Menschen im höheren Lebensalter: Digitale Medien gegen Einsamkeit und soziale Isolation
Einsamkeit und soziale Isolation können gesundheitliche Probleme hervorrufen. Janina Müller, Nachwuchswissenschaftlerin am Institut für Psychologie, hat für ihre Dissertation untersucht, inwiefern digitale Kommunikationsmittel einen Ausweg aus der sozialen Isolation bringen können.
„Menschen im höheren Lebensalter sind besonders häufig von Einsamkeit und sozialer Isolation betroffen. Die Ursachen hierfür sind zahlreich. Zum Teil sind aktuelle Lebensumstände dafür verantwortlich, wie der Verlust von nahestehenden Personen, Umzüge, sich auflösende Familienstrukturen oder Erkrankungen. Aber auch mangelnde Mobilitätsangebote sowie Einschränkungen körperlicher oder finanzieller Art können Ursachen für den Verlust an sozialen Kontakten sein,“ erklärt Janina Müller. Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass die Vereinsamung im Alter mit einem erhöhten Risiko für schwere gesundheitliche Probleme einhergehen kann, wozu unter anderem Bluthochdruck, Schlafstörungen, Demenz, Depressionen sowie eine erhöhte Sterblichkeitsrate zählen.
Laut Statistik Austria lag die Zahl der Einpersonenhaushalte im Jahr 2018 bei 1,46 Millionen Menschen. Davon waren 33 Prozent über 65 Jahre alt. Janina Müller erläutert: „Einsamkeit und soziale Isolation waren schon vor Corona ein Problem; aktuell wird das Problem aber durch die zusätzliche Bedrohung durch das Coronavirus noch akuter.“
Janina Müller hat für ihre Dissertation untersucht, inwiefern digitale Kommunikationstechnologien älteren Personen einen Weg aus der sozialen Isolation heraus ermöglichen können. Unterstützt wurde sie von der Fakultät für Kulturwissenschaften und vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Dazu hat sie erhoben, wie die Zielgruppe die Möglichkeiten von digitalen Medien einschätzt. Ihre Erkenntnis ist: „Menschen im höheren Lebensalter sind grundsätzlich offen und interessiert, sie haben aber – wie erwartet – Sicherheitsbedenken und Sorgen zu technischen Schwierigkeiten geäußert. Die reale Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ist nach wie vor das Mittel der Wahl, viele sind aber mit Smartphones bzw. Handys ausgestattet. Videochat und Videotelefonie werden aber noch relativ wenig genutzt.“ Diejenigen, die jedoch digitale Kommunikationstechnologien (wie Videochat und -telefonie) häufiger nutzen, scheinen auch mehr soziale Kontakte haben, was sich in weiterer Folge positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen auszuwirken scheint. Basierend auf dieser Umfrage soll nun eine psychoedukative Intervention entwickelt werden, über die ältere Familienmitglieder vermehrt über die Potenziale von Kommunikationstechnologien aufgeklärt werden sollen. Auch Hemmnisse und Ängste sollen abgebaut werden. „Wir wollen so die Bereitschaft, digitale Kommunikationstechnologien zu nutzen, erhöhen, familiäre Beziehungen stärken und die soziale Isolation reduzieren“, fasst Müller zusammen. Im besonderen Fokus von Janina Müllers Untersuchungen steht die Beziehung zwischen Großeltern und Enkelkindern, für deren Pflege sich Smartphones als besonders nützlich herausstellen können.
Gefragt danach, ob es genug Angebote für Menschen im höheren Lebensalter gibt, sich in die technischen Werkzeuge einzuarbeiten, erklärt Müller: „Ja, da kann ich beispielsweise auf den Digitalkompass verweisen, der viele kostenfreie Materialien und Videos anbietet.“ Es gibt darüber hinaus Online-Initiativen und Projekte (wie z.B. den YouTube Kanal „Der Lernkanal“), bei denen Senior*innen für Senior*innen kurze Lernvideos drehen und bereitstellen.
In der aktuellen Situation empfiehlt Janina Müller den Familien, Kontakt – auch aus der Entfernung – zu halten. Auch unabhängig von modernen Kommunikationstechnologien könne man sich weiter austauschen – über Briefe, übers Telefon, über ein Gespräch vom Balkon oder durch das geöffnete Fenster. Darüber hinaus weist sie auf die unzähligen Initiativen der Nachbarschaftshilfe hin, die es überall gebe. In Klagenfurt bieten beispielsweise Studierende ein Einkaufs- und Botendienstservice für Risikogruppen an. Die Abteilung für Gesundheitspsychologie unter der Leitung von Heather Foran hat darüber hinaus ein Informationsportal zusammengestellt, das Materialien für alle Altersgruppen versammelt.