Mathematik: Erfahrungsausaustausch Industrie & Universität
Technische Mathematik ist eine abstrakte Disziplin ohne Praxisbezug? Im Gegenteil: die Digitalisierung eröffnet der Mathematik ein immer weiteres praktisches Betätigungsfeld. Kärntner Unternehmen profitieren, egal ob sie MathematikerInnen einstellen oder mit dem Institut für Mathematik an der Universität Klagenfurt Projekte gemeinsam umsetzen.
“Behalten Sie die jungen, motivierten Mathematikstudierenden im Auge und lassen Sie sie nicht mehr aus!”, empfahl Michaela Szölgyenyi, Statistik-Professorin an der Universität Klagenfurt, beim erstmals angebotenen Erfahrungsaustausch zwischen dem Institut für Mathematik, Fakultät für Technische Wissenschaften, und Unternehmensvertretern der Industrie. Etwa ein Viertel aller Mathematikstudierenden an der Universität Klagenfurt arbeiten nach ihrem Studium in einem Kärntner Unternehmen. Extrem vielfältig sind ihre Projekte und Einsatzorte. Durch die fortschreitende Digitalisierung wächst ihr Betätigungsfeld quasi exponentiell. Seitens der Wirtschaft gibt es eine immer größere Nachfrage nach MathematikerInnen und Mathematikstudierenden, u. a. für Projekte. Dabei kann Institutsvorständin Angelika Wiegele auf gerade einmal 130 Studierende verweisen. Gelobt werde das gute Betreuungsverhältnis und der frühe, enge Kontakt mit den Lehrenden, trotzdem könnte die Zahl der Studierenden deutlich höher sein.
Der Routen-Optimierer
Wer bisher dachte, Mathematik sei eine rein abstrakte Disziplin ohne Praxisbezug wurde eines besseren belehrt. Der sub-auspiciis Promovend Philipp Hungerländer hat beispielsweise für einen Lebensmittelhändler in England die Zustelllogistik mathematisch so optimiert, dass gegenüber der vorher verwendeten Standard-Softwarelösung erheblich an Zeit und Kosten gespart wurde. Ähnliches gelang ihm bei einem ländlichen Taxidienst oder der Routen- und Verladeplanung eines Kärntner Holzunternehmens. Nun will man gemeinsam mit der Rail Cargo Austria mittels einer großen vorhandenen Datenmenge des Schienengüterverkehrs ein so genanntes „Train Delay Prediction System“ erarbeiten und Streckenkapazitäten berechnen. Philipp Hungerländer führt zum Projektziel aus: „Wir wollen Optimierungsalgorithmen entwickeln, die eine automatisierte, rasche, effiziente und robuste Lokumlauf- und Routenplanung des österreichischen Güterverkehrs ermöglichen.“
Die Risiko-Analystin
Christina Terbul hat nach ihrem Technischen Mathematikstudium in der BKS Bank zu arbeiten begonnen, wo sie auch noch heute tätig ist. Nach den Stationen Treasury und Controlling beschäftigt sie sich nun mit der Risikoanalyse von Wertpapieren. In komplexesten Rechenoperationen für Anleihen und Derivate den Überblick zu bewahren und sie dem Kunden erklären zu können, wer schafft das, wenn nicht die Mathematikerin?
Der Kabel-Rechner
Die KNG- Kärnten Netz GmbH hat sich den Mathematiker Vedo Alagić ins Team der Elektrotechniker geholt, um ihre Instandhaltung buchstäblich berechenbarer zu machen. Einflussfaktoren wurden definiert und mathematische Modelle kreiert, die später einmal in elektrotechnische umgewandelt werden und Kabelausfälle vorhersagbar machen sollen. Keine triviale Herausforderung, in der Formeln genauso wie die jahrzehntelange Erfahrung der Kelag-Techniker, wie Karl Schoaß, gefragt sind.
Die Halbleiter-Versteherin
An der technologischen Weltspitze versucht Barbara Pedretscher bei Infineon im Team mit NaturwissenschaftlerInnen in beschleunigten Tests die Zuverlässigkeit von Halbleitern unter thermomechanischer Belastung zu beurteilen. Eine extrem komplexe aber überaus wichtige Materie, die seine Produkte an Kunden liefert und die den Konsumenten Null Fehler versprechen.
Clemens Heuberger, Prodekan der Fakultät für Technische Wissenschaften, möchte mehr Studierende dazu motivieren ein Technisches Studium zu beginnen. MathematikabsolventInnen steht einem außergewöhnlichen und einzigartigen Karriereweg nichts mehr im Wege. Beim anschließenden Netzwerken zwischen Unternehmern, Wissenschaftlern und Studierenden konnten bereits erste Kontakte für künftige Zusammenarbeiten und Kooperationen geknüpft werden.