Diagnose einer Erbkrankheit bei Neugeborenen. Wie gehen Eltern damit um?
Daniela Freitag erhielt für ihre sozialwissenschaftliche Dissertation „Die Diagnose von Cystischer Fibrose bei Neugeborenen – Eine empirische Untersuchung zur Identitätskonstruktion betroffener Eltern“ den Hertha Firnberg-Wissenschaftspreis 2011.
23 Familien, bei denen ein oder mehrere Kinder an Cystischer Fibrose erkrankt sind, interviewte Daniela Freitag (IFZ – Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur, Grazer Standort der Alpen-Adria-Universität) für ihre Arbeit. „Mir ging es darum zu analysieren, wie Betroffene mit der unerwarteten Diagnose ihres neugeborenen Kindes umgehen. Wie eignen sie sich das komplexe, medizinische Wissen an? Wie agieren sie mit dem medizinischen Betreuungspersonal?“, erläutert Freitag die Fragestellungen.
Cystische Fibrose (Mukoviszidose) ist die häufigste angeborene Stoffwechselerkrankung. Statistisch gesehen ist jeder 20. Mensch Träger des defekten Gens. Tragen beide Elternteile das CF Gen in sich, besteht die Möglichkeit, dass eines oder mehrere Kinder dieses Paares an der Erkrankung leiden.
„Seit mehr als vier Jahrzehnten werden in Österreich Neugeborene auf angeborene Erbkrankheiten untersucht. Im Falle einer positiven Diagnose stehen Mütter und Väter vor einer herausfordernden Situation. Zum Beispiel gibt es innerhalb der Familie oft nur geringes Verständnis für die Erkrankung CF, da die Kinder kaum krank erscheinen, obwohl sie an einer schwerwiegenden angeborenen Erkrankung leiden. Die mittlere Lebenserwartung liegt in etwa bei 33 Jahren.“, erläutert Freitag eine Schwierigkeit, mit denen Eltern konfrontiert sind.
Die Ergebnisse der Studie liefern medizinischen ExpertInnen wertvolle Erkenntnisse, auf welche Informationen es bei genetischen Erkrankungen ankommt. Zum Beispiel: Was wollen Betroffene von den ÄrztInnen oder vom Krankenhauspersonal wissen? Welche Informationen helfen ihnen zu welchem Zeitpunkt am meisten?
„Im Alltag betroffener Eltern sind vor allem das individuelle Management der Krankheit und die Übernahme der Rolle als medizinische Betreuungsperson von Bedeutung. In beiden Fällen geht es den Eltern darum, möglichst verantwortungsvoll zu handeln. Das Wissen über die Erbkrankheit wirkt sich auch auf die alltäglichen sozialen Interaktionen mit den Personen in der Umgebung aus. Je mehr Wissen sich die Eltern bzw. deren Umgebung aneignen, desto größer erfolgt die Unterstützungsleistung durch Familienangehörige, Bekannte und Verwandte“, fasst Freitag die Erkenntnisse zusammen.
Die Auszeichnung wurde Daniela Freitag im Rahmen der Preisverleihung des BSA Steiermark Studienabschlusspreises 2011 im feierlichen Rahmen in der Aula der Karl-Franzens-Universität Graz von Helmut Konrad (Universitätsprofessor am Institut für Geschichte) überreicht.