Philosophie studieren: Liebe zur Weisheit theoretisch verstehen und praktisch leben

Namita Herzl studiert Philosophie, schwärmt von der Freiheit des Curriculums, den Diskussionen mit Professorinnen und Professoren und ihrer Liebe zur Weisheit. Wo sie sich beruflich sieht, was sie anderen mitgeben möchte und wieso sie ein Studium in Klagenfurt einem in Wien vorzieht, verrät sie uns im Interview.

Wie bist du auf die Idee gekommen, Philosophie zu studieren?
Ich hatte in der Schule einen hervorragenden Ethikunterricht. Dort durfte ich lernen, worum es für mich im Leben geht, nämlich darum, Liebe und Weisheit zu leben. Philosophie bedeutet für mich genau das: die Liebe zur Weisheit theoretisch zu verstehen und praktisch zu leben.

Gibt es eine Anekdote aus deinem Studium, die du mit uns teilen möchtest?
Bei meinem ersten Seminar setzte sich der Professor auf den Tisch, um mit uns die Texte zu besprechen. Als die Zeit verging und wir tiefer in die Materie eingetaucht sind, lag er schließlich am Tisch, und sah trotz steter Konzentration entspannt und gelassen aus. Ich war fasziniert von der Leichtigkeit, die dieser Professor an den Tag legte, obwohl wir einen solch schwierigen Text besprachen.

Wie kann man sich solche Diskussionen vorstellen?
Gute Frage. Wir diskutierten in einem Seminar beispielsweise den Zeitbegriff bei Aristoteles. Zum Einstieg zeigte Martin Weiß uns ein kurzes Video von der Sesamstraße: Krümel und Lulatsch erklären in dem Video den Unterschied zwischen „Hier und Da“. Dies beschreibt die angenehme Atmosphäre, die sehr oft in den philosophischen Seminaren kreiert wird, ganz gut.

Welche Fächer gefallen dir besonders gut und warum?
Am meisten interessiert mich die Philosophie der Emotionen. Dieses Thema kann man sowohl in der theoretischen, als auch in der praktischen Philosophie betrachten. Für mich ist dieses Gebiet so spannend, weil wir uns nicht abstrahiert von der Welt betrachten können, sondern ein Teil davon sind. Gerade durch unsere Emotionalität können wir an unserem eigenen Wesen erfahren, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Gleichzeitig bin ich auch der Meinung, dass wir theoretische Thesen nicht eindeutig von den Gefühlen abgrenzen können, weil meines Erachtens die Gefühlswelt des Autors immer eine Rolle spielt, in welchen Gebieten er tätig ist, und welche Behauptungen und Interpretationen er aufstellt.

Gibt es auch Lehrveranstaltungen, die dich gelangweilt haben?
Im Studium mag ich alle Fächer, alle Vorlesungen die ich besucht habe. Ich habe schon öfters von Studierenden anderer Studienrichtungen gehört, dass es normal ist, wenn 50% des Studiums eine Qual sind. Das habe ich nie verstanden, denn ich würde niemals etwas studieren, was mich quält. Ich sehe in jeder einzelnen Lehrveranstaltung viel Potenzial und Möglichkeiten um die eigene Kritikfähigkeit zu stärken, sowohl auf analytischer Ebene bei Prof. Renz, sowie auf kontinentaler Ebene bei Prof. Pechriggl.

Hat sich dein Blick auf die Welt durch das Studium verändert?
Mein Blick auf die Welt hat sich verändert, doch noch vielmehr hat sich mein Blick auf mich selbst verändert. Ich bin viel reflexionsfähiger geworden, weil ich meine eigenen Aussagen und Glaubenssätze dutzende Male hinterfragt, verworfen und neu aufgestellt habe. Die Philosophie ist eine Hilfestellung, zu sehen, dass die selbstgeschaffenen Dogmata meistens Grenzen setzen und das Bewusstsein einschränken. Doch es geht für mich vielmehr darum, das Bewusstsein zu erweitern, weswegen ich einige Meinungen, die ich einst hatte, ad acta gelegt habe.

Wie erklärt man den Inhalt des Studiums seiner Familie oder Freunden?
In der Philosophie geht es darum, die selbst auferlegten Grenzen des Geistes zu erweitern, zu reflektieren und zu hinterfragen. Gleichzeitig ist es absolut faszinierend, Probleme aufzugreifen, die seit Jahrhunderten existieren, und zu erkennen, dass wir die Fragen schlussendlich nicht beantworten können. Was wir jedoch können, ist, aus dem Jetzt heraus neue Verbindungen zu schaffen, und dadurch den Zeitgeist durch die eigenen Texte zu prägen, zu versinnbildlichen, sowie kritische Fragen und Themen aufzuwerfen und zu behandeln.

Warum hast du dich für Klagenfurt entschieden? Was magst du an Klagenfurt?
An der Universität Klagenfurt wird das Individuum geschätzt und gefordert. Wir haben das freiste Curriculum, dass ich jemals an einem Philosophie-Institut gesehen habe, und dadurch wird die Individualität gefördert. Wien war für mich sehr anonym und ich war eine von vielen in einer großen Masse. In Klagenfurt wurde ich gesehen, durfte lange, spannende Gespräche mit den DozentInnen führen, und dadurch sind sogar Freundschaften entstanden.

Warum sollte man hier studieren?
Im Gegensatz zu anderen Universitäten hat man hier sehr viel Freiraum und Möglichkeiten, den eigenen philosophischen Interessen nachzugehen. Am Anfang meines Studiums habe ich kritisiert, dass es so wenige Vorlesungen zu interkultureller Philosophie gab. Diese Kritik wurde sofort aufgenommen, und heutzutage wird einmal im Semester etwas Interkulturelles angeboten.

Worauf freust du dich, wenn du an die Uni kommst?
Auf eine neue Erfahrung im Hier und Jetzt, die mir beibringt was es heißt, ein Mensch zu sein.

Was wäre ein wichtiger Tipp für Studienanfängerinnen und Studienanfänger?
Vergesst niemals, wer ihr seid. Lasst euch von niemandem entmutigen, euren Weg zu gehen, und steht immer zu euren eigenen individuellen Werten!

Wo siehst du dich in 10 Jahren? In welchem Feld willst du beruflich tätig sein?
Ich sehe mich in einer philosophischen Praxis, wo ich Menschen helfen kann, zu sich zu finden und sich selbst besser kennen zu lernen. Gleichzeitig sehe ich mich auch als Vortragende an der Universität, denn meine Lebensaufgabe ist es auch, die Liebe in der akademischen Philosophie zu stärken, und mich für Studierende einzusetzen, dass sie ihren individuellen Weg gehen. Des Weiteren sehe ich mich als Autorin, Grenzensprengerin und Wegweiserin.

Wort-Rap

Mein erster Tag an der UNI war… erlebnisreich.

Mein großartigstes LV Erlebnis… war berührend und beflügelnd.

Meine Uni ist… prägend.

Mein Studi-Leben geht nicht ohne… meine eigene Motivation!

Mich inspiriert… die Liebe zur Weisheit.

Mein Studium in 3 Worten… Individualität, Reflexion, Erkenntnis.