Möglichst leicht auf Höhenflug
Die Flugzeugindustrie hat ein großes Interesse an der Verringerung von Kabeln in Flugzeugen. Ein Forschungsteam arbeitet nun daher an der Weiterentwicklung kabelloser Kommunikation für die Luftfahrt.
Im A380, dem mit einer maximal zulässigen Kapazität von bis zu 853 Personen größten in Serienfertigung produzierten Passagierflugzeug, sind 530 Kilometer Kabel verlegt. Das Gewicht dieser Kabel schlägt mit etwa 25 t und somit zwei bis fünf Prozent des Gesamtgewichtes erheblich zu Buche. Da sich das Flugzeuggewicht direkt auf Kosten wie beispielsweise den Treibstoffverbrauch oder die Instandhaltung und Wartung niederschlägt, ist jedes eingesparte Kabel-Kilo Goldes wert. Durch weniger Kabel lässt sich auch die Flexibilität der Technik bei der Installation erhöhen. Die Lösung liegt in kabellosen Verbindungen, die wiederum besonders zuverlässig kommunizieren und robust gegenüber Interferenzen sein müssen. Christian Bettstetter, Jorge Schmidt und Daniel Neuhold (Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme, oben im Bild) führen dazu seit 2015 gemeinsam mit den Lakeside Labs und Jirka Klaue (Airbus, Hamburg) und Dominic Schupke (Airbus, München) ein Forschungsprojekt durch, das vom Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds unterstützt wird.
Solche kabellosen Sensornetzwerke für Flugzeuganwendungen müssen in mehreren Aspekten sehr verlässlich sein: Hardware, Software und Kommunikationsprotokolle müssen robust gegen Störungen sein und fehlerfrei funktionieren. Der Doktorand Daniel Neuhold, der derzeit im Zuge seiner Arbeit einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt an der University of Southern California (USC) absolviert, erklärt die technische Herausforderung anhand eines alltäglichen Szenarios: „Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Tisch und versuchen, sich mit einer beliebigen Person zu unterhalten. Sofern niemand dazwischen spricht, können Sie dies auch mühelos tun. Wenn jedoch auch andere Personen eine Unterhaltung beginnen oder ein Radio eingeschaltet wird, nehmen Sie dies in Form von Störungen wahr und müssen Ihre Konversation derart ändern, dass Ihr Gesprächspartner Sie weiterhin verstehen kann. Ob Sie nun lauter sprechen als alle anderen, Ihre Stimmlage verändern, um sich hervorzuheben oder alle bitten, nicht gleichzeitig zu sprechen – das alles ist weitestgehend eine Art Protokoll, das Sie einführen, um eine gelungene Kommunikation zu gewährleisten. Der größte Unterschied zu unserer Arbeit liegt darin, dass wir uns an einem Tisch mit mehreren tausenden Gesprächspartnern befinden, die gleichzeitig Informationen austauschen müssen.“ Ziel des Projekts ist es also, robuste Kommunikationsprotokolle für kabellose Netzwerke in Flugzeuganwendungen zu etablieren.
Das Projekt zeigt bereits Ergebnisse, die unter anderem im jüngst präsentierten Paper „Experimental Study of Packet Loss in a UWB Sensor Network for Aircraft“ vorgestellt wurden. Darin stellen die Autoren einen Aufbau eines Sensornetzwerks in einer Passagierkabine eines kommerziellen Flugzeuges mit einigen Passagieren nach und evaluieren den Einsatz von Ultra-Wide-Band (UWB) als potenzielle Kommunikationstechnologie. Mit ihren Untersuchungen zeigen sie die Auswirkungen von Passagierinnen und Passagieren auf eine in einer Flugzeugkabine etablierte Kommunikationstechnik und stellen zudem Verfahren vor, wie die Verlustrate von Datenpaketen reduziert und die dazu benötigte Redundanz verringert werden kann. Die Arbeit bietet erste Einsichten, um die Zuverlässigkeit von kabelloser Datenübertragung innerhalb eines Flugzeugs qualitativ zu beschreiben. Sie wurde Ende letzten Jahres im Rahmen der „ACM International Conference on Modeling, Analysis and Simulation of Wireless and Mobile Systems“ in Miami mit dem Best Paper Award ausgezeichnet.
für ad astra: Romy Müller