Nicht jedes Valley eignet sich zum Technologiecluster
In der Regel funktioniere es nicht, ein Wirtschaftscluster auf einer Grünen Wiese zu errichten, erklärt Max-Peter Menzel, der sich mit der Geographie von Innovation und Produktion beschäftigt. „Smartere“ Konzepte seien hingegen erfolgversprechend.
Das berühmteste Beispiel für ein regionales Cluster liegt im südlichen Teil der San Franzisco Bay Area. Die dortige Stanford University lag vor rund 70 Jahren noch mitten in einer landwirtschaftlich geprägten Region mit vielen Orangenfeldern, die den AbsolventInnen kaum berufliche Möglichkeiten bot. Die an Land reiche Universität begann 1951 mit der Errichtung des „Stanford Industrial Parks“, um den Gründungswilligen unter den Studierenden und Alumni Raum zur Entfaltung anzubieten. Und die Region hatte Glück: Schon davor hatte die Stanford University den beiden Studenten William Hewlett und David Packard bei der Gründung einer Elektronikfirma unter die Arme gegriffen. Die beiden sollten nun das erste große Technologieunternehmen des Parks stellen, der sich dann rasant zu dem bedeutendsten IT- und High-Tech-Cluster der Welt entwickeln sollte.
Der Zauber dieser regionalen Cluster liege vor allem in der schnellen Diffusion von Wissen, erklärt der Professor für Geographie mit Schwerpunkt Wirtschaftsgeographie Max-Peter Menzel. „Man ist so eng miteinander vernetzt, dass Ideen schnell aufgenommen werden.“ Das Cluster profitiert, auch wenn MitarbeiterInnen zwischen den Unternehmen eines Clusters abgeworben, Ideen „geklaut“ oder Prozesse kopiert werden. Um diese Dynamik zu nutzen, müsse man in diesem Innovations-Milieu auch physisch anwesend sein. „Wissen kann verschiedene Formen annehmen – eine Idee, ein Papier, ein Patent. Oft ist es gut austauschbar, auch ohne persönlichen Kontakt zwischen den Protagonisten. Eine Idee kann aber, besonders an ihrem Anfang, so komplex sein, dass man sie noch gar nicht formulieren und fassbar machen kann. In dieser Phase braucht es den face-to-face-Kontakt zwischen Menschen, die einander gut kennen und sich oft austauschen.“ Die permanente Interaktionsdichte, die auch das Silicon Valley präge, beschleunige Innovation ungemein.
„Die vielen Silicon XY oder XY Valleys, die weltweit auf der Günen Wiese entstanden, zeigen die Versuche, das Silicon Valley zu kopieren. Diese Bemühungen waren aber nur selten von Erfolg gekrönt.“ Es sei ein ungeheuer hoher Ressourcenaufwand, solche Cluster aus dem Nichts zu erzeugen. „Der Aufbau von Clustern braucht viel Durchhaltevermögen und anhaltendes Commitment über Jahrzehnte hinweg“, führt er weiter aus. Auch Strategien zur Förderung bestehender Cluster, die häufig darauf ausgelegt seien, bereits vorhandene Stärken zu stärken, sind nicht problemlos. „Eine Stärke kann angesichts des schnellen gesellschaftlichen und technologischen Wandels rasch zu einer Schwäche werden. Das haben wir beispielsweise im Ruhrgebiet mit der langen Förderung der Kohle- und Stahlindustrie gesehen.“
Daher löse in den letzten Jahren, verbunden mit einem Politikwechsel auf der europäischen Ebene, das Konzept der „Smart Specialisation“ die klassische Clusterstrategie ab. Menzel erklärt weiter: „Regionale Spezialisierungen sollen dabei durch Diversifizierung smart weiterentwickelt werden. Nehmen wir als Beispiel die älteren Textilregionen, die es in Deutschland noch gibt. Da ist es einzelnen gelungen, sich in Richtung technischer Textilien zu spezialisieren. Solche Diversifizierungsprozesse gehen oft mit einem technologischen Upgrading einher.“ Diese Strategien würden nicht nur die regionale Anpassungsfähigkeit an den gesellschaftlichen und technologischen Wandel erhöhen, sondern seien auch geeignet für Regionen, die nicht über die Ressourcen des Silicon Valley verfügen.
für ad astra: Romy Müller