Holger Roschk, Universitätsprofessor an der Abteilung für Dienstleistungsmanagement an der AAU konnte zeigen, dass Musik, Gerüche und Farben positiv auf das Konsumentenverhalten wirken. WiWi Studieren hat Holger Roschk in dem Klagenfurter Modegeschäft „Tragfläche“ zum Interview getroffen.
WiWi studieren: Hallo Herr Professor Roschk, wer sind Sie und was machen Sie?
Holger Roschk: Ich bin Holger Roschk, geboren in Dresden und seit Dezember 2015 Universitätsprofessor für Dienstleistungsmanagement. Bevor ich Professor wurde, habe ich natürlich auch studiert, nämlich BWL. Jetzt darf ich auch das lehren, was ich forsche und das ist besonders spannend für mich. Grundsätzlich fasziniert mich an meinem Bereich einfach, dass wir so nah am Menschen forschen und ein bisschen Licht in die Black-Box bringen können, wie sich der Mensch im Wirkungsfeld Wirtschaft als Konsument verhält.
WiWi studieren: Der Dienstleistungsbereich und der Einzelhandel setzen seit langem Musik, Gerüche und Farben ein, um das Konsumentenverhalten zu beeinflussen. Warum haben Sie sich gerade für dieses Thema entschieden?
Holger Roschk: Habt ihr euch schon mal überlegt, wenn ihr einkaufen geht, ob Musik, Gerüche oder Farben euer Einkaufsverhalten beeinflussen? Wir fanden diese Frage super spannend. Es gibt wahnsinnig viele Studien dazu, die reichen zurück bis in die 1980er. Das Interessante aus Forschungssicht ist, dass einige Studien einen Effekt gefunden haben und andere wiederum nicht, sodass wir gar nicht richtig wissen: Was passiert nun wirklich? Wie sieht es aus? Und deshalb wollten wir uns das jetzt nochmal insgesamt anschauen.
WiWi studieren: Und wie sind Sie vorgegangen um zu einem Ergebnis zu kommen?
Holger Roschk: Wir haben uns alle Studien geschnappt, die wir gefunden haben, haben die Ergebnisse nochmal ausgewertet und vereinfacht gesprochen einen Mittelwert über alle Studien errechnet.
WiWi studieren: Was wissen wir jetzt eindeutig, was wir vorher nicht wussten?
Holger Roschk: Wir wissen jetzt, dass die Stimuli definitiv einen Einfluss haben. Also das Vorhandensein von Musik und Gerüchen wirkt sich positiv auf das Kundenverhalten aus. Bei Farben, da sie ja sozusagen immer vorhanden sind, ist es so: warme Farben wirken zum Beispiel aktivierend – diese kann man zum Beispiel nutzen für Verkaufsinseln. Kalte Farben wirken positiv auf die Zufriedenheit und diese kann man im „Beschwerdebereich“ einsetzen.
WiWi studieren: Und gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen, jüngeren und älteren Personen?
Holger Roschk: Ja, auch hier konnte man Tendenzen feststellen. Das Spannendste ist sicherlich, dass Frauen stärker positiv auf Gerüche reagieren als Männer wenn es darum geht, wie wohl man sich beim Einkaufen fühlt. Das spiegelt recht gut Studien wieder, die zum Beispiel auf physiologischer Ebene zeigen, dass Frauen Gerüche besser wahrnehmen und differenzieren als Männer dies tun. Unterschiede beim Alter haben wir auch gesehen, aber hier sind die Ergebnisse nicht so eindeutig. Es gibt aber noch mehr, was in den Einzelstudien drinsteckt, wir aber auf aggregierter Ebene nicht anschauen konnten, weil es zu vereinzelt untersucht wurde. Da hat man zum Beispiel festgestellt, dass es natürlich auch „Käufertypen“ gibt. Grob gesagt scheint es so, dass diejenigen, die dringend etwas brauchen, weniger empfänglich sind als diejenigen, die sich einfach inspirieren lassen; dann springt man tendenziell eher auf atmosphärische Stimuli an.
WiWi studieren: Können Sie denn auch ein Best-Practice Beispiel nennen?
Holger Roschk: Best Practice kommt natürlich immer auf die Zielgruppe an. Ein besonders markantes Beispiel ist aber das Mode-Label Hollister. Es setzt in seinen Verkaufspunkten alle Stimuli gezielt und stark ein. Man betritt das dunkle Geschäft, hört Meeresrauschen, sieht eine große Leinwand mit Meer und es riecht besonders frisch. Für eine gewisse Zielgruppe wird es passen und sich auf diese auch verkaufsfördernd auswirken – für andere ist es zu viel und ein Beispiel dafür, dass es auch Überstimulation geben kann.
WiWi studieren: Vielen lieben Dank für diese spannenden Erkenntnisse und wenn man nun mehr zu diesem Thema erfahren will? Gibt es da ihrerseits vielleicht einen Tipp?
Holger Roschk: Für dieses konkrete Thema ist sicherlich mein Manuskript die beste Empfehlung. Es ist dank der Förderung durch die Universität als Open-Access erschienen, also für alle frei zugänglich. Und mit etwas Muße wird man sich in den Artikel auch gut reinfinden. Allgemein zum Thema Dienstleistungen kann ich die Bücher „Dienstleistungsmarketing“ von Meffert et al. sowie „Principles of Services Marketing“ von Palmer empfehlen. Beides sind spannende Grundlagenwerke mit unterschiedlichen Zugängen, die einen guten ersten Einblick und Überblick in das Gebiet Dienstleistungsmanagement und seine Besonderheiten geben.
Holger Roschk studierte Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität Dresden. Nach Abschluss des Studiums (2006) wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing der Technischen Universität Ilmenau, wo er 2011 zum Thema „Gerechtigkeit bei der Beschwerdebehandlung“ promovierte. 2015 folgte er dem Ruf auf die Universitätsprofessur Dienstleistungsmanagement und ist seither an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Beschwerdemanagement und empirische Verallgemeinerungen. Zugleich widmet sich Holger Roschk interdisziplinären Fragestellungen und versucht in seinen Arbeiten, das Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten und deren psychologische Beweggründe zu erklären.
Holger Roschk, Sandra M.C. Loureiro, Jan C. Breitsohl: Calibrating 30 Years of Experimental Research: A Meta-Analysis of the Atmospheric Effects of Music, Scent, and Color