Im Kosmos von… Helmut Haberl
Mein Kosmos ist ein Haus in Maria Anzbach am westlichen Rand des Wienerwalds. Die schöne Lage und der umliegende Garten waren wichtige Motive für die Übersiedlung aus Wien. Ich bin auf dem Land im oberösterreichischen Garsten aufgewachsen. Mit 40 habe ich gemerkt, dass ich es in der Großstadt nicht mehr länger aushalte und meine Wohnumgebung ändern muss. Das Haus habe ich 2011 mit meiner Schwester gemeinsam gekauft. Es war ziemlich desolat, und wir haben es von Grund auf saniert.
Das Haus steht an einem Südhang und hat eine wunderbare Aussicht. Der Balkon geht nach Westen und Süden. Den Dachvorsprung nach Süden habe ich mit meinem Vater so ausgetüftelt, dass ich im Winter Sonne und im Sommer Schatten habe. Es funktioniert: Man schaut hinaus in die sonnige Landschaft, ohne dass die Wohnung im Sommer unnötig aufgeheizt wird.
Ich arbeite teilweise hier zuhause und bin eher ein Wochenpendler. In Wien wohne ich bei meiner Freundin. Der Vorteil der Lage ist, dass man das Auto nicht unbedingt braucht und in einer halben Stunde mit dem Regionalexpress am Wiener Westbahnhof sein kann. Als Sozialökologe versuche ich natürlich, auch selbst nachhaltig zu leben. Das Haus wurde bei der Sanierung praktisch auf Niedrigenergiestandard gebracht, mittels 20 cm Wärmedämmung, Solaranlage für Warmwasser, Dreifachverglasung und einer Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Das ist schon ganz gut. Weniger nachhaltig ist mein Mobilitätsverhalten. Beruflich fliege
ich viel, auch innereuropäisch, weil es zu sehr auf die Substanz und auf das Familienleben ginge, die vielen Reisen mit der Bahn zu bewältigen. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr die Möglichkeiten, sich für eine nachhaltige Lebensweise zu entscheiden, von den Rahmenbedingungen bestimmt werden, in denen man lebt: Um als Wissenschaftler erfolgreich zu sein, muss man viel reisen. Da stößt man rasch an Grenzen, wenn man das nachhaltig gestalten will. Ich denke daher, dass es wichtig wäre, sich mit folgender Frage zu beschäftigen: Wie lassen sich die Strukturen der Menschen so gestalten, dass ein gutes Leben mit geringem Ressourcenverbrauch nicht nur möglich, sondern auch die attraktivere Lebensweise ist? Es wird vielleicht immer Menschen geben, die glauben, mit einem Auto angeben zu müssen. Für die jungen Leute in den Städten, wie etwa meine 16-jährige Tochter, wird das Auto aber vermutlich kein Statussymbol mehr sein.
Mein Ausgleich zur verkopften Arbeit als Wissenschaftler ist die Musik, genau gesagt der Blues. Das 12-taktige Bluesschema ermöglicht es, zu spielen, ohne viel nachzudenken. Ich stehe auch gerne auf der Bühne, und zwar in verschiedenen Formationen. Die Auftritte sind selten, meistens in Wiener Clubs. Als Doc Dooley singe ich eigene Songs, solo oder mit Freunden. Gelegentlich spielt mein Bruder Arnold mit. Er ist professioneller Musiker – Cellist, und macht unter dem Namen noid Avantgardemusik und Konzeptkunst. Mit E-Gitarre und Gesang bin ich seit 21 Jahren auch Mitglied der Rockband Hotel Atom. Der Name geht auf die Hotels zurück, die es früher bei jedem Atomkraftwerk im europäischen Osten gab und so benannt waren.
Ich schreibe pro Jahr ein bis fünf Lieder, meistens wenn ich unterwegs bin oder gerade etwas Zeit habe. Ein neues Lied kann von einer Textzeile her kommen oder aus einer Melodie auf der Gitarre entstehen. Der Berlin Blues etwa entstand 2014 während meines Forschungssemesters an der Humboldt Universität.
Aufzeichnung: Barbara Maier
Zur Person
Geboren: 1965 in Linz, Oberösterreich
Beruf: Ao. Universitätsprofessor für Humanökologie an der AAU/Advanced ERCGrant
Studium: Biologie und Mathematik an den Universitäten Salzburg und Wien
Kosmos: Haus in Maria Anzbach im Wienerwald