Verstehen, wie sich Menschen entwickeln
Hohe Qualitätsstandards, gepaart mit Kreativität, guter Teamarbeit und dem Geschick, nach den Regeln der Scientific Community Ergebnisse zu kommunizieren: So funktioniert für Judith Glück Spitzenforschung.
„Ich habe nicht erwartet, Wissenschaftlerin zu werden. Wie 95 Prozent aller Studienanfängerinnen in Psychologie wollte ich Therapeutin werden. Ich habe dann aber bald gesehen, dass ich mich für Statistik interessiere und wissenschaftliche Arbeit spannend finde“, so die Psychologin Judith Glück. Sie schloss 1999 ihr Doktoratsstudium an der Universität Wien ab und habilitierte dort im Jahr 2002. In ihrer Habilitationsphase war sie als Postdoctoral Research Fellow am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Davor führte sie ein Forschungsaufenthalt an die Michigan State University in East Lansing in den USA.
Judith Glück hat sich insbesondere in der Weisheitsforschung einen Namen gemacht. In den letzten Jahren leitete sie dazu mehrere FWF-Projekte und publizierte umfassend. Ihre Karriere folgte weniger einem „weisen“ Plan, sondern war mehr glücklichen Fügungen geschuldet: „Es haben sich immer wieder gerade die richtigen Optionen eröffnet.“ Ihr Thema ist für sie deshalb von besonderem Interesse, weil sie mehr darüber herausfinden möchte, „wie außergewöhnliche Menschen mit den schwierigen Herausforderungen des Lebens umgehen. Daraus können wir alle lernen. Letztlich bin ich aber einfach neugierig und möchte verstehen, wie sich Menschen entwickeln.“
Spitzenforschung bringt für sie neue Erkenntnisse zu Tage, die spannend und relevant sind. Die Basis dafür sind hohe Qualitätsstandards beim Forschungsdesign. „Spitzenforschung ist aber immer auch kreativ und eröffnet neue Ideen und Felder“, so Glück. Trotzdem glaubt sie auch, dass es wichtig ist, auf dem Parkett des Publizierens und internationalen Netzwerkens zu brillieren. Die Erkenntnisse müssten größeren Communities kommuniziert werden, um sie einer kritischen Diskussion zu stellen. Eine wichtige Rahmenbedingung für Spitzenforschung ist für sie Zeit. Hier sieht sie auch Nachteile im Vergleich zu US-amerikanischen Universitäten, wo WissenschaftlerInnen weit weniger mit Lehre ausgelastet sind als hierzulande. Darüber hinaus brauche es Freiheit für das Denken und gute Teams. Die Bedingungen für den aktuellen wissenschaftlichen Nachwuchs sieht sie skeptisch: Der laufende Qualifizierungsdruck würde zwar die Quantität häufig erhöhen, für die Qualität wären aber eher Perspektiven und Teams mit guten MentorInnen von Bedeutung.
Erschienen in UNIsono/Dezember 2013