43.000 Arbeitskräfte fehlen in Kärnten im Jahr 2030
Der Kärntner Arbeitsmarkt wird besonders vom demographischen Wandel betroffen sein. Abgesehen vom zu erwartenden Arbeitskräftemangel stellt dabei auch das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung bzw. der Erwerbstätigen eine große Herausforderung dar.
Gilt für Gesamtösterreich, dass die Alterung sowie die rückläufigen Wachstumsraten der Bevölkerung quantitativ als auch qualitativ Herausforderungen in Hinblick auf das Arbeitskräfteangebot mit sich bringen, so trifft dies für Kärnten verstärkt zu: Kärnten ist das einzige Bundesland Österreichs, das bereits gegenwärtig mit einer stagnierenden Bevölkerungsentwicklung konfrontiert ist. Zudem hält das Bundesland den höchsten Anteil an Personen über 64 Jahren im Bundesländervergleich. Das fehlende Bevölkerungswachstum und die Alterung der Gesellschaft bewirken zugleich einen Rückgang der potenziellen Erwerbsbevölkerung (15-64 Jahre) um rund 8 % bis zum Jahr 2030. Dieser Rückgang trifft dabei alle Kärntner Bezirke, die stärkste Betroffenheit ist jedoch für die eher ländlich geprägten Bezirke Ober- und Unterkärntens zu erwarten. „Insbesondere in diesen Regionen gilt es, den demographisch bedingten Herausforderungen am Arbeitsmarkt frühzeitig zu begegnen“, so Birgit Aigner-Walder, eine der Studienautoren (Institut für Höhere Studien Kärnten).
Die Analyse des Kärntner Arbeitsmarktes zeigt, dass die Arbeitsmarktentwicklung im Wesentlichen dem Bundestrend entspricht; den Kärntner Arbeitsmarkt kennzeichnet jedoch eine überdurchschnittliche Arbeitslosenquote bzw. eine unterdurchschnittliche Erwerbsquote. Zudem war die Beschäftigungsdynamik in den vergangenen Jahren nur schwach, wie Robert Klinglmair, ebenfalls Studienautor, (Institut für Volkswirtschaftslehre der Alpen-Adria-Universität sowie IHS Kärnten) festhält. Innerhalb Kärntens sind deutliche regionale Unterschiede wesentlicher Arbeitsmarktkennzahlen beobachtbar; insgesamt kommen dabei Unterschiede von Wirtschaftsstruktur und wirtschaftlicher Dynamik der einzelnen Arbeitsmarktbezirke zum Ausdruck. Wie auch österreichweit ist der Kärntner Arbeitsmarkt von einem Wandel hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft geprägt: während der primäre Sektor und der produzierende Bereich weiter an Bedeutung verlieren, gewinnt der Dienstleistungssektor zunehmend an Gewicht. Dabei werden strukturelle Problemfelder am Kärntner Arbeitsmarkt vor allem im Bereich von Geringqualifizierten und älteren ArbeitsmarktteilnehmerInnen identifiziert.
Auch eine Analyse des Aus- und Weiterbildungsmarktes macht strukturelle Probleme in Hinblick auf „bildungsferne“ Gruppen und ältere ArbeitsmarktteilnehmerInnen deutlich. Grundsätzlich wurde in den vergangenen Jahrzehnten eine Bildungsexpansion beobachtet; diese hat jedoch nicht alle Bevölkerungsschichten gleichmäßig erreicht. Kärnten fällt vor allem durch einen überdurchschnittlichen Anteil an Sekundarabschlüssen auf, während Hochschulabschlüsse sowie der Anteil von Personen mit höchstens Pflichtschulbildung unter dem österreichischen Durchschnitt rangieren. Nach Arbeitsmarktbezirken bestehen hinsichtlich des Bildungsniveaus der Wohnbevölkerung starke regionale Unterschiede; auch hinsichtlich des Bildungsniveaus nach Alter (bzw. nach Geschlecht) werden (regionale) Unterschiede verzeichnet, wie Volkswirt Klinglmair festhält.
Auf Basis der – im Rahmen des von der Wirtschaftskammer Kärnten beauftragten Forschungsprojektes – durchgeführten Analysen wurde eine grobe Abschätzung der Auswirkungen des demographischen Wandels auf den Arbeitsmarkt in Kärnten getroffen. Im Konkreten erfolgte ein Abgleich des ermittelten Arbeitskräftebedarfs nach Qualifikationsniveau mit dem zu erwartenden Arbeitskräfteangebot. „Insgesamt werden am Kärntner Arbeitsmarkt im Jahr 2030 rund 43.000 Arbeitskräfte fehlen“, so Volkswirtin Aigner-Walder. Der Großteil davon entfällt auf Personen mit Lehrabschluss bzw. berufsbildender mittlerer Schule, also das klassische Fachkräftepotenzial, wo bereits gegenwärtig ein Mangel beklagt wird. Daneben werden rund 17.200 Personen mit Hochschulbildung fehlen.
Der Kärntner Arbeitsmarkt wird damit im besonderen Maße vom demographischen Wandel betroffen sein. Abgesehen von dem zu erwartenden deutlichen Arbeitskräftemangel stellt dabei auch das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung bzw. der Erwerbstätigen eine zentrale Herausforderung dar; beide Entwicklungen sind als Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung Kärntens zu sehen, wie die StudienautorInnen festhalten. Sowohl politische EntscheidungsträgerInnen als auch Unternehmen seien demnach gefordert, rasch proaktiv tätig zu werden und im Arbeits- und Bildungsbereich verstärkt Interventionsmaßnahmen zu setzen, um den negativen Auswirkungen der demographischen Entwicklung zu begegnen. Potenzielle Lösungsansätze reichen dabei von einer Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer als auch Frauen im Generellen, über gezielte Migrationspolitik und verstärkte Investitionen in Bildung bis hin zu Altersstrukturanalysen und Maßnahmen zur Bindung und Qualifizierung Älterer im Unternehmen, betrieblicher Gesundheitsförderung als auch einer institutionalisierten Form des generationenübergreifenden Wissenstransfers. Im Rahmen eines Sozialpartnergipfels wurden bereits erste Weichenstellungen in diese Richtung gesetzt und folgend von einer Expertenkommission erste detaillierte Maßnahmen ausgearbeitet.