Aktuelle Perspektiven Wirtschafts- und Finanzpolitik im Euro-Raum
Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), spricht am 3. Oktober 2011 um 18.00 Uhr im Hörsaal A der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Fast täglich überschlagen sich derzeit die Nachrichtenmeldungen: kurzfristig steigende Aktienkurse werden durch jähen Verfall gestoppt, nur um dann wieder anzusteigen. Die Expertinnen und Experten sind sich uneinig darüber, wie und ob Griechenland in der Schuldenkrise unterstützt werden kann. Unternehmen befürchten einen wirtschaftlichen Abschwung und viele Menschen haben Angst um ihre Ersparnisse. Die Unsicherheit ist größer als je zuvor, das Vertrauen in die Problemlösungskompetenz der Politik nachhaltig gestört. Der Gastvortrag von Ewald Nowotny an der AAU ist deshalb von besonders aktueller Bedeutung: Nowotny zeigt am 3. Oktober im Rahmen der Veranstaltungsreihe „WIWI aktuell“ die aktuellen Perspektiven der Euro Wirtschafts- und Finanzpolitik auf.
Reinhard Neck vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der AAU sieht in der Schuldenkrise die derzeit größte Herausforderung für die europäische Wirtschaftspolitik. Neck ortet in der Fiskalpolitik bis 2007 den Hauptgrund der Schuldenkrise: „In einer unlängst veröffentlichten Arbeit haben wir gezeigt, dass die Schwierigkeiten, in denen sich Länder wie Griechenland oder (in geringerem Ausmaß) Portugal befinden, in erster Linie auf eine zu expansive Fiskalpolitik in den Jahren guter Konjunkturlage vor der Krise zurückzuführen sind.“ Neck hält die Probleme aber grundsätzlich für lösbar, „wenn die Europäische Zentralbank und die Regierungen der Länder der Eurozone sich in glaubwürdiger Weise auf eine kooperative Politik, die einen restriktiven budgetpolitischen Kurs beinhaltet, verbindlich einigen und diese Politik konsequent über einen längeren Zeitraum umsetzen.“
Die Irrationalität der Märkte in Bezug auf Staatsschulden ist für Gottfried Haber, ebenso vom Institut für Volkswirtschaftslehre, nichts Neues: „Obwohl sich seit 40 Jahren die Schuldenstände der Staaten vervielfacht haben, wurde den Staaten immer eine erstklassige Bonität unterstellt und jederzeit Geld zu unangemessen günstigen Konditionen geborgt.“ Obwohl also das eigentliche Problem ein altes sei, ließe die Griechenlandkrise das Pendel nun in die andere Richtung ausschlagen: „Manche Staaten bekommen nun auf den Märkten überhaupt kein neues Geld geborgt, wenn alte Kredite auslaufen“, so Haber. „Die Schuldenkrise ist letztlich eine schwerwiegende Vertrauenskrise in das nachhaltige Wirtschaften der öffentlichen Hand und in die Problemlösungskompetenz der Politik im Allgemeinen.“
Der Soziologe Paul Kellermann, der sich seit langem mit dem Phänomen Geld und seinen Funktionen beschäftigt, sieht eines der Hauptprobleme im Unverständnis darüber, was Geld wirklich ist. Geld sei das Symbol für ein Versprechen von Leistungen bzw. ein Anspruch auf Leistungen. „Ein Versprechen, das nicht eingelöst werden kann, wenn die Produktivität – etwa durch falsches Sparen – nicht entsprechend der Geldmenge oder Geldumlaufgeschwindigkeit erhöht wird“, so Kellermann. Seit der Wirtschaftskrise 2007 sei gegenüber der real-wirtschaftlichen Entwicklung allerdings immer mehr Geld zum spekulativen Handel in Finanzwerten verwendet worden. Diese Phänomene des Wandels würden bei Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung derzeit noch kaum berücksichtigt. Dadurch würden – und das zeigt derzeit die Realität – Entwicklungsprognosen immer unsicherer und seien als Grundlage für wirtschaftlich rationales Verhalten nur mehr bedingt verwendbar.
Die OeNB wird sich kurz- und mittelfristig mit all diesen Fragen auseinandersetzen müssen. Der Vortrag von Ewald Nowotny, der auch die Ehrendoktorwürde der AAU besitzt, beleuchtet diese und andere Fragen von brisantem aktuellen Interesse.
Informationen zur Veranstaltung:
Gastvortrag von Ewald Nowotny, Gouverneur der österreichischen Nationalbank
Montag, 3. Oktober 2011, 18.00 Uhr, Hörsaal A (Südtrakt der AAU)
Vortragsreihe „WIWI aktuell“ der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt