Wenn das Amt spricht

WissenschaftlerInnen befassen sich mit der Sprache, die früher von Ämtern und Kanzleien genutzt wurde, um mit ihrem Klientel zu kommunizieren. Der internationale Arbeitskreis Kanzleisprachenforschung veranstaltet dazu eine Tagung Anfang September.

Amtssprachen kennen wir heute alle durch die EU und internationale Behörden, wie die UNO. Amtssprachen, im engeren Sinne, sind die Sprachen, in denen Regierungen und Behörden miteinander kommunizieren, im weiteren Sinne werden darunter auch die Sprachen der Parlamente, Gesetzestexte und Gerichte verstanden. In der EU sind derzeit 23 Sprachen als Amtssprachen anerkannt, was immer wieder zu Diskussionen führt. Dabei wird häufig vergessen, dass es den Begriff Amtssprache im 19. Jahrhundert im Deutschen noch gar nicht gab, vielmehr waren Kanzleisprache und Kanzleistil bekannt.

Recht wurde im frühen Mittelalter zwar auf Deutsch gesprochen, aber nicht geschrieben, sondern in Latein beurkundet. „Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts begann sich die Rechtsfähigkeit der deutschen Sprache im schriftlichen Bereich allmählich gegen die Dominanz des Lateinischen durchzusetzen“, erklärt der Germanist und Organisator der Tagung Jörg Meier (Institut für Germanistik). Aufgrund immer komplexerer Kommunikationsabläufe, die nicht mehr (nur) mündlich zu bewältigen waren und in größerem Maße des Lateinischen Unkundige betrafen, kam es im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit zu einer Ausweitung des Deutschen als Geschäfts- und Verwaltungssprache. Neben kirchlichen und fürstlichen wurden zunehmend städtische Kanzleien eingerichtet. Der öffentliche Schriftverkehr und die geschäftliche Korrespondenz wurden wichtiger und es wurde bedeutsamer, Inhalte schriftlich zu fixieren. Diese Entwicklungen führten zur Vermehrung und Differenzierung der Textsorten. Es entwickelten sich eigene Kanzleisprachen, die sich nach Funktionen, wie z.B. Rats- oder Bischofskanzlei, sowie nach Ländern und Regionen unterschieden. Die großen Kanzleien der weltlichen und geistlichen Herrscher wurden dabei stilbildend für die gesamte deutsche Sprache.

An der diesjährigen Tagung des Arbeitskreises, die vom 6.-9. September an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt unter dem Motto Perspektiven und Desiderate der europäischen Kanzleisprachenforschung stattfinden wird, nehmen sowohl etablierte und renommierte Expertinnen und Experten aus insgesamt acht europäischen Ländern teil (Deutschland, Lettland, Österreich, Polen, Rumänien, Slowenien, der Slowakei und Tschechien) als auch eine Reihe von europäischen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, für die der Austausch in einem internationalen Kontext, so Meier, von ganz besonderer Bedeutung ist.

 

Jörg Meier | Foto: aau/Hoi

Jörg Meier | Foto: aau/Hoi