Gunter Bodner: „Die Universität hat mich sehr geprägt.“
Unser Absolvent Gunter Bodner entschloss sich mit 30 Jahren neben seinem Vollzeitjob berufsbegleitend Angewandte Betriebswirtschaft zu studieren. Er ist als Human Resource Businesspartner bei den Österreichischen Bundesbahnen für 800 Mitarbeiter*innen verantwortlich. Mit uns spricht er über sein Studium, seinen Karriereweg und künftige Herausforderungen der Personal-Branche.
Sie waren zuerst im Bank- und Versicherungswesen erfolgreich tätig und haben sich dann für ein Studium an der Universität Klagenfurt eingeschrieben. Was hat Sie damals an die Universität Klagenfurt gezogen?
Auslöser war die Diplom-Ausbildung zum Trainer in der Erwachsenenbildung, welche ich im Rahmen meiner damaligen Tätigkeit an der WIFI absolvierte. Im Rahmen dessen merkte ich, wie viele interessante Bereiche und Themengebiete ich noch nicht kannte und wie viel an Wissenswerten es noch zu entdecken gibt.
Nach der Schule (Handelsakademie) kam ein Studium für mich nicht in Frage – ich wollte in die Wirtschaft und arbeiten. Aber mit 30 entschloss ich mich dann das Studium berufsbegleitend neben meinem Vollzeitjob nachzuholen. Das würde ich übrigens immer wieder so machen; erstens hat man die praktischen Erfahrungen, die jede Firma verlangt und zweitens ist es jedenfalls zu schaffen.
Was war für Sie ein unvergessliches Erlebnis Ihrer Studienzeit?
Da gibt es einige! Es waren Aussagen, Momente und Gespräche mit Professor*innen, die mir gewisse Bereiche, die ich zuvor nicht gekannt oder verstanden hatte, in ein anderes Licht gerückt haben. Wenn also das sprichwörtliche Licht aufging! Auch denke ich, dass mich sowohl das Studium als auch die unterschiedlichen Professor*innen stark für später geprägt haben.
Wenn ich noch einmal studieren würde, würde ich… ziemlich sicher alles gleich machen. Vielleicht würde ich mich noch zusätzlich an einem Institut oder an der ÖH engagieren – aber sonst sicher alles ziemlich gleich machen.
Ich denke aber auch, dass ich eventuell anstatt Betriebswirtschaft Rechtswissenschaften studieren würde. Einfach um noch mehr in anderen Bereichen vertieft zu sein.
Daher finde ich es auch ganz toll, dass sich der Bereich der Rechtswissenschaften in Klagenfurt so gut weiterentwickelt hat – und mittlerweile einiges mehr angeboten wird als noch zu meiner Studienzeit, welche 2012 endete.
Gab es Momente oder Personen in Ihrem Studium, die Sie besonders geprägt haben?
Unvergessen in diesem Zusammenhang für mich, Dr. Günther Ossimitz – der leider viel zu früh verstorben ist – der uns Studierende mit seinem ‚shifting the burden‘ klar machte, wer die Arbeit zu erledigen hatte. Eine ganze neue Sichtweise. Und auch heute denke ich oft an ‚shifting the burden‘ wenn mir jemand seine Arbeit umhängen möchte.
Aber auch Dr. Robert Neumann, der den beruflich noch unerfahrenen Kolleg*innen eindrucksvoll in Bildsprache schilderte, wie das ist, wenn ein ‚Krickerlträger‘ neu in die Firma kommt und den alten ‚Zwölfendern‘ erklärt, was sie jahrelang alles falsch gemacht haben. Da musste ich schmunzeln – und viele junge Kommiliton*innen hat das sicher vor Schlimmerem bewahrt.
Waren Sie während Ihrem Studium im Ausland? Welche Erfahrungen haben Sie mitgenommen?
Leider nein, da ich – wie gesagt – Vollzeit berufstätig war, war mir dies leider nicht möglich. Aber auch ansonsten war und bin ich zu sehr mit der Heimat verbunden und verpflichtet – ich stelle mir einen Auslandsaufenthalt aber durchaus spannend und fordernd vor.
Wie hat sich Ihr Weg vom Studium bis heute entwickelt (berufliche Laufbahn)?
Ich habe meinen alten Job zum Zeitpunkt der Masterarbeit gekündigt, damit ich mich voll auf die Arbeit konzentrieren konnte – und auch weil ich wusste, dass mir die berufliche Weiterentwicklung im meiner alten Tätigkeit nicht möglich gewesen wäre.
Noch während dem Schreiben der Abschlussarbeit hat sich eine neue Möglichkeit geboten – und ich habe den Filialverbund ‚Klagenfurt Zentrum‘ bei der Kärntner Sparkasse als Führungskraft übernommen. Aber das war nicht die neue Herausforderung, die ich gesucht hatte. Also beendete ich nach zwei Jahren diese Tätigkeit und machte mich selbstständig – als Unternehmensberater im Bereich ‚Business Development‘ und ‚Personalmanagement‘. Also in den Themenfeldern, in denen ich zuvor bereits beruflich zu tun hatte – aber vor allem mich universitär vertiefte.
2015 wechselte ich aus der Selbstständigkeit zu den Österreichischen Bundesbahnen, wo ich als HR Businesspartner die personalwirtschaftliche Verantwortung für meinen Teilbereich im Konzern trage. So bin ich derzeit für knapp 800 Mitarbeiter*innen personalwirtschaftlich allein verantwortlich – es handelt sich dabei um Personal, welches unmittelbar damit zu tun hat, dass der Zug auch wirklich fährt. Also Lokführer, Wagenmeister und Disponenten. Oft sind andere Bundesländer oder Teilbereiche zu vertreten, dann bin ich für eine gewisse Zeit auch durchaus für mehr als den doppelten Personalstand verantwortlich. Ohne meinem guten und eingespielten Team wäre dies nicht zu bewerkstelligen!
Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf am meisten?
Das selten ein Tag dem anderen gleicht. Jeden Tag sind neue Herausforderungen zu bestreiten. Das Themengebiet ist sowohl aus arbeitsrechtlicher Sicht bis hin zu personalwirtschaftlichen Fragestellungen sehr komplex und weitreichend – und alle damit verbundenen Entscheidungen mit einer recht langen und kostenintensiven Tragweite für das Unternehmen. Es gilt jeden Tag der Verantwortung gerecht zu werden.
Gleichzeitig ist es aber für mich als Arbeitgebervertreter sehr wichtig, ausgewogen und nicht einseitig zu sein. Ich versuche stets so zu handeln, dass die Mitarbeiter*innen auch erkennen können, dass ich all unsere Kolleg*innen extrem wertschätze und jede/r Kollege*in alles bekommt was ihr/m auf Grund der jeweiligen Tätigkeit und Leistung auch zusteht. Das heißt immer so korrekt zu sein, dass ein Betriebsrat de fakto nie benötigt wird.
Welchen Herausforderungen müssen Sie sich im HR-Bereich tagtäglich stellen?
Die Palette ist groß. Von Standardanfragen der Führungskräfte – für welche der Businesspartner auch Sparringspartner ist – bis hin zur täglichen Betreuung der Mitarbeiter*innen gemeinsam mit meinem Team läuft die übliche tägliche Routine, welche aber dennoch sehr abwechslungsreich ist. Dazwischen kommen Sondertätigkeiten wie ein Bewerbertag, Aufnahmegespräche, Vertragsunterzeichnungen, Beförderungen, schreiben von Personalia, Unterstützung der Führungskräfte bei Konfliktgesprächen, Beratung von Mitarbeiter*innen, Planung des Personalstandes – und entsprechend der Aufnahmen und Ausbildungen; aber auch kritische Gespräche, das Ziehen einer roten Linie und das eventuell nötige Trennungsgespräch gehören zu meinen täglichen Herausforderungen.
Wie sehen Sie die Auswirkungen von COVID-19 auf die Branche?
Leider hat es den Arbeitsmarkt auf Grund der Dauer des Lockdowns schon hart getroffen. Für HR Verantwortliche ist hier im Moment wirklich viel zu tun – Kurzarbeitsvereinbarungen, und einiges mehr. Aber natürlich auch viele Fragen der Mitarbeiter*innen. Glücklicherweise sind wir bei der ÖBB-Produktion so schlank aufgestellt, dass wirklich jede Mitarbeiter*in auch jetzt noch gebraucht wird. Im Moment ist Personalabbau daher bei uns kein Thema!
Viele Mitarbeiter*innen haben in den letzten Wochen gute Arbeit vom Homeoffice aus gemacht – möglicherweise auch in Bereichen – wo Jahre zuvor die Firmenleitung die Möglichkeit per se abgetan hat. Ich denke schon, dass sich hier etwas tun wird. Ich denke aber auch – generell – und das hat gar nichts mit COVID-19 zu tun, dass die kommenden Jahre für HR-Abteilungen immens fordernd werden. Schließlich haben wir uns schon im vergangenen Jahrzehnt gedanklich davon lösen müssen, dass Mitarbeiter*innen zu einer Firma kommen und 40 Jahre bei der gleichen Firma bleiben. Das ist natürlich gerade in Bereichen wie bei der ÖBB, wo wir eine Kollegin erstmal ein Jahr lang ausbilden müssen, bevor sie einen Zug fahren darf, auch eine Frage des Geldes. Hier wird es noch wichtiger, die richtigen Mitarbeiter*innen auszuwählen. Auch hat sich in den vergangenen Jahren bereits ein gewaltiger Verschub in Richtung ‚Freizeit ist wichtiger als Geld‘ getan. Ich denke, dass COVID-19 dies weiter bestärken wird und Menschen ihre Individualität und ihre Selbstbestimmtheit immer weiter einfordern werden – und dies mit der Anforderung der Unternehmen in Einklang zu bringen, wird eine extreme Herausforderung für alle Unternehmen – respektive HR-Abteilungen.
Was würden Sie heutigen Studierenden mit auf den Weg geben?
Bereits früh zu versuchen zu erkennen, wo der eigene Weg hinführen soll.
Wo sind meine Stärken – wo meine Schwächen. In welchem Bereich fühle ich mich wohl und wie kann ich – einfach auf Grund meiner Begeisterung für das Thema – so viel Energie einfließen lassen, dass andere diese Energie sehen und bemerken.
Dann sich dort vertiefen und etwas aus dieser Freude am Thema und aus dieser Begabung machen. Dann kommt der Erfolg sicher mit der Zeit.
Ach ja – und tu Gutes – und sprich darüber.
Auf ein paar Worte mit Gunter Bodner
Denke ich an Klagenfurt, denke ich sofort an… meine Alma Mater und an viele Professor*innen und Kommiliton*innen, die mich geprägt haben.
Mein Lieblingsort an der Universität war… Raum E.0.05 (heute S.0.05). Als Betriebswirt habe ich mich hier schon sehr zu Hause gefühlt, da gefühlte 50% aller LVs dort abgehalten worden sind. Auch der HS A war schon sehr imposant.
Das mache ich morgens zuerst im Büro…
Schon während der Fahrt nach Villach erledige ich die ersten Anrufe.
Bin ich im Büro werden als erstes die E-Mails gecheckt und wichtige Anfragen der Führungskräfte und Mitarbeiter*innen beantwortet.
Ihr Studium in 3 Worten: spannend, herausfordernd, gewinnbringend