Die Reputation der Republik Österreich ist in Gefahr!
19. Oktober als Startschuss für weitere Aktionen gegen den Bildungsabbau. Heute fanden an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und an allen österreichischen Hochschulstandorten Universitätsversammlungen statt, um die prekäre Situation der tertiären Bildungslandschaft in Österreich zu verdeutlichen.
Nun sei es an der Zeit, dass alle Universitätsangehörigen auf die Politik Einfluss nehmen, so Rektor Heinrich C. Mayr zu Beginn seines Statusberichtes. Darin zeichnete er ein tristes Bild der Zukunft Österreichs, sofern die Bundesregierung ihre jetzige Haltung gegenüber der Universitätenfinanzierung nicht ändert und damit „die Zukunft des Landes verschläft“.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sind die österreichischen Universitäten seit Jahren chronisch unterfinanziert. Politisch kolportierte Begriffe wie „österreichische Weltklasseuniversitäten“, seien angesichts der realen Finanzierungslage schon lange eine Farce. Nimmt die Bundesregierung nicht endlich ihre Verantwortung für die Zukunft Österreichs gewissenhaft wahr, so wird dies mittelfristig dazu führen, dass der Wissenschafts- und damit Wirtschaftsstandort Österreich gegenüber den Ländern mit einer zukunftsorientierten Bildungspolitik an Boden verliert. Schon 2005 hat das EU-Parlament den Mitgliedstaaten empfohlen, die Ausgaben für die tertiäre Bildung bis spätestens 2020 auf 2% des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Österreich verfehlt dieses Ziel deutlich, solange die Bundesregierung die notwendige Verantwortung alleine auf die Universitäten und die Industrie abschiebt. Für die Universitäten ist dies nicht akzeptabel, bemühen sie sich doch schon seit Jahren um verstärkte Drittmittelfinanzierung in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld. Die Bundesregierung kann und darf sich ihrer Pflicht gegenüber den jungen Menschen Österreichs und einer Obsorge für die prosperierende Entwicklung des gesamten Wirtschaftsstandortes nicht mehr entziehen.
Konkret fordert Mayr im Einklang mit der Universitätenkonferenz eine Roadmap bis zum Jahr 2016/17, um das 2%-Ziel realistisch zu erreichen. Jährlich bedeutet dies eine zusätzliche Summe von 500 bis 600 Millionen Euro für die österreichischen Universitäten. Wird dagegen, wie vom Finanzminister beabsichtigt, das Budget eingefroren, so fehlen allein der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt 4 bis 4,5 Millionen Euro jährlich, um den laufenden Betrieb zu gewährleisten. Da die Alpen-Adria-Universität aufgrund der schon erfolgten budgetären und strukturellen Sanierung sehr effizient und kostengünstig arbeitet, sind die verbleibenden Handlungsspielräume äußerst gering. Damit wären reale Kürzungen und Auswirkungen auf Studienbetrieb und Personal unausweichlich. Die Betriebsräte Ernst Kotzmann und Erich Schauer sind sich einig, dass weiterer Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden muss, damit die Budgetkonsolidierung nicht auf dem Rücken der Universitäten ausgetragen wird, auch Streiks werden in Betracht gezogen.
Der Wissenschaftsstandort Österreich wird zwangsläufig einen „Brain Drain“ erleiden, da Laufbahnmodelle für WissenschaftlerInnen nicht umsetzbar sind, so Vizerektorin Sabine Kanduth-Kristen. Die wissenschaftliche Konkurrenzfähigkeit werde damit weiter sinken.
Stefan Sagl von der Österreichischen HochschülerInnenschaft Klagenfurt weist besonders auf die Dringlichkeit der Finanzierungsproblematik hin. „Jetzt werden die Weichen in den Hinterzimmern der Politik gelegt“, so Sagl. Wenn das Budget erst einmal fixiert sei, dann seien Verschiebungen so gut wie unmöglich. Sagl fordert alle Studierenden und MitarbeiterInnen zu einem gemeinsamen Schulterschluss auf und weist vor allem auch auf die Notwendigkeit hin, die breite Bevölkerung von einer zukunftsfähigen Bildungspolitik zu überzeugen.
Für den Senatsvorsitzenden Oliver Vitouch geht es inzwischen buchstäblich um das „letzte Hemd“. Die Probleme seien nicht mehr mit der so typischen „österreichischen Gemütlichkeit“ zu lösen. Im Gegenteil, die Situation sei kritisch, sogar der Generationenvertrag würde mit der jetzigen politischen Tatenlosigkeit aufs Spiel gesetzt.
Vizerektorin Friederike Wall und Vizerektor Hubert Lengauer sind sich besonders über die internationalen Auswirkungen einer Mangelfinanzierung einig. Österreich wird in Rankings weiter zurückfallen, hochwertige Forschungsleistungen werden in einem stark konkurrierenden Wettbewerbsumfeld kaum mehr zu erbringen sein. Offensiven zur dringend notwendigen und politisch auch geforderten Internationalisierung sind damit unmöglich. Die Universitäten werden seitens der Politik dazu verdammt, nur mehr zu reagieren, anstatt offensiv an der Zukunft Österreichs mitwirken zu können.
Die Universitätsversammlung ist sich einig, dass der 19. Oktober erst der Anfang einer Reihe von vielseitigen Aktionen seitens der Universitätsangehörigen ist, um die Bundesregierung dazu zu bringen, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Aktionen der Alpen-Adria-Universität in Wien und Streiks sind dabei nicht ausgeschlossen. Die Universitätsleitungen, die Universitätsangehörigen und die Österreichischen HochschülerInnenschaften werden den Druck auf die Bundesregierung weiter verstärken. Konkret bildet sich nun an der Alpen-Adria-Universität ein Krisenteam, um die weiteren Aktionen zu planen.
Die Universitäten sehen es als ihre gesellschaftliche Pflicht an, alles zu tun, um eine positive wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Republik Österreich zu garantieren.