichler

 

Helmut Haberl | Foto: Pilo Pichler

Helmut Haberl | Foto: Pilo Pichler