Neue Studie zeigt: Informations- und Kommunikationstechnologie ist für Angestellte stärker belastend als entlastend
Unsere Meetings finden vielfach nicht mehr in Besprechungsräumen, sondern auf Zoom statt. Wir stecken unsere Köpfe nicht mehr gemeinsam in Konzepte und Berichte, sondern arbeiten auf Clouds an Dokumenten. Laptop und Smartphone machen die Büroarbeit mobil – sowohl vom Office ins Homeoffice als auch vom Arbeitszimmer auf die Wohnzimmercouch. Katharina Ninaus, Sandra Diehl und Ralf Terlutter haben nun in einer Studie untersucht, welchen Einfluss die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) auf Wohlbefinden und Gesundheit hat. Ihre Erkenntnis: Die Technik hat eher einen nachteiligen Effekt auf Burnout, Work-Family-Balance und Arbeitszufriedenheit, umso wichtiger ist, dass Unternehmen der IT-Nutzung ihrer Mitarbeiter*innen größere Aufmerksamkeit schenken.
Für die Studie, die nun im Journal of Business Research erschienen ist, wurden drei Erhebungen durchgeführt: Vor Ausbruch der COVID-Pandemie wurden 230 Mitarbeiter*innen einer öffentlichen Universität in Österreich sowie 200 Angestellte eines österreichischen Medienunternehmens befragt. Die dritte Erhebung – ebenfalls mit einem standardisierten Online-Fragebogen – erfolgte mit einer breiteren Gruppe von 201 Befragten, die keinem bestimmten Unternehmen angehörten.
„Der theoretische Hintergrund unserer Untersuchung ist das job demands-resources model, das beschreibt, wie sich verschiedene Aspekte aus dem Arbeitsumfeld positiv bzw. negativ auf die Gesundheit und Arbeitsleistung von Mitarbeiter*innen auswirkt“, erklärt Katharina Ninaus (Abteilung für Marketing und Internationales Management). Sie hat die Studie gemeinsam mit Sandra Diehl (Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft) und Ralf Terlutter (Abteilung für Marketing und Internationales Management) durchgeführt.
Laut diesem Modell geht man davon aus, dass berufliche Ressourcen zu positiven Ergebnissen führen oder ungünstige Auswirkungen des Arbeitslebens verringern. Sandra Diehl führt dazu aus: „Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass das im Kontext der Informations- und Kommunikationstechnologien nicht zutrifft.“ Arbeitnehmer*innen würden demnach zwar die IKT häufig als positive Ressource wahrnehmen. Diese Wahrnehmung führt aber laut den Erkenntnissen dieser Studie nicht unbedingt zu besserer Gesundheit und Arbeitszufriedenheit.
„Im Gegenteil: Wir sehen in allen drei Erhebungen, dass hohe IKT-Anforderungen einen Einfluss auf die Entwicklung von Burnout haben“, fasst Ralf Terlutter zusammen. Weiters zeigte sich, dass die IKT-Anforderungen eindeutig die Zufriedenheit des Einzelnen mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beeinträchtigen. Bei der Erhebung, die während der Pandemie erfolgte, wurde offensichtlich, dass die IKT-Ressourcen nützlicher geworden sind, die nachteiligen Effekte aber weiter dominieren.
„Wir lernen daraus, dass wir sowohl bei Arbeitgeber*innen als auch Arbeitnehmer*innen mehr Bewusstsein für die ungünstigen Auswirkungen der IKT auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Einzelnen brauchen und sensibel damit umgehen müssen. Auch das Thema Burnout bräuchte einen höheren Stellenwert in Unternehmen und Gesellschaft“, so Katharina Ninaus. Zudem würden zuverlässige, sichere und einfach zu bedienende Programme und Geräte gegenüber ständigen Systemumstellungen und Innovationen bevorzugt. Begleitend bräuchte es auch mehr Fortbildungsprogramme. Für die Verhinderung von Burnout und eine höhere Arbeitszufriedenheit sei vor allem die Balance zwischen Arbeit und Familie bedeutsam, denn, so Ninaus weiter: „Wenn es ein Gleichgewicht zwischen Familie und Arbeit gibt, reduziert sich das Burnout-Niveau. Die private Zufriedenheit kann also die Belastungen durch die IKT-Anforderungen wettmachen.“
Ninaus, K., Diehl, S. & Terlutter, R. (2022). Employee perceptions of information and communication technologies in work life, perceived burnout, job satisfaction and the role of work-family balance. Journal of Business Research, Elsevier, vol. 136(C), pages 652-666, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0148296321005658.