Gut ausgebildet mit dem Tod umgehen: Europäisches Projekt für Studierende zeigt Erfolge
Der Tod wird in den meisten westlichen Kulturen ausgeblendet. Ebenso wenig Beachtung findet Palliative Care, die (nicht nur medizinische) Versorgung von Patient:innen und ihren Familien am Lebensende. Ein Erasmus+-Projekt hat nun ein Pilotseminar für zukünftige Gesundheitsberufe entwickelt, das an fünf Universitäten in Zusammenarbeit mit der National Tumor Assistance in Italien erprobt wurde. Die Erkenntnisse zeigen, dass es möglich ist, mit dem Tod in Beziehung stehende Themen ernsthaft und professionell zu thematisieren und bei den Studierenden weniger Niedergeschlagenheit und Unwohlsein zu erzeugen. Es konnten durch das Seminar neue Kompetenzen gefördert werden, die auf zukünftige Aufgaben im Bereich Palliative Care vorbereiten.
Am Projekt nahmen die Universität Padua (Koordination), die Universität Klagenfurt (Michael Wieser und Alexandra Leitner), die Universität Haifa, die Universität Lublin und die Universität Sibiu sowie die italienische Onlus Assistenza Nazionale Tumori teil. Das entwickelte Seminar fand während der Pandemie online statt und verwendet vorwiegend Methoden des Psychodrama und der Kunsttherapien. Michael Wieser erklärt: „Die Grundidee war, dass die Psychologie Fähigkeiten vermitteln kann, um die Beziehung und Kommunikation mit Patient:innen und deren Familien nach der Diagnose zu verbessern.“
An dem Seminarangebot nahmen 341 Psychologie- und Kunsttherapiestudierende teil. 276 erklärten sich bereit, (Online-)Umfragen vor, laufend und nach dem Seminar auszufüllen bzw. an einem Fokusgruppeninterview teilzunehmen. Erhoben wurde unter anderem die Angst vor dem Tod, die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem Tod oder die Akzeptanz des Todes. Die Ergebnisse zeigen, so Michael Wieser: „Es ist möglich, so ein Seminar anzubieten, ohne bei den Studierenden Ängste vor dem Tod zu erzeugen oder zu verstärken. Im Gegenteil: Mit solch einem Seminar kann es gelingen, Studierende zur zukünftigen Arbeit im Bereich Palliative Care zu motivieren.“ Erfolgsversprechend sei dafür, dass die Themen Tod und Sterben damit in das reale Leben der Menschen zurückkehren können, insbesondere auch in das von (häufig jungen) Studierenden. Diese Themen können, so das Forschungsteam, ernsthaft und fachkundig thematisiert werden, ohne zu viel Unbehagen bei den Studierenden auszulösen.
Michael Wieser schließt daraus: „Wie auch schon international diskutiert, ist es erforderlich, systematische Ausbildungsprogramme im Bereich Death Education für Palliative Care in die Studienprogramme von Gesundheitsberufen zu integrieren. Unser Projekt hat gezeigt, dass damit ein besserer Umgang mit den Schwierigkeiten rund um Tod und Sterben gelingen kann. Dabei können Psychodrama- und kreative Methoden unterstützend sein.“
Orkibi, H., Biancalani, G., Bucutã, M.D., Sassu, R., Wieser, M.A., Franchini, L., Raccichini, M., Azoulay, B., Ciepliñski, K.M., Leitner, A., Varani, S., and Testoni, I. (2021). Students’ Confidence and Interest in Palliative and Bereavement Care: A European Study. Front. Psychol. 12:616526. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.616526.
Testoni, I., Ronconi, L., Orkibi, H., Biancalani, G., Raccichini, M., Franchini, L., Keishari, Sh., Bucuta, M., Ciplinski, K., Wieser, M. & Varani, S. (2023). Death education for Palliative care: a european project for University students. BMC Palliat Care 22, 47, https://doi.org/10.1186/s12904-023-01169-6.
De4PP – Death Education for Palliative Psychology (unipd.it)