Migrantische (Familien-)Unternehmen: Geldfluss aus der Diaspora und Interaktion zwischen Familie und Unternehmen?
„Familienbetriebe sind das Rückgrat der Wirtschaft“, erklärt Valdet Hadri, der an der Universität Klagenfurt bei Dieter Bögenhold (Institut für Soziologie) das Doktoratsstudium betreibt. Valdet Hadri beschäftigt sich mit den besonderen Spezifika, die mit migrantischen (Familien-)Betrieben einhergehen.
Zu seinen Forschungsfragen bezüglich migrantischem und familienbezogenem Unternehmertum erklärt er: „Welchen Platz nehmen sie in der Wirtschaft ein? Wie ist das Zusammenspiel zwischen Familie und Business gestaltet? Tätigen sie Rücküberweisungen, so genannte remittances, in ihre Heimatländer und mit welchen Motiven tun sie das? All das sind Fragen, auf die ich Antworten finden will.“
Der Fokus liegt dabei auf dem Kosovo, wo Valdet Hadri lebt. In qualitativen Studien geht er zwei Themenkomplexen auf den Grund. Einerseits möchte er untersuchen, warum die kosovarischen migrantischen Unternehmer*innen remittances zu Familienunternehmen im Kosovo leisten: Tun sie dies, weil sie sich verpflichtet fühlen? Tun ihnen ihre Familien leid? Gehen sie davon aus, von ihren Herkunftsfamilien etwas zu brauchen? Andererseits steht das Unternehmertum von kosovarischen Migrant*innen in Österreich im Zentrum der Untersuchungen von Valdet Hadri: Sind es bestimmte Geschäftsfelder, in denen sie tätig sind? Warum ist das der Fall? Wie spielen Traditionen und Innovationen in diesen Unternehmen zusammen?
Valdet Hadri ist aktuell in seinem dritten Jahr im Doktoratsstudium. Ein Paper, in dem er vor allem eine Literaturanalyse vorgenommen hat, ist aktuell im Begutachtungsprozess. Unterstützt wird Valdet Hadri im Rahmen des Young Scientists Mentoring, das auch den Austausch mit seiner Gastgutachterin Daniela Bolzani von der Universität Bologna fördert.
Der Ausbildungsweg von Valdet Hadri ist von der schwierigen politischen Situation in seinem Heimatland und seiner Herkunftsregion gezeichnet: Als 1999 der Krieg ausbrach, musste er sein Studium für ein paar Jahre unterbrechen. Er hat dann aber seinen Bachelor in „Banking, Finance and Accounting, Economics“ sowie einen Master in „Marketing and Business Management“ am AAB College in Pristina abgeschlossen und in mehreren EU-Projekten gearbeitet. Seit 2019 ist er Senior Officer for Budget and Finance Analysis bei der Kosovo Assembly. Im Rahmen seiner Tätigkeit ist er für die Analyse des Staatsbudgets des Kosovo zuständig. Von daher rührt auch sein Interesse am Forschungsthema: „In den Kosovo flossen im letzten Jahr rund 1,2 Milliarden Euro an remittances. Diese Gelder spielen eine wichtige Rolle für die Wirtschaft in meinem Heimatland. Wir wissen aktuell nicht viel darüber, warum Gelder der Migrant*innen zurückfließen und können den Einfluss der Zahlungen schlecht einschätzen“, berichtet Valdet Hadri.
Valdet Hadri wurde 2018 im Rahmen eines Besuchs bei seinem in Klagenfurt lebenden Onkel auf die Universität Klagenfurt aufmerksam. Er kam Mitte der 1990er Jahre nach Österreich, um hier zu arbeiten. Während des Besuchs mit seiner Familie zog es Hadri in das Universitätsgebäude – und er prüfte die Möglichkeit, hier einen Doktortitel zu erwerben. Das Studium mit den eigenen Forschungsarbeiten, dem Job und der Familie zu vereinbaren, ist für Valdet Hadri herausfordernd. Uns erzählt er schmunzelnd: „Meine Frau fragt immer wieder: ‚Bist du nicht bald fertig?‘“ Für ihn ist klar, dass er auch nach Abschluss des Doktorats weiterforschen möchte, weil: „Es macht Freude, immer wieder etwas Neues zu machen.“
Auf ein paar Worte mit … Valdet Hadri
Was motiviert Sie, wissenschaftlich zu arbeiten?
Neugier auf bestimmte Themen, Selbstvertrauen und Kompetenz sowie die Herausforderung, auf etwas hinzuarbeiten.
What’s the first thing you do in the morning?
Normalerweise trinken wir morgens vor der Arbeit einen Kaffee mit meinen Kolleg*innen, und am Wochenende gehen wir mit der Familie aus.
Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?
Ja, wir machen zweimal im Jahr einen Familienurlaub.
Wen betrachten Sie als größte Wissenschaftler*in in der Geschichte und warum?
Albert Einstein und seine Bemerkung „Wenn ich nur eine Stunde hätte, um die Welt zu retten, würde ich fünfundfünfzig Minuten damit verbringen, das Problem zu definieren, und nur fünf Minuten damit, die Lösungen zu finden.
Was macht Sie wütend?
Normalerweise, wenn Menschen nicht adäquat behandelt werden, vor allem wenn sie Ausländer sind und nicht wie Einheimische behandelt werden, was mir leider schon passiert ist.
Und was beruhigt Sie?
Zeit mit meiner Familie, meiner Frau und meinen zwei Kindern, zu verbringen
Wovor fürchten Sie sich?
Vielleicht über den Verlust der Freiheit oder eine Pandemie/Notfallsituation
Worauf freuen Sie sich?
Auf den nächsten Familienurlaub