Absolventin im Porträt _ Sonja Schak | Foto: privat

Mathematik – wozu?

Sonja Schak hat an der AAU Mathematik und Französisch auf Lehramt studiert und ihre Dissertation zu „Mathematik und Literatur“ verfasst. Nachdem sie jahrelang im Schuldienst war und parallel dazu Schulbücher entwickelte, ist sie heute an der PH Wien und der Uni Wien tätig und unterrichtet Schulmathematik und Fachdidaktik. Mit uns hat die Wienerin ihren Karriereweg Revue passieren lassen und erzählt, auf welche Frage man als Mathematik-Lehrerin immer eine Antwort parat haben muss.

Fällt Ihnen eine Anekdote aus Ihrer Studienzeit ein?

In den Semesterferien 1975 besuchte ich Freunde in Klagenfurt, man wollte mir die „nagelneue“ Uni zeigen. hatte damals gerade das 1. Semester Mathematik an der Uni Wien hinter mir und war dort nicht sehr glücklich – volle Hörsäle, unnahbare Professoren (ist heute ja ganz anders) und vollkommene Anonymität waren nicht das, was ich mir erwartet hatte. Aus reiner Neugierde ging ich ans Klagenfurter Mathematik-Institut und erkundigte mich, wie viele Studierende es dort gäbe. „Es sind 12“, lautete die Antwort von Prof. Willibald Dörfler. 12 in Klagenfurt gegen mehrere hundert in Wien.

Dann haben Sie an die AAU gewechselt?

Ja, damit stand für mich fest: ich möchte hier studieren. Somit inskribierte ich Mathematik/Französisch (Lehramt) und habe den Entschluss nie bereut. Die geringe Anzahl an TeilnehmerInnen in den Lehrveranstaltungen bewirkte, dass der persönliche Profit der Ausbildung sehr hoch war, denn jede/r Einzelne musste sich verdammt anstrengen.

Wie war es dann an der AAU?

Ich erinnere mich, dass ich sofort in die Gruppe der Mathematik-Studierenden aufgenommen wurde und wir ein gutes, „eingeschworenes“ Team bildeten. Wir lösten gemeinsam die Übungen, lernten oft zusammen und so weiter. Besonders neu war für mich außerdem der herzliche Umgang zwischen Lehrenden und Studierenden. Neben dem Studium arbeitete ich als Sekretärin in der ÖH, war Studentenvertreterin und saß in verschiedenen Kommissionen. Auf diese Weise lernte ich die Uni auch von einer anderen Seite kennen. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

Wie hat sich Ihre Karriere dann entwickelt?

Nach dem Magister-Studium begann ich in Wien zu unterrichten und schrieb neben dem Beruf meine Dissertation. Bald darauf begann ich zusätzlich als Co-Autorin von Günter Hanisch an diversen Schulbüchern für Mathematik mitzuarbeiten, für Handelsakademien, Humanberufliche Schulen usw. Vor einem Jahr habe ich nach mehr als 35 Jahren Unterrichtstätigkeit an verschiedenen Schulen an die PH Wien gewechselt und unterrichte derzeit im Rahmen der „PädagogInnenbildung neu“ auch an der Uni Wien und zwar im Bereich Schulmathematik und Fachdidaktik. Dabei kommt mir einerseits mein Studium sehr zugute, weil darin die Fachdidaktik immer großgeschrieben wurde, und andererseits natürlich auch die jahrzehntelange Berufserfahrung, von der ich möglichst viel an meine Studierenden weitergeben möchte.

Was geben Sie heutigen Studierenden mit auf den Weg?

Neugierig zu bleiben, Neues auszuprobieren, zu Beginn auch „fachfremde“ Lehrveranstaltungen zu besuchen, um herauszufinden, ob das Gewählte wirklich das Richtige ist und sich nicht zu scheuen, gegebenenfalls das Studium zu wechseln, denn schließlich ist es eine Entscheidung fürs Leben. Man sollte sich auch auf keinen Fall von Argumenten wie „dort verdient man viel“ oder „das ist zukunftsträchtig“ leiten lassen, sondern das studieren, was einen begeistert. Ein anderer Rat, den ich meinen Studierenden auch immer wieder gebe, ist, sich in Gruppen zusammenzuschließen, um das Gelernte zu verstehen, zu wiederholen und zu festigen. Das ist nicht nur lustiger, sondern auch effektiver, da man sich gegenseitig unterstützen kann. Wenn man von einem Fach begeistert ist, wird man auch versuchen, gut zu sein, schließlich hängt Beruf auch mit Berufung zusammen. Schon Konfuzius sagte: „Wähle einen Beruf, den du liebst und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.“

Worin hat Sie das Studium besonders geprägt?

Didaktik wird an der Uni Klagenfurt besonders hochgehalten. Uns wurden viele Tipps für guten Unterricht mitgegeben, aber auch die Fähigkeit, den eigenen Unterricht, die Schule und das ganze Bildungssystem kritisch zu hinterfragen – und trotzdem stand die Freude an Mathematik im Vordergrund.

Gibt es eine Situation in der Sie an eine bestimmte Professorin oder einen bestimmten Professor zurück gedacht haben?

Ja, die Frage von Prof. Roland Fischer „Mathematik – wozu?“ Eine Frage, die jeder Mathematik-Lehrerin und jedem Mathematik-Lehrer immer wieder gestellt wird und auf die man vorbereitet sein muss.

Wie lautet Ihre Antwort?

Mathematik macht einen schlauer – sofern man sie gut erklärt bekommt. Man lernt analytisch zu denken, Modelle zu erstellen, Probleme in Einzelteile zu zerlegen und zu lösen, und last not least ständig sein eigenes Denken zu reflektieren. Dies alles sind Kompetenzen des täglichen Lebens, beruflich wie auch privat.

Was vermissen Sie aus Ihrer Studienzeit (an der AAU) ?

Das vollkommen freie Zeitmanagement. Außerdem bin ich jemand, der gerne lernt, das war auch einer der Gründe für mich, vor einigen Jahren als drittes Fach das Lehramt Informatik zu studieren, was mir großen Spaß gemacht hat.

 

WORDRAP

Ein glücklicher AAU-Moment war …

als ich im Februar 1975 das erste Mal die Uni Klagenfurt (damals noch Hochschule für Bildungswissenschaften) betrat und mir sofort klar war, dass man hier nicht einfach eine Matrikelnummer ist, sondern als Person wahrgenommen wird. Diese Haltung habe ich bis heute auch gegenüber meinen Studierenden an der Uni Wien bewahrt und ich weiß aus deren Rückmeldungen, wie sehr sie es schätzen.

Aus Ihrer Studienzeit besitzen Sie noch …

meinen Studienausweis, ein Skriptum von Prof. Roland Fischer, das mit der Frage „Mathematik – wozu?“ begann, einen Artikel von Prof. Paul Kellermann zur Schulentwicklung (aus den 70er Jahren – alles darin Beschriebene ist eingetroffen!), meine Diplomarbeit und meine Dissertation (beides bei Prof. Ulrich Schulz-Buschhaus).

Wer hat Sie inspiriert?

Prof. Roland Fischer mit seiner kritischen Haltung den Dingen gegenüber. Prof. Ulrich Schulz-Buschhaus mit seinem feinen Humor und seiner Fähigkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Wenn Sie noch einmal studieren würden, würden Sie …

wieder Mathematik studieren.

Ihr Studium in 4 Worten:

Persönlich – angenehm – kompetent – nachhaltig