In memoriam Roland Fischer
Es ist unsere traurige Pflicht, über den Tod von Roland Fischer zu informieren.
Der ehemalige Leiter (1994-2003) des interuniversitären IFF-Instituts und Dekan (2004-2009) der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung ist in der Nacht auf den 7. November 2019 verstorben.
Roland Fischer wurde 1945 in Oberwisternitz (heute Tschechien) geboren. Er studierte in den 1960er Jahren Mathematik und Physik (Lehramt) an der Universität Wien und promovierte im Jahr 1971, ebenfalls an der Universität Wien. Von 1970 bis 1974 war er Assistent und Lehrbeauftragter am Mathematischen Institut der Universität Salzburg, wo er auch habilitierte. Seit 1974 war er ordentlicher Universitätsprofessor für Mathematik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik an der Universität Klagenfurt.
1980 wurde Roland Fischer Mitglied des damaligen Interuniversitären Forschungsinstituts für Fernstudien, aus dem dann die Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) hervorging. Hier war er Vorsitzender der interuniversitären Institutskommission, Proponent des Arbeitsbereichs LehrerInnenfortbildung, Leiter des Projektzentrums St. Pölten (Bildung und regionale Entwicklung) und Leiter der Abteilung Theorie, Organisation und Didaktik von Wissenschaft. Seit 1994 war er Institutsvorstand des IFF, dann von 2004 bis 2009 Dekan der IFF-Fakultät.
Roland Fischer hat in diesen Funktionen die Fakultät, ihre inhaltliche Weiterentwicklung und die für sie charakteristische Kommunikationskultur wesentlich geprägt. Er hat als Dekan und in anderen Funktionen die Entwicklung der gesamten Universität wesentlich mitgestaltet, insbesondere auch als Mitglied des Gründungskonvents der Universität nach UG 2002. Im November 2013 wurde Roland Fischer aus Anlass seiner Emeritierung der Ehrenring der Universität Klagenfurt verliehen.
Der Verfasser zahlreicher Publikationen hat auch immer über die Grenzen seines Faches hinausgedacht und dessen kulturelle und gesellschaftliche, philosophische und epistemologische Bedeutung in den Mittelpunkt seiner Forschungen stellt. Eines seiner wesentlichen Anliegen war es, Mathematik für die Menschen zu machen. Dadurch wurde er zu einem der wesentlichsten Protagonisten der Mathematikdidaktik in Österreich. Ebenso setzte er sich für innovative Lehrprogramme und für die Wissenschaftskommunikation ein.
Mit Roland Fischer verliert die Universität Klagenfurt einen Menschen, der sie nach seinen Vorstellungen und Überzeugungen geprägt und Interdisziplinarität vorgelebt hat. Wir werden Roland Fischer in ehrender individueller und institutioneller Erinnerung behalten.
Ein persönlicher Nachruf zu Roland Fischer
Mit Roland Fischer verliert die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt einen bedeutenden Wissenschaftler. Er hat Wissenschaft stets als Mittel zur Veränderung und Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse gesehen und eingesetzt. Insofern war Roland Fischer ein hochpolitischer Mensch. Das zeigte sich auch in der Bedeutung, die Roland dem Gespräch und der Auseinandersetzung mit anderen Menschen beimaß, was ihn wiederum für anspruchsvolle Führungsaufgaben qualifizierte. Die Vielfältigkeit, Breite und Tiefe seines Denkens und Handelns haben wir über Jahrzehnte miterleben können und sind dafür überaus dankbar.
Rolands Kraft zur Innovation wurde schon in den ersten Aktivitäten nach seiner Berufung 1974 wirksam: Institutionalisierung und Professionalisierung der Fachdidaktik Mathematik hier in Klagenfurt aber auch im gesamten deutschen Sprachraum, etwa durch Gründung von Zeitschriften und die Organisation von Tagungen. Klagenfurt errang damals in wenigen Jahren einen hervorragenden Platz auch international in diesem Wissenschaftsbereich. Eine Grundlage dieses Erfolges war das konsequente, klare und zielorientierte Denken bei Roland, dem sich nolens volens viele anschließen mussten. Die Orientierung an gesellschaftlichen Erfordernissen führte ihn unter anderem zur Entwicklung von Lehrerfortbildungsprogrammen, darunter das renommierte „Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer und Lehrerinnen“ (PFL, seit 1982).
Roland Fischer war der erste Dekan (2004-2009) der IFF, hat diese mit viel Weitblick und Kollegialität geleitet, aber auch schon im Rahmen der Vorgängerinstitutionen entscheidend mitgeprägt. Roland war aber stets dem Gesamtwohl der Universität Klagenfurt verpflichtet, wie auch der Entwicklung der Hochschulen und Universitäten sowie dem Bildungs- und Wissenschaftssystem in Österreich insgesamt. So hat er unter anderem das legendäre Projekt „Vernetzung und Widerspruch“ initiiert, er war Mitglied des Universitätsrates der Donau-Universität Krems und des Qualitätssicherungsrates im Rahmen der PädagogInnenbildung NEU in Österreich.
An der IFF hat er wesentlich dazu beigetragen, dass die gesellschaftliche Relevanz universitären Tuns einen hohen Stellenwert einnimmt und wichtige gesellschaftliche Problembereiche wie zum Beispiel schulische und universitäre Bildung und Forschung, Technik- und Wissenschaftsforschung und -Kommunikation, Palliative Care oder Soziale Ökologie, bearbeitet werden. An der Universität Klagenfurt hat er sich als Mitglied des Gründungskonvents der AAU nach UG 2002 und in vielen weiteren Gremien verdient gemacht.
Bis zuletzt hat sich Roland der Frage gewidmet: Wohin wollen wir, die Gesellschaft, uns entwickeln und was ist dafür zu lernen, damit Menschen in Freiheit, Würde und Wohlstand leben können? Die Förderung von „Urteils- und Entscheidungsfähigkeit“ war für ihn eine der wichtigsten Aufgaben des Bildungswesens. Eine seiner letzten Initiativen war der anspruchsvolle Versuch, diese Idee in ein konkretes Projekt münden zu lassen, das Jugendliche gemeinsam mit Erwachsenen in einen Bildungsdiskurs einbezieht, der ihnen erleichtern soll, in eine Haltung der Verantwortung für die Gesellschaft hineinzuwachsen. Auch wenn bis zu einer praktischen Umsetzung noch viele Fragen zu klären sind, Roland Fischer hat dafür wie für viele andere Innovationen den Boden bereitet. Noch in den letzten Monaten hat er aktiv an Diskursen teilgenommen, etwa im Rahmen des Forums Alpbach oder der IMST-Tagung in Klagenfurt.
Mit Roland verlieren wir einen Freund, Wissenschaftler, Lehrer und einen radikalen Denker, der sich nicht bei vordergründigen Argumenten aufgehalten hat.
Willibald Dörfler, Konrad Krainer und Peter Posch