Standards für das aufkommende Edge-Computing

Beim Cloud-Computing werden Daten in eine Cloud ausgelagert und von dort wieder abgerufen. Während die Cloud oft räumlich relativ weit entfernt ist, verfolgt Edge-Computing die Idee, näher am Endgerät zu sein. So werden Energie eingespart und die Übertragungszeit verringert. Am Edge-Computing-Markt versuchen derzeit viele große Anbieter ihre Technologien zu positionieren. Josef Hammer, Doktorand am Institut für Informationstechnologie, hat uns vom „Wild-West-Feeling“ beim Edge-Computing erzählt. Er möchte mit seiner Dissertation einen Beitrag dazu leisten, dass es mehr Standards gibt.

„Edge-Computing entwickelt sich erst in den letzten Jahren. Das 5G-Netzwerk ist das erste, das Edge-Computing als Standard eingebaut hat. Die Vorgaben sind zwar noch sehr vage, aber immerhin hat man sich darum bemüht, die neue Technologie beim Netzwerkaufbau mitzudenken“, erklärt uns Josef Hammer. Stellen wir uns beispielsweise zwei Autos vor, die zu einem Unfall nach der nächsten Kurve kommunizieren wollen, dann wird klar: Die Information ist kurzfristig und nur lokal relevant. Es mache daher keinen Sinn, die entsprechenden Daten zu einem weit entfernten Server zu schicken, weil man damit Energieverschwendung und eine hohe Übertragungszeit in Kauf nehmen würde. Ideal wäre also die Edge: Sie sieht einen näher gelegenen Server vor, der diese Information schneller und nur lokal verarbeitet. Wie nah oder weit dieser Edge-Server entfernt sein kann, hänge vom Anwendungsfall ab. Während manche Produktionsfirmen ihr Edge-Computing direkt in der Halle haben, würde es für andere Anwendungen reichen, sie im selben Bundesland oder Land zu positionieren. Computer, die diese Services anbieten können, sollen nicht auf bestimmte Programme beschränkt sein, sondern sie sollen verschiedene Anfragen beantworten können, je nachdem, wo gerade Bedarf besteht.

Fragt man Josef Hammer nun danach, woran er genau arbeitet, erklärt er: „Der Edge-Computing-Markt ist derzeit wie Wilder Westen. Jeder, wie Amazon, Microsoft oder Google, will mit seiner technischen Lösung Territorium am Markt besetzen, aber es gibt noch wenig Standardisierung, die anbieterübergreifende Services ermöglichen würde.“ Josef Hammer möchte nun eine möglichst generische Lösung bauen. Im Idealfall sollte man beispielsweise bei einer Anwendung am Handy gar nicht merken, dass die Verarbeitung über Edge-Computing läuft. Vielmehr sollte das Netzwerk flexibel entscheiden können, welcher Edge-Server nun am besten für die Lösung des jeweiligen Problems geeignet wäre. „So könnten wir mehr Flexibilität hineinbringen und man wäre nicht von einzelnen Edge-Anbietern abhängig“, erläutert Josef Hammer.

Vor Josef Hammer liegt noch ein großes Stück Arbeit an seiner Doktorarbeit, sind die Rahmenbedingungen bei 5G auch noch sehr komplex. Was danach kommen soll, ist für ihn noch völlig offen. Josef Hammer hat 1999 in Klagenfurt mit dem Studium der Angewandten Informatik begonnen, brach dann nach seinem Studium zu einer 9-monatigen Weltreise auf, um schließlich als Softwareingenieur bei CERN in der Schweiz anzuheuern. Von dort kehrte er erst nach sechs Jahren nach Österreich zurück, um danach zum spanischen Jakobsweg aufzubrechen. Nach Ende der Pilgerreise arbeitete er für drei Jahre bei AVL in der Automobilindustrie in der Steiermark. Als Alumni der Universität stets verbunden, kehrte er zur 10-Jahres-Feier der Fakultät für Technische Wissenschaften zurück und wurde prompt auf eine ausgeschriebene Universitätsassistentenstelle hingewiesen. Heute forscht und lehrt Josef Hammer am Institut für Informationstechnologie und beobachtet dabei auch so manche Studierendenlaufbahn. Seiner Wahrnehmung nach würden viele Informatik-Studierende bereits während ihres Studiums von Unternehmen angeworben, was nicht immer vorteilhaft dafür sei, das Studium auch tatsächlich abzuschließen. Er selbst, der als Steirer nach Klagenfurt zum Studieren kam, würde diesen Weg wieder gehen: „Die kleine, überschaubare Universität ist für Studierende etwas sehr Vorteilhaftes.“

