Steuern steuern – mit Doppelbesteuerungsabkommen
Österreich hat mit 88 Ländern Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Sie sollen verhindern, dass grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten doppelt besteuert werden. Aber auch die Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung steht zunehmend im Fokus. Wie dies erreicht wird, erklären Sabine Kanduth-Kristen und Sabine Zirngast.
Bezieht ein internationales Unternehmen mit Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in Österreich über Betriebsstätten Einkünfte aus mehreren Ländern, so ist das Unternehmen in Österreich mit seinem gesamten Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig. Nun kann aber der Staat, in dem die Einkünfte lukriert wurden (Quellenstaat), unter Umständen das Einkommen ebenfalls besteuern. Somit würde es zu einer Doppelbesteuerung kommen. Umgekehrt könnte aber auch eine doppelte Nicht-Besteuerung eintreten, wenn keiner der Staaten Steuern einhebt. „Damit das nicht passiert, gibt es eigene Doppelbesteuerungsabkommen, die die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den beteiligten Staaten regeln“, sagt Sabine Kanduth- Kristen (Abteilung für Betriebliches Finanz- und Steuerwesen).
Doppelbesteuerungsabkommen (kurz DBA) sind bilaterale Verträge, die eine Zuteilung der Besteuerungsrechte grenzüberschreitenden Sachverhalten vorsehen. „Österreich als relativ kleines Land nimmt eine Vorreiterrolle ein und hat mit beachtlichen 88 DBAs ein sehr gut ausgebautes Netz“, so Kanduth-Kristen. Jedem einzelnen DBA gehen lange Verhandlungsführungen voraus. „Damit die Verträge aber nicht zu heterogen sind, gibt es auf OECD-Ebene ein Musterabkommen, an das sich Österreich im Rahmen der Verhandlungsführung weitgehend hält.“
Ein Ziel der Doppelbesteuerungsabkommen ist unter anderem die effektive Einmalbesteuerung. „Als Instrument der Wirtschaftspolitik ermöglichen es DBAs den Unternehmen, im Ausland tätig zu sein, ohne dass es zu einer steuerlichen Doppelbelastung kommt. Außerdem bieten sie eine gewisse Rechtssicherheit für den Investor“, sagt Sabine Zirngast.
Sabine Zirngast und Sabine Kanduth-Kristen haben 2016 den österreichischen Nationalbericht zum Generalthema „The notion of tax and the elimination of international double taxation or double non-taxation“ für die International Fiscal Association (IFA) verfasst. Die IFA ist eine weltweit tätige Vereinigung zur Förderung des Internationalen Steuerrechts. Die Ergebnisse des Rechtsvergleichs wurden von der finnischen Generalberichterstatterin beim Weltkongress in Madrid präsentiert.
„Wir haben uns im Bericht mit der Frage auseinandergesetzt, was aus österreichischer Perspektive überhaupt eine Steuer vom Einkommen und Vermögen im Sinne österreichischer DBAs ist, und einen Vergleich über die Verträge gezogen. Es stellt sich die Frage, ob die Bemessungsgrundlage der ausländischen Steuer ähnlich zusammengesetzt ist wie die einer österreichischen Ertragsteuer. Kann dies bejaht werden, dann handelt es sich um eine Steuer im Sinne des DBA“, fasst Sabine Zirngast zusammen.
Sie untersuchten in ihrer Studie im Rahmen der Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung auch die in manchen DBAs angeführten „Subject-to-Tax“-Klauseln. Wendet der Ansässigkeitsstaat zur Vermeidung von Doppelbesteuerung die Befreiungsmethode an (d. h. Steuerfreistellung ausländischer Einkünfte), so wird dies unter den Vorbehalt der tatsächlichen Besteuerung im Quellenstaat gestellt. Erhebt der Quellenstaat keine Steuer, bleibt es hingegen bei der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat. „Die ‚Subject-to-Tax‘-Klausel ist sozusagen ein Mechanismus, der eingreift, wenn beide Staaten davon absehen, Steuern zu erheben“, so die beiden Wissenschaftlerinnen.
Darüber hinaus regeln DBAs den Informationsaustausch und die Amtshilfe zwischen den Steuerbehörden der Vertragsstaaten und schaffen damit die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass sich diese über den Steuerpflichtigen austauschen können. Damit wird einer Steuervermeidung auf internationaler Ebene Einhalt geboten.
für ad astra: Lydia Krömer
Zu den Personen
Sabine Kanduth-Kristen ist Universitätsprofessorin und Sabine Zirngast Assistenzprofessorin an der Abteilung für Betriebliches Finanz- und Steuerwesen.
Sie verfassten den österreichischen IFA-Nationalbericht zum Thema „The notion of tax“; die Ergebnisse der Studie wurden 2016 auch in der Publikation „Der Begriff der Steuer und die Vermeidung internationaler Doppel-(Nicht-)Besteuerung“ in der Fachzeitschrift „Steuer und Wirtschaft International“ zusammengefasst.