JUDGMENT: Historische Projekte am Standort Graz. Urteil(en) – die rechtsgeschichtliche Perspektive
Im Rahmen des Workshops The Exercise of Jugdment, welcher von 25. bis 27. Januar 2018 an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt abgehalten wurde, haben die Grazer Historiker unter dem Titel Urteil(en) – die rechtsgeschichtliche Perspektive ihr Projekt vorgestellt.
Gabriele Haug-Moritz, Eva Ortlieb und Florian Zeilinger steckten den „Ort“ des Grazer geschichtswissenschaftlichen Teilprojektes im Rahmen des Forschungsnetzwerks ab. Unter mehreren möglichen Zugangsweisen zur Thematik als eines historischen Themas plädierte Haug–Moritz dafür, einen hermeneutischen „Sehepunkt“ einzunehmen. Methodisch bediente sie sich der Historischen Semantik, um die Spezifik des Urteil-ens in der Frühen Neuzeit auszumachen. Dergestalt konnte sie verschiedene semantische Dynamiken aufzeigen, die sich hinter dem Begriff verbergen. Trotzdem lässt sich festhalten, dass „Urteil(en)“ in der Frühen Neuzeit kontinuierlich und dominant auf die Sphäre des Rechts bezogen wurde.
Ortlieb konkretisierte die Grazer Perspektive, indem sie verschiedene Zugänge zu gerichtlichem Urteilen an den beiden Höchstgerichten des frühneuzeitlichen römisch-deutschen Reichs, Reichshofrat und Reichskammergericht, spezifizierte. Der Prozess des Urteilens lässt sich einerseits in der Innenperspektive des Gerichts verfolgen, andererseits in der veröffentlichten sog. Entscheidungsliteratur. Das Urteilen folgt dabei nicht nur juristischen Logiken, sondern steht auch in einem gesellschaftlichen und politischen Kontext.
Als ein Grazer Beispiel für ein konkretes Forschungsvorhaben stellte Zeilinger seine Dissertation mit dem Arbeitstitel Konzept und Praxis der Ehrrestitution in den Untertanensuppliken an den Reichshofrat Rudolfs II. vor. Sie zeigt u.a., dass Ehre durch Urteile von anderen über eine Person (im engeren Sinn durch die gerichtliche Verurteilung devianten Verhaltens) verloren gehen konnte, allerdings wurden solche Urteile selbst kritisch beurteilt. Die Untertanen fanden sich nicht mit deren rechtlichen, sozialen u.a. Konsequenzen ab und hofften, dass durch eine qua Supplikation erlangte kaiserliche Gnade diese Urteile revidiert werden könnten.
Autor: Dr. Eva Ortlieb