Mit den Augen der Kameras navigieren: Wie können Helikopter am Mars gesteuert werden?
Damit sich Maschinen in der Umgebung orientieren können, nutzen sie in der Regel so genannte Navigationssysteme wie GPS. Will man nun Helikopter zur Erkundung fremder Planeten einsetzen, muss man – mangels Verfügbarkeit – auf diese Technologie verzichten. Ein Team der Universität Klagenfurt in Österreich beschäftigt sich mit der Frage, wie man ohne GPS-Systeme Standortbestimmung und Navigation ermöglicht. Das Projekt AMAZE wird einige Antworten dazu liefern. AMAZE ist Teil der Analog-Mars-Mission AMADEE-20, die zwischen 15. Oktober und 15. November in der israelischen Negev-Wüste stattfinden wird.
Kern des Projekts AMAZE innerhalb der Analog-Mars-Mission AMADEE-20 unter der Leitung des Österreichischen Weltraum-Forums (ÖWF) ist die kamerabasierte Navigation: Dabei wird der Helikopter mit einer Kamera ausgestattet, die dieselbe Funktion wie die menschlichen Augen erfüllt.
Die Kamera hilft, die Umgebung visuell zu erfassen, Hürden einzuschätzen und Wege unfallfrei zu bewältigen. Das „Gedächtnis“ der Kamera wird in Folge für uns Menschen nützlich sein, indem eindrucksvolle und erkenntnisreiche Bilder der Marsoberfläche zur Verfügung stehen werden, die uns dabei helfen, den roten Planeten besser zu verstehen.
Der Co-Leiter von AMAZE, Christian Brommer erklärt, wie dies funktioniert: „Ziel ist es, schnell, effizient und flächendeckend Bilddaten von der Oberfläche aufzunehmen und damit die Positionsänderung des Helikopters zu erfassen. Durch den Einsatz eines Helikopters haben wir die Möglichkeit die Höhe für die Aufnahmen frei zu definieren und können damit die abgebildete Pixelgröße auf der Oberfläche variieren. Damit erhalten wir einen Überblick über die Umgebung mit der Qualität, die wir für eine jeweilige Situation benötigen. Für die Aufnahme von wissenschaftlichen Daten verwenden wir geringe Distanzen, um die Auflösung der Kamera auf einen kleinen Bereich zu fokussieren. Möchten wir jedoch weite Wege zurücklegen, eignet sich eine hohe Flughöhe, die uns einen besseren Überblick verschafft. Auf diese Weise kann der Helikopter ein bestimmtes Gebiet auskundschaften und den Heimweg finden oder die Position der, auf der Oberfläche arbeitenden, Astronaut*innen bestimmen. Die Auflösung der Bilder ist dabei besser als die Satellitenaufnahmen von Orbitern, die vom Mars bereits ähnliche Bilder zur Verfügung stellen.“
Unter der Leitung von Stephan Weiss sowie Christian Brommer und Alessandro Fornasier als Co-Leiter arbeitet das zwölfköpfige Team der Universität Klagenfurt derzeit an der Fertigstellung der Navigationskomponenten des Hubschraubers. Bereits während der analogen Marsmission des ÖWFs im Jahr 2018 konnte das Team wertvolle Erfahrungen bezüglich kamerabasierter Navigation auf Mars-ähnlichen Oberflächen sammeln. Die aufgezeichneten Daten nutzten sie für die Weiterentwicklung der Algorithmen, die zur Navigation des Helikopters verwendet werden. Eine völlig neue Flugplattform, ein erweiterter Sensoraufbau des Helikopters, sowie neue und verbesserte Algorithmen sollen eine robuste und autonome Mission im Oktober 2020 gewährleisten.
Das Team freut sich zudem, zwei Mitarbeiter des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA willkommen zu heißen, wo Stephan Weiss und Christian Brommer ebenfalls gearbeitet haben. Die während der AMADEE-20 Mission gewonnenen Daten werden an sie weitergegeben. Sie werden diese für Tests und die Weiterentwicklung von Algorithmen und zukünftige Marsmissionen verwenden. Erste Ergebnisse eines Hubschraubers auf dem Mars erwartet das Team frühestens im Jahr 2021, wenn NASAs Helikopter Scout “Ingenuity” auf dem roten Planeten landen soll.