Auf ein paar Worte mit … Josef Hammer



Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Informatiker und Wissenschaftler geworden wären?
Bevor ich mit zwölf Jahren auf die Informatik gestoßen bin, wollte ich Elektroniker werden. Aber ich interessiere mich für viele Themen und liebe es, Neues zu lernen und eigene Ideen umzusetzen. So habe ich im ersten COVID-19-Semester beispielsweise kurze Lehrvideos für meine Studierenden erstellt. Die Informatik hat mich augenblicklich begeistert. Sie hat etwas Spielerisches – das fühlt sich nicht nach Arbeit an. Wie kann ich dieses Programm schneller machen? Wie kann ich dem Anwender die Bedienung erleichtern? Wie kann ich anderen das Leben vereinfachen? Das ist doch fantastisch! Gleichzeitig ist man in der Lage, sich mal schnell selbst eine Lösung zu basteln. Für mein Smartphone habe ich mir zum Beispiel zahlreiche Workflows für Routinetätigkeiten erstellt. Ich finde das unglaublich spannend und ermächtigend.

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Oberflächlich – ich rede mit meiner Familie eigentlich nicht über meine Arbeit. Mein zwei Jahre junger Neffe – mein Patenkind – ist ein wesentlich spannenderes Thema :-).

Was machen Sie im Büro morgens als erstes?
Meist erst mal Smalltalk mit meiner Kollegin. Sofern möglich, stürze ich mich am liebsten gleich in die Arbeit.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an die Arbeit zu denken?
Wenn ich richtig in einem Thema bin, denke ich rund um die Uhr daran und dulde keine Ablenkung. Aber zu diesen Zeiten mache ich keinen Urlaub ;-). Ich plane daher meist sehr kurzfristig.

Was bringt Sie in Rage?
Viel zu vieles :-D. Ungerechtigkeit, Egoismus, wenn Menschen keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen.

Und was beruhigt Sie?
Ungestört zu arbeiten. Und meine Katzen – man braucht ihnen nur ein paar Minuten zuzusehen und jeglicher Ärger ist verflogen.

Wer ist für Sie der „größte“ Wissenschaftler bzw. die „größte“ Wissenschaftlerin der Geschichte und warum?
Es gibt viele großartige Wissenschaftler. Ich möchte hier Robert Brout, François Englert und Peter Higgs erwähnen: Ihrer Theorie zum Higgs-Teilchen habe ich sechs fantastische Jahre am europäischen Teilchenforschungszentrum CERN in der Schweiz und Frankreich zu verdanken.

Wofür schämen Sie sich?
Meine erste Dissertation am CERN nie abgeschlossen zu haben. Mich hat es weit mehr begeistert, für eine perfekte Datenaufzeichnung zu sorgen, als mich um meine Dissertation zu kümmern.

Wovor fürchten Sie sich?
Meinen eigenen hohen Ansprüchen und Erwartungen nicht gerecht zu werden.

Worauf freuen Sie sich?
Ich freue mich, dass nun wieder mehr Studierende an die Uni kommen und somit die Uni voller Leben ist. Die Lehre und der Kontakt mit den Studierenden machen diesen Job an der Uni so interessant.