Ist ein Team der Besten immer das beste Team?
Bei den olympischen Spielen in Sotschi 2014 schied das für Gold programmierte russische Eishockey-„Dream-Team“ im Viertelfinale nach einer Serie von enttäuschenden Spielen gegen Finnland aus. Und das, obwohl das Team praktisch nur aus Superstars, also den stärksten Einzelspielern aller Teams, bestand. War das bloß Zufall, oder gibt es dafür eine systematische Erklärung?
Der britische Management-Theoretiker Meredith Belbin hat in den 1970er Jahren auf Basis von Experimenten ein verwandtes Phänomen als „Apollo-Syndrom“ bezeichnet: Teams von durchwegs Hochbegabten schnitten in Managementspielen systematisch schlechter ab als durchmischtere Teams. Oft fiel es den Hochbegabten offensichtlich schwerer sich zu einigen; in schwierigen Situationen stritten sie mehr und waren nur schlecht von einer gemeinsamen Linie zu überzeugen. Paul Schweinzer und Alex Gershkov untersuchen nun in einem vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank geförderten Projekt, ob es eine Möglichkeit gibt, natürliche Fehlerquellen in Team-Entscheidungsprozessen so zu modellieren, dass sie zwangsweise zu Apollo-Ergebnissen führen. Welche Maßnahmen kann eine Trainerin oder ein Manager setzen, um die Wahrscheinlichkeit eines Apollo-Ereignisses zu minimieren? Welche Teamkomposition und welche Selektionsmechanismen sind dazu nützlich? Paul Schweinzer (Institut für Volkswirtschaftslehre der AAU) und Alex Gershkov (Department of Economics der Hebrew University of Jerusalem) wollen zur Lösung dieser Fragen sowohl spieltheoretische Methoden als auch Instrumente der Organisationsforschung benutzen.
Wenn eine Trainerin nur einen qualifizierten Kandidaten für eine bestimmte Position zur Verfügung hat, dann wird sie natürlich diesen einsetzen. Die einzige Fehlerquelle, die das Forscherteam einem ansonsten „neoklassischen“ Standardmodell hinzufügt, ist der Umstand, dass eine Trainerin eher Fehler bei der Besetzung von bestimmten Spielerpositionen macht, wenn sich die Kandidaten in ihren Fähigkeiten sehr ähnlich sind. Und in genau diesen Fällen kommt es auch zu Konflikten bei Entscheidungsprozessen unter den Spielerinnen und Spielern. Paul Schweinzer meint dazu: „Ziel unserer Untersuchung ist es festzustellen, ob es sich bei diesen Fehlern um einen integralen Bestandteil von Gruppenentscheidungsprozessen handelt oder ob jemand, der über die Tagesform der Spieler nur unvollständig informiert ist, etwas Schlaues gegen den Apollo-Effekt machen kann. Wir wollen einfach verstehen, warum solche ‚Überraschungen‘ passieren, wovon sie abhängen und wie man ihre Wahrscheinlichkeit minimieren kann.“