Neues Forschungsprojekt: Ist Stress eine Ursache für Long COVID?

Unter der Leitung von Christian Fazekas (Medizinische Universität Graz) untersucht ein Forschungsteam, inwiefern chronischer Stress ein Risikofaktor für Long COVID ist. Personen, die erstmalig oder erneut eine COVID-19-Erkrankung durchmachen, werden derzeit für die Studienteilnahme gesucht. Teil des Teams ist Barbara Hanfstingl (Universität Klagenfurt), die Teile der psychologischen Variablen verantwortet. Unterstützt wird die vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderte Studie auch von der Wayne State University (USA), JOANNEUM Research, der Apothekenkammer Steiermark, sowie dem Land Steiermark und der Stadt Graz.

Die meisten Menschen erholen sich nach ein bis zwei Wochen wieder vollständig von einer COVID-19-Erkrankung. Bei zirka 10 bis 30 Prozent der Erkrankten bleiben die Symptome, von denen über 40 bekannt sind, jedoch über mehr als vier Wochen nach Krankheitsbeginn bestehen. In diesem Fall spricht man von Long COVID, das viele Menschen über Monate hinweg erheblich belastet und einschränkt.

Über die Ursachen für Long COVID weiß man noch sehr wenig. COVID rückt immer mehr aus dem Rampenlicht, zugleich gewinnt Long COVID weiterhin an Bedeutung.  „Es wird angenommen, dass Long COVID prinzipiell jede und jeden treffen kann. Als Risikofaktoren für Long COVID werden das Alter, das Geschlecht, Übergewicht oder auch die Zahl der Symptome während einer akuten COVID-19- Erkrankung diskutiert“, so Projektleiter Christian Fazekas (Medizinische Universität Graz). Von Seiten der Universität Klagenfurt ist Barbara Hanfstingl in das Projekt involviert. Die Forscherin, die sich auf die Themenfelder Stress und Resilienz spezialisiert hat, erklärt, dass auch chronischer Stress ein potenzieller Risikofaktor sein könnte, da er eine Belastung für das Immunsystem mit sich bringt: „Von Infektionen mit anderen Coronaviren sowie anderen viralen Atemwegserkrankungen ist bekannt, dass chronischer Stress zu längeren Krankheitsverläufen und eingeschränkter Erholung führen kann. Das Ziel dieser Studie ist es, chronischen Stress, wie er bereits vor der Infektion mit dem Coronavirus bestanden hat, als möglichen Risikofaktor für Long COVID systematisch zu untersuchen.“

Dazu werden 600 Personen, die sich nachweislich in den letzten 7 Tagen mit SARS-Cov-2 infiziert und Symptome von COVID-19 entwickelt haben, in die Studie aufgenommen. Der Zeitraum für den Studieneinschluss läuft von Ende Jänner 2023 bis Ende Jänner 2024. Die Belastung durch chronischen Stress wird psychologisch mittels Fragebögen sowie physiologisch untersucht. Durch die Messung der Konzentration des Stresshormons Cortisol im Haar kann die physiologische Stressbelastung im Organismus vor der Infektion analysiert werden. Der Krankheitsverlauf wird bei den teilnehmenden Personen über 6 Monate beobachtet. So ist es möglich festzustellen, ob jene Personen, die vor der Infektion eine höhere Belastung mit chronischem Stress aufweisen, auch eher eine anhaltende COVID-19-Erkrankung bzw. Long COVID entwickeln. Bei der Teilgruppe der Personen mit Long COVID werden außerdem die Stoffwechselprozesse im Blut, die mit der Stressreaktion des Körpers in Verbindung stehen, näher untersucht und diese Ergebnisse mit jenen einer Kontrollgruppe ohne Long COVID verglichen. Die Studienergebnisse tragen dazu bei, die Bedeutung von chronischem Stress für das Auftreten von gesundheitlichen Langzeitfolgen nach der akuten Phase von COVID-19 auf mehreren Ebenen zu erfassen. Innovative präventive Maßnahmen sowie neue therapeutische Ansätze für Long COVID sollen auf Basis dieser Ergebnisse entwickelt werden. Ergebnisse werden für das zweite Halbjahr 2024 erwartet.

Näher Informationen zum Projekt und zur Möglichkeit an der Studie teilzunehmen, finden Sie unter: www.medunigraz.at/stressloc