Kleiner & leichter: Gedruckte Sensoren für Spektrometer
Man stelle sich eine kilometerlange Pipeline vor, die ein Leck hat. Herkömmlicherweise bedeutet dies viele Kilometer Fußmarsch für jemanden, der das Loch suchen soll. Idealerweise könnte dieses Fahnden nach der Austrittsstelle von Methanol auch eine Drohne übernehmen, auf der ein Spektrometer montiert ist, das darauf spezialisiert ist, chemische Proben zu analysieren. Existierende Geräte sind noch viel zu schwer dafür; die Drohne würde also bald aufgeben müssen. Lisa-Marie Faller arbeitet an einer Technologie, mit der man das aufgesetzte Spektrometer viel kleiner und damit auch für Einsätze wie diese verwendbar machen könnte. Für ihre Arbeit wurde die Doktorandin im April mit dem Best Paper Award bei der IEEE-Konferenz EuroSimE in Dresden ausgezeichnet.
Das Gerät, das Lisa-Marie Faller zum Interview mitbringt, ist ungefähr 5 cm lang und 1 cm breit. Darauf montiert ist ein runder Spiegel mit einem Durchmesser von rund 5 mm, ein sogenannter mikromechanischer Spiegel (MEMS), der auch in FTIR-Spektrometern verwendet werden kann. FTIR-Spektrometer sind Geräte, die mittels Interferometer und infrarotem Licht Inferogramme messen können: So kann man über Interferenz, also über die Wechselwirkung von Licht mit chemischen Stoffen, auf die Art und Anzahl von Molekülen schließen. Das Gerät kann also beispielsweise das Methanol aus dem oben genannten Beispiel ausfindig machen. Die Genauigkeit eines solchen Spektrometers hängt nun von der Güte der Positionsmessung des beweglichen Spiegels im Interferometer ab, in der aktuellen Realisierung müsste dazu ständig ein zweites, sogenanntes Referenzinterferometer, mitgeführt werden, das diese Position misst.
Bedenkt man, dass bereits kleine Spektrometer ungefähr die Größe eines Schuhkartons haben, wird die Dimension des Problems bewusst. „Spektrometer sind für Zwecke wie diese auf Drohnen kaum einsetzbar, weil sie zu groß und zu schwer sind“, erklärt die Doktorandin Lisa-Marie Faller (Institut für Intelligente Systemtechnologien). Sie arbeitet daher an einer Lösung, die das zweite Interferometer zur Referenzmessung unnötig macht: „Stattdessen wollen wir einen gedruckten kapazitiven Sensor unter dem mikromechanischen Spiegel einbauen. Dieser Sensor soll inkjet-gedruckt werden, also gut anpassbar sein. Das komplette System sollte schließlich unter 250g wiegen.“ Ihre Arbeit an etwas Kleinem könnte Großes verändern: „Es gibt viel Forschungsarbeit zu inkjet-gedruckten Sensoren und zu solchen mikromechanischen Spiegeln. Zur Verbindung von beidem arbeitet kaum jemand. Gelingt es uns tatsächlich, ein miniaturisiertes FTIR-Spektrometer mit gedrucktem, kapazitivem Sensor und hoher Genauigkeit zu implementieren, wäre das ein wichtiger Meilenstein.“ Denkbar wären auch Anwendungen in der Raumfahrt, die zunehmend mit Drohnen die Oberfläche von Planeten erkunden möchte und für die eine Analyse von chemischen Substanzen durch solche mobilen Spektrometer neue Möglichkeiten bieten würde.
Der mikromechanische Spiegel, an dem Lisa-Marie Faller arbeitet, gehört dem Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) in Dresden und ist mehrere tausend Euro wert. Über den Projektpartner Carinthian Tech Research (CTR) wurde das Gerät den Forscherinnen und Forschern in Klagenfurt zur Verfügung gestellt. Mit dem Spiegel kann das Team demnächst den neu entwickelten Sensor testen. Dabei gilt es genau zu sein, wie Lisa-Marie Faller erklärt: „Wir wollen eine Genauigkeit im Nanometerbereich erreichen. Dazu wurde eine eigene Mess-Hardware entworfen und gebaut, die die hohen Anforderungen bezüglich Mess-Rauschen erfüllt.“
Lisa-Marie Faller hat bei Infineon eine Lehre abgeschlossen und dann im zweiten Bildungsweg zuerst Systems Engineerung und später Regelungstechnik an der Fachhochschule in Villach studiert. Für ihr Doktorat kam sie in die Forschungsgruppe von Hubert Zangl an die Alpen-Adria-Universität. Für Faller, die gerne an kleinen und großen Problemen tüftelt und in größeren Zusammenhängen denkt und arbeitet, ein Glücksfall: „Die Wissenschaft bietet Möglichkeiten, in der Tiefe eines Problems Neues zu entdecken und damit auch Innovatives zu entwickeln.“ Ihr Doktorat wird Faller im Laufe dieses Jahres abschließen; danach möchte sie gerne in der Forschung bleiben. Gefragt danach, ob sie mit dem von ihr Entwickelten reich werden könne, antwortet sie: „Wahrscheinlich nicht mit dieser speziellen Anwendung. Reich werden will ich aber auch nicht, nur zufrieden sein.“ Und, für jemanden, der an Kompliziertem arbeitet, umso erstaunlicher: „Vielleicht ist komplex, woran ich forsche. Für mein Leben wünsche ich mir möglichst wenig Komplexität. Dann bin ich schon zufrieden.“
Auf ein paar Worte mit … Lisa-Marie Faller
Was würden Sie jetzt machen, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?
In einem Sternerestaurant an der italienischen Mittelmeerküste kochen.
Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Wenn ich es ihnen gut genug erkläre, bestimmt …
Was machen Sie im Büro morgens als erstes?
Meinen Kollegen einen guten Morgen wünschen.
Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an die Arbeit zu denken?
Sollte ich vielleicht in Erwägung ziehen …
Was bringt Sie in Rage?
Ungerechtigkeit, Arroganz, Vorurteile.
Und was beruhigt Sie?
Mein Garten.
Wer ist für Sie die größte WissenschaftlerIn in der Geschichte und warum?
Es gibt viele bemerkenswerte Persönlichkeiten, die Großes geleistet haben, am bemerkenswertesten aber sind wohl die, die darüber ihre Menschlichkeit nicht verloren haben.
Wofür schämen Sie sich?
Nichts: Das hat im Nachhinein keinen Sinn mehr.
Warum fürchten sich so viele vor den technischen Wissenschaften?
Die Antwort auf diese Frage ist so vielfältig wie die Persönlickeiten, die dahinter stecken. Viele haben den Eindruck, in der Technik wird ständig alleine an komplexen Geräten gearbeitet, aber: Dinge sind nur solange komplex, bis man sich damit auseinander gesetzt hat und durch die Arbeit im Team können alle profitieren.
Wovor fürchten Sie sich?
Ignoranz und Dummheit.
Worauf freuen Sie sich?
Ich freue mich jeden Tag auf meine Kinder und den gemeinsamen Abend.